Moral, Ideologie und Imperialismus


Wozu sind Kriege da? Die wachsende Instabilität der Weltlage ist auf Verschiebungen im Kräfteverhältnis zwischen Staaten mit imperialen Ansprüchen zurückzuführen. Das Gerede vom Guten und Bösen in diesen Konflikten ist Propaganda. Ideologische Unterschiede gibt es hingegen schon. Sie spielen im Vergleich zu imperialistischen Motiven der Führungsschichten allerdings eine untergeordnete Rolle.

Niccolò Machiavelli als Panzerkommandeur im Stil von Pablo Picasso. Ein Bild von Machiavelli in Kiew hätte die Nutzungspolitik von Dall•E2 verletzt.

Konflikte und ihre Lösung

Konflikte entstehen, wenn mindestens zwei Seiten bezüglich einer offenen Frage verschiedene Interessen haben. Der Begriff der verschiedenen Interessen muss dabei weit gefasst werden. Es ist falsch anzunehmen, dass die Interessen sich objektiv unterscheiden müssen. Dass die Seiten glauben, verschiedene Interessen zu haben, genügt bereits, um einen Konflikt auszulösen. Auch die Definition der Seiten eines Konflikts ist komplizierter als man zunächst annimmt. Betrachten man zum Beispiel den Ukrainekrieg, so stehen nicht Russland und die Ukraine oder Russland und die NATO miteinander im Konflikt, sondern vielmehr deren Machthaber.

Am Beispiel der Ukraine lässt sich sogar zeigen, dass der Begriff Machthaber sehr sogrfältig definiert werden muss. Der im April 2019 demokratisch gewählte ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war mit einem Wahlprogramm angetreten, das unter anderem eine friedliche Lösung des Donbass-Konflikts anstrebte. Nach den Parlamentswahlen vom 21. Juli 2019 konnte er sich zudem in der Werchnowa Rada auf eine absolute Mehrheit stützen. Am 7. September 2019 kam es zu einem Gefangenenaustausch zwischen Russland und der Ukraine. Die Russische Föderation äußerte Hoffnung auf die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen.

In der Folge zeigte sich indes, dass Selenskyj trotz seines Wahlsiegs und der absoluten Parlamentsmehrheit nicht die Macht hatte, sein Programm umzusetzen. Im Dezember 2019 erkannte Selenskyj in einem Gespräch mit Macron, Merkel und Putin in Paris eine Passage der Minsker Vereinbarungen nicht mehr an, die sein Amtsvorgänger Poroschenko unterzeichnet hatte. Putin verlangte daraufhin, dass Selenskyj eine einvernehmliche Änderung mit den anderen damaligen Gesprächspartnern erzielen müsse, nämlich den Führern der Donbass-Republiken. Selenskyj wiederum lehnt ab, sich mkit diesen überhaupt zu Gesprächen zu treffen, weil ihm das von militanten nationalistischen Kräften in der Ukraine als Verrat ausgelegt worden wäre. Einer ihrer Vertreter, Dmytro Yarosh, hatte Selenskyj bereits im Mai 2019 unverhohlen mit dem Tod gedroht.

So scheiterte eine mögliche Konfliktlösung. Analysiert man die Ursachen, so liegen sie darin, dass die Ukraine vom idealisierten Modell einer parlamentarischen Demokratie abweicht – andere Machtfaktoren hatten einen stärkeren Einfluss. Dieses Phänomen ist nicht auf die Ukraine beschränkt. Was die Ukraine betrifft. so passte sich Selesnkyj den tatsächlichen Machtverhältnissen an. Im Laufe des Jahres 2021 setzte er selbst auf eine militärische Lösung. Die tatsächlichen Machtverhältnisse erzwangen statt der von Selenskyj ursprünglich angestrebten Beilegung des Konflikts dessen Verschärfung.

Solche Phänomene sind von Interesse, weil man sie bei der Suche nach Konfliktlösungen in Betracht ziehen muss. Das gilt für die Ukraine, den Nahen Osten, China und Taiwan und auch für die militärischen Auseinandersetzungen in Afrika. Vorschläge haben nur dann Erfolgsaussichten, wenn sie die internen Machtverhältnisse der am Konflikt beteiligten Seiten berücksichtigen. Zudem müssen sie den Interessen der jeweiligen Machthaber Rechnung tragen.

Das Gute, das Böse und Niccolò Machiavelli

Vermutlich behindert nichts Konfliktlösungen so sehr, wie die Propaganda, die jeden Konflikt als eine Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse porträtiert. Schwere Konflikte stell sie in der Regel gar als Auseinandersetzungen zwischen dem absolut Bösen und dem Guten dar. Mit dem absolut Bösen kann man keine Kompromisse eingehen. Jenseits der bedingungslosen Kapitulation einer Seite erfordert eine Konfliktbeilegung jedoch immer Kompromisse. Es versteht sich von selbst, dass in einem zweiseitigen Konflikt beide Seiten das Gute bei sich und das Böse auf der Gegenseite verorten.

Dass auch intelligente Beobachter häufig darauf hereinfallen, ist oft darauf zurückzuführen, dass ein aktueller Konflikt aus dem historischen Gesamtzusammenhang herausgelöst wird. Im gegenwärtigen Ukrainekrieg ist zweifellos Russland der Aggressor. Dass allerdings Russland den Grundkonflikt ausgelöst hat, der letzlich zum Ukrainekrieg geführt hat, ist mindestens zweifelhaft. Wer behauptet, die zunehmende Verschlechterung der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sei allein auf das B￶öse in Wladimir Putin zurückzuführen, ist entweder ein schlechter Beobachter oder intellektuell unredlich. Umgekehrt ist diese Verschlechterung auch nicht allein auf die Expansionspolitik der NATO und auf die von den USA unterstützten Regimewechsel in ehemals Russland verbündeten Ländern zurückzuführen.

Diese Expansionspolitik und der umgekehrte Versuch Russlands, seine Einflusssphäre zu erhalten und möglichst wieder auszuweiten, bezeichnen dennoch den eigentlichen Konflikt, der dem Ukrainekrieg zugrunde liegt. Der Ukrainekrieg wird nicht mit der bedingungslosen Kapitulation einer der beiden Seiten enden. Er kann daher nur durch einen Kompromiss zwischen den imperialen Ambitionen der USA, der EU und Russlands beendet werden.

Während ich es für möglich halte, dass Putin und seine Entourage das begriffen haben, erscheint es mir sehr zweifelhaft, dass Politiker des Westens und der Ukraine hinreichend reflektiert sind, um ihre eigene Motivation zu durchschauen und darin die Parallelen zur Motivation der Gegenseite zu erkennen.

Ohne einem Kulturpessimismus das Wort reden zu wollen, denke ich, dass unsere Zeit weder in der bildenden Kunst noch in der politischen Kunst auf der Höhe der Renaissance ist. Auch in der Renaissance wurden politische Konflikte gewaltsam gelöst. Es wäre aber keinem Borgia eingefallen, diese Konflikte als solche zwischen Gut und Böse zu begreifen, weder dem zum Papst Alexander VI. gewählten Roderic, noch seinem Sohn Cesare, noch seiner Tochter Lucrezia. Machiavelli, erkannte durch das Scheitern der Republik Florenz, wie unvorteilhaft es im Machtkampf ist, in Kategorien von Gut und Böse zu denken. Sein bekannter politischer Ratgeber «Il Principe» beruht auf dieser Erkenntnis.

Anders als allgemein angenommen war Machiavelli nicht amoralisch. Er erkannte lediglich, dass die Ergebnisse politischen Handelns nicht optimal sind, wenn man jede einzelne Handlung an moralischen Prinzipien ausrichtet. Daraus zog er die Konsequenzen und sein Buch würde heute nicht mehr gedruckt, wenn sein Denken grob fehlerhaft gewesen wäre. Was Machtverhältnisse betraf, so hatte Machiavelli keine Illusionen und eine klare Haltung: «Alle Macht ist Raub und all ihre Rechtfertigung pure Ideologie.»

Ideologie in Konflikten

Ins Religiöse übersetzt, ist der Glaube an ein separates absolut Böses und absolut Gutes ein Volksglaube, sofern man das absolut Böse auch noch personalisiert. Kein Theologe glaubt an einen Teufel mit Hörnern, Pferdefuß und Bocksgeruch. Kein westlicher Spitzenpolitiker glaubt an einen dämonischen Putin. Anders sieht es aus, wenn es um Abstraktes geht. Fast alle westlichen Spitzenpolitiker und Leitjournalisten dürften glauben, dass die westliche Gesellschaftskonzeption besser ist als die russische oder chinesische. Das Gleiche gilt umgekehrt. Politiker sind selten Moralisten; das geben sie nur vor. Sie sind aber häufig Ideologen und damit auch in ihrer eigenen Ideologie gefangen.

Sieht man die Dinge aus der Perspektive Machiavellis oder Nietzsches, dann findet man, dass die Ideologie nur der Bemäntelung der Machtinteressen dient. Das trifft bei manchen ideologischen Aussagen auch zu, wenn man untersucht, wie die Politiker selbst denken. Im Allgemeinen benötigen Politiker jedoch den Glauben an eine Ideologie, um sich für ihre Arbeit zu motivieren und um die zweifelhafteren unter ihren Handlungen vor sich selbst zu rechtfertigen. Man darf daher nicht von ihnen erwarten, dass sie Bei der Beilegung eines Konflikts von ihrer Ideologie absehen. Will man zu einer Konfliktlösung kommen, ist es deshalb wichtig, die ideologischen Unterschiede zwischen den Seiten zu verstehen.

Die beste mir bekannte Analyse moderner Ideologien ist der «Monstervortrag über Gerechtigkeit und Recht» von Friedrich Dürrenmatt, den dieser auch als «Eine kleine Dramaturgie der Politik» bezeichnet hat. Die Abhandlung stammt zwar schon von 1969 und daher noch aus der Zeit des Kalten Krieges. Es ist aber erstens so, dass es eine Kontinuität vom Kalten Krieg zum Ukrainekonflikt gibt, die teilweise bis zu den handelnden Personen reicht. So diente gegen Ende des Kalten Kriegs Putin als Geheimdienstoffizier der Sowjetunion. Bidens erster Versuch einer Präsidentschaftskandidatur war eine sechswöchige Episode im Jahr 1987, gegen Ende des Klaten Krieges. Zweitens ist der Unterschied zwischen der westlichen Ideologie auf der einen Seite und derjenigen Russlands und Chinas auf der anderen noch immer der von Dürrenmatt bezeichnete.

Dürrenmatt führt aus, dass es für die Konstruktion einer gerechten Gesellschaftsordnung zwei Möglichkeiten gibt. Man könne entweder vom besonderen Begriff des Menschen ausgehen, also dem Individuum oder vom allgemeinen Begriff, der Gesellschaft. Diese beiden Ansätze sind der westliche vom Individuum her und der östliche (russisch-chinesische) von der Gesellschaft her. Dürrenmatt setzt dann das Recht mit der Freiheit des Einzelnen gleich, die im westlichen Ansatz Priorität habe. Gerechtigkeit hingegen erfordere eine Einschränkung dieser Freiheit, um die Schwächeren vor den Stärkeren zu schützen. Das habe im östlichen Ansatz Priorität. Das Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit sei daher in beiden Ansätzen problematisch. Daraus leitet Dürrenmatt ab, dass beide Gesellschaftssysteme einer Ideologie bedürfen.

Bezüglich der Funktion dieser Ideologien kommt Dürrenmatt Machiavelli erstaunlich nahe, wenn er sagt: «Ideologien sind Ausreden, an der Macht zu bleiben oder Vorwände, an die Macht zu kommen.» Wie schon oben gesagt, gilt das nicht nur für die Kommunikation der Machthaber mit der Öffentlichkeit sondern auch für ihre Selbstrechtfertigung. Deshalb kann ein Spitzenpolitiker diese Dinge nie so tief durchdenken, wie Dürrenmatt es getan hat. Es wäre das Ende seiner Funktionsfähigkeit als Spitzenpolitiker. Daher kommt es höchstens nach der politischen Karriere vor.

Ferner kann man sich auf den Standpunkt Nietzsches stellen, dass die Reinheit des Denkens es verbietet, sich auf Ansichten verpflichten zu lassen, die anderswo nicht gelten. Daraus erkennt man, dass es nicht a priori einen Vernunftgrund gibt, die eine Konstruktion eines Gesellschaftssystems der anderen vorzuziehen. Eine Zeit lang schien der wirtschaftliche Erfolg des westlichen Systems und seine Anziehungskraft auf Menschen einen empirischen Grund abzugeben, um dieses System vorzuziehen. Ich denke nicht, dass ein objektiver Vergleich Chinas mit den USA oder der EU heute noch einen solchen empirischen Grund liefert. Man kann natürlich auch jetzt nochdas westliche System aus persönlichen Gründen vorziehen; das ist mein eigener Fall. Andsere können aber ebenfalls aus persönlichen Gründen das russische oder chinesische System vorziehen. Für eine solche Entscheidung kann man keine Allgemeingültigkeit beanspruchen.

Was hier wie eine Abschweifung aussieht, hat eine Auswirkung auf die Konfliktbeurteilung und die Beilegung von Konflikten. Es gibt keinen Vernunftgrund, die Kompromisslinie auf der Basis ideologischer Betrachtungen zu ziehen. Das ist auch aussichtslos, weil sich so die Seiten sicher nicht auf eine gemeinsame Linie einigen können. Wenn es aber keinen objektiven Grund gibt, die eine oder die andere Gesellschaftskonstruktion (und die zu ihrer Rechtfertigung dienende Ideologie) vorzuziehen, kann man daraus auch kein Gut und Böse ableiten. Damit entfällt die Moral als Kriterium für das Auffinden der Kompromisslinie.

Als Gegenbeispiel wird gern der 2. Weltkrieg angeführt, in dem sich das Gute gegen das Böse durchgesetzt habe. Dagegen möchte ich drei Einwände anbringen. Erstens hat der 2. Weltkrieg nicht als Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse begonnen. Frankreich und Großbritannien haben dem Deutschen Reich den Krieg nicht wegen des Antisemitismus erklärt und auch nicht in der Hoffnung, Polen beistehen zu können oder auch nur in der Absicht, das tatsächlich zu tun. Die Sowjetunion, eine spätere Siegermacht, hat sich 1939 Polen mit Deutschland geteilt. Zweitens darf man anzweifeln, dass das Sowjetsystem zu dieser Zeit viel menschenfreundlicher war als das nationalsozialistische. Drittens, und das ist hier am Wichtigsten, ist der 2. Weltkrieg nicht durch einen Kompromissfrieden sondern durch die bedingungslosen Kapitulationen Deutschlands und Japans beendet worden. Er kommt daher als Modell für die Beilegung der aktuellen Konflikte nicht in Betracht.

Wenn all dem so ist, bleibt uns nichts anderes übrig, als die Konfliktlösung so zu suchen, wie sie in der Geschichte immer gesucht wurde, wenn sich herausgestellt hatte, dass sich keine der Seiten vollständig würde durchsetzen können. Die Lösung musste sich dann, um stabil zu sein, an den Kräfteverhältnissen und an den berechtigten Interessen der verschiedenen Seiten orientieren.

Warum Imperialismus kein ideologischer Begriff ist

Wer wie ich in der DDR aufgewachsen ist, hält Imperialismus leicht für einen ideologischen Begriff. Das kommt daher, dass dieses Wort eines der Hauptelemente der staatlichen Propaganda in der DDR war. Allerdings hat Jimmy Carters nationaler Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski nach dem Ende des Kalten Kriegs ein sehr einflussreiches Buch geschrieben «The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives.» (übersetzt als: «Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft.»). Bereits der Titel impliziert einen US-amerikanischen Imperialismus. Wenn Putin für Russland eine Einflussphäre über die russischen Grenzen hinaus beansprucht, impliziert er damit einen russischen Imperialismus. Die EU ist dem Anschein nach zunächst einmal nicht imperialistisch. Sie erweitert sich nur durch den freiwilligen Anschluss von Staaten. Indem sie allerdings Druck auf die Politik dieser Staaten ausübt, einschließlich der erwünschten oder zu bestrafenden Staatsideologie, verhält sie sich de facto imperial.

Imperialismus entspringt dem Streben der Führungsschicht eines Staates nach Erweiterung ihrer Macht über die bestehenden Staatsgrenzen hinaus oder nach Erhaltung der Macht über Staaten und Menschen außerhalb der eigenen Staatsgrenzen. Dafür kann ich keine moralische Rechtfertigung erkennen. Ich neige deshalb dazu, Imperialismus nicht als ein berechtigtes Interesse anzuerkennen – und zwar bei keiner Seite. Ganz so einfach liegen die Dinge allerdings nicht, wie ich gleich ausführen werde.

Ideologisch wird Imperialismus gern mit dem Begriff der «Ordnungsmacht» gerechtfertigt, den die Gegenseite mit dem Pejorativum «Weltpolizei» kontert. Die Idee, dass es einer Ordnungsmacht bedarf, entspringt dem gleichen Quell wie die Rechtfertigung des Kolonialismus. Es lässt sich auch empirisch nicht belegen, dass eine Ordnungsmacht das Auftreten gewaltsamer Konflikte verhindert oder zu deren schnellerer Beendigung führt. Dem war nicht einmal in der Periode so, in der die USA die einzige Supermacht waren.

Bevor ich darauf zu sprechen komme, warum man imperialistische Interessen bei der Konfliktlösung berücksichtigen muss, wende ich mich der Frage zu, ob in einem Land außer der Führungsschicht jemand Vorteile von imperialistischem Gehabe hat. Neben der Personengruppe, die Produkte und Dienstleistungen bereitstellt, nach denen nur aufgrund des Imperialismus Bedarf besteht, fällt mir da niemand ein. Selbst in dieser Gruppe sind die Vorteile jedoch zweifelhaft. Die Ressourcen, die der Staat für diese Produkte und Dienstleistungen einsetzt, würden sonst für andere Zwecke zur Verfügung stehen.

Mittels Propaganda scheint man großen Teilen der Bevölkerung allerdings leicht einreden zu können, sie hätten Vorteile von der imperialen Macht ihres Staates. Empirisch lassen sich diese Vorteile nicht belegen. Ein Beispiel ist der Ausgang des 2. Weltkriegs, nach dem Deutschland und Japan ihre imperialen Bestrebungen aufgeben mussten, während die Siegermächte den ihren weiter frönen konnten. Die weitere wirtschaftliche Entwicklung verlief dergestalt, dass in Großbritannien der Spruch aufkam: «Wenn Japan noch einen Krieg verliert, wird es die Welt regieren.» (überliefert durch Alan Booth in «The Roads to Sata»). Imperialismus ist zunächst einmal furchtbar teuer für die Bürger eines imperialistischen Staates.

Was Konfliktlösungen angeht, so kommt man jedoch um die imperialistisch gesinnten Führungsschichten nicht herum. Strebt man eine stabile Konfliktlösung an, so ist Rücksicht auf imperiale Interessen angebracht. Diese Erkenntnis ist nicht neu. In Europa wurde mit dem Westfälischen Frieden 1648 nach dem Dreißigjährigen Krieg anerkannt, dass es Europa mehrere Großmächten gab und weiter geben würde. Sicherheit erforderte daher ein Gleichgewicht zwischen diesen Großmächten. Der moderne Begriff dafür ist Sicherheit in einer multipolaren Welt. Dass die heutige Welt multipolar ist und auf absehbare Zeit bleiben wird, kann kaum bestritten werden. In Europa bestimmte die Idee eines Gleichgewichts zwischen den Großmächten auch den Wiener Kongress nach dem Ende der Napoleonischen Kriege. Nach dem 1. Weltkrieg wurde bezüglich Deutschlands von diesem Prinzip abgewichen. Das Ergebnis war, dass der Frieden nur etwa zwanzig Jahre hielt.

Die imperialen Ambitionen der Führungsschichten großer Staaten werden nicht verschwinden. Sicherheit für alle lässt sich daher nur erreichen, wenn Konfliktlösungen die tatsächlichen Kräfteverhältnisse in Betracht ziehen. Die Alternative sind permanente bewaffnete Konflikte.

Was das für den Ukrainekonflikt bedeutet

Zunächst muss man zwischen dem Ukrainekrieg unterscheiden, der seit dem 24. Februar 2022 andauert und dem Ukrainekonflikt, der aus der Entstehung eines unabhängigen ukrainischen Staats nach dem Zerfall der Sowjetunion erwachsen ist. Ein Ende des Ukrainekriegs ist keine Beilegung des Konflikts, wenn die tiefer liegenden Probleme nicht angegangen werden. Weil es dazu nicht kam, führten auch die Minsker Vereinbarungen von 2014 und 2015 nicht zu einer Konfliktlösung.

Der Ukrainekonflikt hat einen innenpolitischen und einen geostrategischen Aspekt. Der innenpolitische Aspekt resultiert daraus, dass es bei der Gründung der unabhängigen Ukraine im Dezember 1991 keine ukrainische Nation gab. Durch den Zerfall der Sowjetunion gab es zu dieser Gründung allerdings nur eine Alternative: den Zerfall in noch kleinere Teile. Noch im Jahr 2004 identifizierte sich nur eine Minderheit der ukrainischen Staatsbürger selbst als Bürger der Ukraine. Selbst im Jahr 2012 fiel dieser Anteil noch einmal unter 50%. Die Annexion der Krim durch Russland führte 2014 zu einem starken Anstieg. Gleichwohl identifizierten sich bis 2021 weniger als zwei Drittel der Ukrainer mit ihrem Nationalstaat. Erst der russische Überfall 2022 schweißte die Nation zusammen. Dieser Effekt geht zum Teil aber auch darauf zurück, dass viele russisch empfindende ukrainische Staatsbürger nunmehr in russisch besetzten Gebieten leben oder sich nach Russland haben evakuieren lassen.

Den geostrategischen Aspekt hat Brzezinski ind «Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft.» herausgearbeitet. Er argumentierte, dass die US-amerikanische Vormachtstellung eine historische Anomalie sei, weil das geostrategische Zentrum der Welt Eurasien ist. Das resultiere aus der großen zusammenhängenden Landmasse und der Bevölkerungsverteilung. Die USA befänden sich in einer Randlage. Wollten sie ihre Vormachtsellung erhalten, müssten sie Eurasien dominieren. Der Ukraine käme dabei als Grenzland zwischen dem Westen und dem Osten des Doppelkontinents eine besondere Rolle zu.

Diese Einschätzung hat auch einen subjektiven Grund. Brzezinski stammt aus einer polnischen Adelsfamilie, deren Name wiederum auf das heute westukrainische Brzeżany zurückgeht, aus dem sie stammt. Gleichwohl war Brzezinskis Meinung sehr einflussreich, sowohl in den USA als auch in der Perzeption US-amerikanischen Handelns in Russland. Die Ukraine ist tatsächlich ein Grenzland zwischen westlichem und östlichem Denken, was die Bildung einer ukrainischen Nation erheblich erschwert hat. Die Unterdrückung der russischen Kultur und Sprache durch die gegenwärtige ukrainische Führungsschicht hat ebenfalls darin ihre Ursache.

Der innenpolitische und der geostrategische Aspekt des Ukrainekonflikts haben sich gegenseitig verstärkt. Die westliche Seite hat versucht, die Bildung einer westukrainisch dominierten ukrainischen Nation zu unterstützen, unter anderem während der Maidan-Ereignisse 2013/14. Umgekehrt hat Russland versucht, den Einfluss der russischen Kultur und Sprache in der Ukraine zu erhalten und dadurch die Bildung einer eigenständigen ukrainischen Nation zu behindern. Der Überfall vom 24. Februar 2022 dürfte auch ein Ausdruck dessen sein, dass die russische Führung glaubte, den Kampf um eine Verhinderung der ukrainischen Nationenbildung bereits verloren zu haben.

Ein weiterer Kriegsgrund waren die ukrainischen Entscheidungen von 2021, eine größere Zahl von NATO-Truppen bei Manövern auf ukrainischem Territorium zuzulassen (Januar/Februar), Russland offen als Hauptrisiko für die Ukraine zu bezeichnen und ein Konzept der asymmetrischen Verteidigung gegen Russland ins Werk zu setzen (25. März 2021), die bereits vor 2021 stark vergrößerten ukrainischen Streitkräfte noch weiter zu vergrößern (Ende Juli), die Bevölkerung auf nationalen Widerstand vorzubereiten und die ukrainische Schwarzmeerflotte auszubauen, «um der Okkupation der Krim entgegenzuwirken» (August 2021). Ende März 2021 verlautbarte der damalige ukrainische Generalstabschef Ruslan Chomtschak in einem Interview, Selenskyj habe kein Problem damit, einen Angriff der ukrainischen Streitkräfte auf die Separatistenrepubliken im Donbass zu befehlen. Der russische Aufmarsch an den ukrainischen Grenzen begann ebenfalls Ende März 2021. Er wurde im Sommer zurückgenommen und nach den weiteren militärischen Entscheidungen der Ukraine im Juli und August durch Russland im Herbst 2021 in vergrößertem Umfang erneuert.

Die ursprünglichen russischen Kriegsziele kann man am Ergebnis der Verhandlungen in Istanbul Ende März 2022 ablesen. Die russische Führung wollte eine Ausschluss einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine und eine Begrenzung ihres Militärpotentials erreichen. Sie wollte damit unter Anderem den Status quo bezüglich der Krim und des Donbass absichern. Im Gegenzug hätte Russland die zwischen dem 24. Februar und 27. März 2022 besetzten Gebiete der Ukraine wieder freigegeben. Eine Konfliktlösung auf dieser Basis scheiterte an Meinungsverschiedenheiten in der ukrainischen Führung und an der Haltung westlicher Staaten.

Daraufhin hatte sich die russische Führung zu einer Redefinition ihrer Kriegsziele entschlossen. Sie strebte nun eine dauerhafte Okkupation von Teilen der Ukraine an. Nach dem Beginn der ukrainischen Herbstoffensive 2022 annektierte sie diese Gebiete am 30. September 2022. Nachdem die russische Seite die erfolgreiche ukrainische Herbstoffensive gestoppt hatte, setzte sie bezüglich des ukrainischen militärischen und wirtschaftlichen Potentials auf Zermürbung durch einen lang andauernden Krieg. Dieser neuen russischen Strategie haben die Führungen der Ukraine und der westlichen Staaten bisher nichts Aussichtsreiches entgegensetzen können.

Natalyia Gumenyuk argumentiert in «Foreign Affairs» nun, dass die Ukraine ihre Wirtschaft und ihre Mobilisierungsstrategie auf einen solchen lang andauernden Krieg umstellen solle. Das halte ich für töricht. Es ist die für die Ukraine und den Westen kostspieligste Variante, der russischen Führung das Erreichen ihrer Kriegsziele zu ermöglichen. Gumenyuk erkennt mindestens implizit an, dass diese Strategie eine noch weiter gehende Finanzierung des ukrainischen Staatsbudgets durch den Westen erfordert. Gegenwärtig liegt die Quote etwa bei 50%. Die Ukraine finanziert de facto nur noch ihre Armee und ihre eigene Rüstungsindustrie selbst und weiter nichts. Am 18. April 2024 hat Dänemark erstmals sogar die ukrainische Rüstungsindustrie mitfinanziert, indem es in der Ukraine für 28.5 Millionen US$ Waffen kaufte und diese direkt an die ukrainischen Streitkräfte weitergab. Vor allem aber – und auch das erkennt Gumenyuk an – wird die Ukraine bei dieser Strategie personell ausbluten. Der Hauptgrund wird der weitere Weggang «der besten Köpfe des Landes» sein, wie sie sich ausdrückt. Dieses Problem ließe sich nicht einmal durch einen Pyrrhussieg der Ukraine lösen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt und in absehbarer Zukunft kann die Ukraine ein Kriegsende nur erreichen, indem sie erhebliche Teile ihres Territoriums an Russland abgibt. Das kann implizit durch einen Waffenstillstand geschehen, wodurch der Konflikt allerdings noch nicht beigelegt wäre. Einen Waffenstillstand zu diesen Bedingungen abzuschließen, dürfte aus zwei Gründen unmöglich sein. Innenpolitisch würde die ukrainische Führung einen bewaffneten Aufstand rechtsnationaler Kräfte riskieren. Dieses Risiko scheint die neue Armeeführung unter Syrskyj derzeit gezielt verringern zu wollen, indem sie rechtsnationale militärische Einheiten zerschlägt. Außenpolitisch ist es wegen der völligen wirtschaftlichen Abhängigkeit der Ukraine vom Westen nur mit Zustimmung der NATO-Verbündeten möglich. Diese würden dabei allerdings große Teile ihrer bisherigen Investitionen und zudem ihr Gesicht verlieren.

Der Gesichtsverlust ließe sich nur durch einen regelrechten Friedensschluss minimieren, bei dem die Ukraine völkerrechtlich verbindlich auf die besetzten Territorien verzichtet, im Gegenzug aber mit Russlands Einverständnis NATO-Mitglied wird. Persönlich denke ich, dass diese Konfliktlösung die einzige ist, die auf absehbare Zeit möglich ist.

Irrwege in der Geostrategie

Die westlichen Führungsschichten scheinen es derzeit vorzuziehen, dass die Ukraine auf Kosten ihrer Bevölkerung und ihrer Zukunft den größten Teil des russischen militärischen Potentials bindet. Diese Situation ermöglicht es, den Bevölkerungen westlicher Länder den Ausbau der eigenen Streitkräfte und der eigenen Rüstungsindustrie schmackhaft zu machen. Gleichzeitig muss der Westen den Krieg zwar finanzieren, nicht aber eigene Truppen dafür einsetzen.

Diese Strategie erscheint mir aus verschiedenen Gründen alls Irrweg. Brzezinskis Analyse, nach der die Welt in Eurasien zentriert ist, ist richtig. Für die USA folgt daraus, dass sie unbedingt verhindern muss, sich auf diesem Schauplatz gleichzeitig dem wirtschaftlich stärkeren China und dem militärisch sehr starken Russland entgegenstellen zu müssen. Eine solche Auseinandersetzung kann sie so fern von ihrem eigenen Territorium nicht für sich entscheiden, auch unter Zuhilfenahme ihrer europäischen Verbündeten nicht. Mit anderen Worten hätte sie die «Divide et impera»-Strategie von Richard Nixon erneuern müssen, der China gegen Russland ausspielte. Mit anderen Worten mussten die USA sich entscheiden, mit welchem der beiden Länder sie eine strategische Partnerschaft oder zumindest einen Modus vivendi ohne Elemente eines kalten Krieges etablieren. Sie mussten vermeiden, dass sich Russland und China gegen die USA verbünden. Donald Trump hatte das erkannt. Joe Biden erkennt das nicht.

Die geostrategische Linie der USA seit 2001 ist katastrophal. Die USA haben 2001 ohne Not Afghanistan angegriffen, nachdem selbst nach der offiziellen Version ein arabischer Student aus Hamburg-Harburg einen Terroranschlag in New York ins Werk gesetzt hatte. Knapp 20 Jahre später mussten sie sich nach erheblichem Aufwand zurückziehen und das Land wieder den Taliban überlassen. Im Jahr 2003 haben sie in einem nicht durch einen UN-Beschluss gedeckten Angriffskrieg unter Angabe falscher Gründe den Irak angegriffen. Damit haben sie das regionale Gegengewicht zum Iran beseitigt, obwohl der Iran ein erklärter Gegner der USA war und geblieben ist. Aus dem Irak mussten sie sich 2011 zurückziehen. Im gleichen Jahr orchestrierten sie einem Umsturz in Libyen, in dessen Folge die Migration in die EU zunahm, was den Hauptverbündeten dser USA innenpolitisch destabilisierte. Ebenfalls 2011 versuchten sie, einen Regimewechsel in Syrien zu erreichen. Das scheiterte 2015 gescheitert war und löste eine weitere Migrationskrise aus. Selbst in der verbündeten Türkei wandten sich die USA und ihre europäischen Verbündeten gegen den gewählten Präsidenten. Gleichzeitig verfolgten sie eine Konfrontationsstrategie gegen Russland und dann immer stärker auch gegen das wirtschaftlich aufstrebende China. Im Ergebnis haben die USA zwischen der Pazifikküste und dem Donbass sowie südlich der Türkei bis ans Mittelmeer eine Kette von Staaten geschaffen, die gemeinsame, gegen die USA gerichtete Interessen haben. An der Flanke dieser Kette befindet sich mit der Türkei ein Staat, der klar erkannt hat, dass seine Interessen mit denen der USA nicht deckungsgleich sind. Dieser Staat wagt es sogar, nach dieser Erkenntnis zu handeln.

Der Einfluss der USA in Eurasien wäre auch sonst zurückgegangen, einfach dadurch, dass China wirtschaftlich schneller wächst und deutlich größer ist. Fast das Dümmste, was man in einer solchen Situation tun kann, ist, sich auf ein Wettrüsten einzulassen. Das Ende der Sowjetunion hat das klar demonstriert. Noch dümmer ist es allerdings, die eigenen Ressourcen in eine Auseinandersetzung mit dem geostrategisch und wirtschaftlich unbedeutenderen Gegner zu stecken und gleichzeitig die Konfrontation mit dem stärkeren Gegner zu suchen.

Falls Trump die Präsidentschaftswahl gewinnt, wird seine Administration versuchen, diesen Unsinn zu beenden. Das scheint mir klar aus den Leitlinien und dem Handeln der ersten Trump-Administration zu folgen. Es würde Folgen für den Fortgang des Ukraine-Konflikts haben, ganz unabhängig davon, wie sich Trump im Wahlkampf zu diesem Konflikt äußern wird. Gewinnt hingegen Biden, so wird er mit seiner Hinfälligkeit in den kommenden Jahren zum Symbol für die USA werden.


229 Antworten zu “Moral, Ideologie und Imperialismus”

  1. Die Ukraine hat sich an der Frontlinie westlich von Awdijiwka nach Äußerungen ihres Oberbefehlshabers Syrskyj aus taktischen Gründen aus den Ortschaften Berdytschi und Semenjiwka zurückgezogen. Durch den russischen Durchbruch nordwestlich dieser Ortschaften bis Otscheretyne, war die Lage in Berdytsche und Semenjiwka unhaltbar geworden. Westlich dieser Linie gibt es bis zum 12 Kilometer weiter westlich gelegenen Grodiwka keine Ortschaften mehr, die groß genug für Verteidigungspositionen sind.

    Das ISW spricht davon, dass die Ukraine durch das Heranführen von Reserven den russischen Vormarsch bremsen und möglicherweise die Frontlinie wird stabilisieren können.

    Die russische Hauptstoßrichtung bei Otscheretyne ist jedoch laut DeepStateMap so, wie von mir vorgestern vermutet, nämlich nordwestlich zum nächsten Punkt, an dem sie die Straße N-32 zwischen Pokrowsk und Tschassiw Jar erreichen könnten.

  2. Eine Hauptstoßrichtung westlich von Donezk bedeutet vermutlich auch, dass die russische Seite nicht vorhat, in nächster Zeit Tschassiw Jar zu stürmen. Das Ziel der Angriffe in diesem Frontabschnitt dürfte sein, dort kampfstarke ukrainische Truppen zu binden und abzunutzen.

    Eine zweite Hauptstoßrichtung erwarte ich eher aus dem Raum Swatowe in Richtung Kupjansk, wo sich die ukrainische Seite in einer komplizierteren logistischen Situation befindet. Das ISW meldet momentan nur ein geringfügiges russisches Vorrücken bei Kysliwka nordwestlich von Swatowe in den letzten Tagen. DeepStateMap zeigt allerdings zwischen vorgestern und heute eine neue Massierung russischer Kräfte an diesem Punkt der Front.

    Die unmittelbare Stoßichtung ist hier noch nicht klar erkennbar. Logisch wäre ein Versuch, südwestlich von Kysliwka die Straße P-79 zu erreichen, die dort über eine gewisse Strecke östlich des Flusses Oskil verläuft. Bei Kruhlyakiwka ließe sich gleichzeitig die Bahnlinie unterbrechen.

  3. «…bei dem die Ukraine völkerrechtlich verbindlich auf die besetzten Territorien verzichtet, im Gegenzug aber mit Russlands Einverständnis NATO-Mitglied wird. Persönlich denke ich, dass diese Konfliktlösung die einzige ist, die auf absehbare Zeit möglich ist.»

    Glaube ich nicht. Dass die Ukraine kein NATO-Mitglied wird, ist schliesslich eines von Putins Hauptzielen. Warum sollte der das aufgeben, wenn es doch fuer ihn so gut laeuft?

    • «Warum sollte der das aufgeben, wenn es doch fuer ihn so gut laeuft?»

      Putin hat das gleiche Problem wie die NATO: Dieser Krieg wird nicht durch die bedingungslose Kapitulation des Gegners enden. Er kann sich zu diesem Problem genauso verhalten, wie es gegenwärtig die Ukraine und die NATO tun, nämlich die Augen davor verschließen und sich auf einen ewigen Krieg einrichten. Oder er muss überlegen, auf welcher Kompromisslinie man den Krieg beenden kann.

      In einer Hinsicht hat Putin tatsächlich einen Vorteil: Sein Zarenreich ist innenpolitisch stabiler und seine wirtschaftlichen Probleme sind kleiner. In einer anderen Hinsicht hat er aber einen Nachteil: Ein ewiger Krieg passt schlecht zu seinem endlichen Leben und in einer Autokratie ist nie klar, ob der Nachfolger (wetten, dass es keine Nachfolgerin sein wird) das Lebenswerk seines Vorgängers verschleudert. Will Putin sein Lebenswerk absichern, muss er den Krieg beenden, bevor seine Uhr abläuft.

      Größere Zugeständnisse beim Territorium kann er seit dem 30. September 2022 nicht mehr machen. Dazu müsste die russische Seite erst einmal größere Territorien erobern, die sie noch nicht annektiert hat. Selbst dann ist es kompliziert, sie wieder wegzugeben, nachdem der Krieg insgesamt so verlustreich war.

      Den Verzicht der Ukraine auf die NATO-Mitgliedschaft kann er nicht erzwingen. Kommt es zu einem Waffenstillstand und die NATO nimmt dann überraschend die Ukraine bis zur Waffenstillstandslinie mit sofortiger Wirkung auf, kann er exakt gar nichts dagegen tun. Das wäre für die NATO riskant, es ist aber nicht völlig unmöglich.

      Innenpolitisch hat Putin kaum etwas zu befürchten, nachdem er so viel Land und russischstämmige Leute heim ins Zarenreich geholt hat. Auch in Russland gibt es ja eine gewisse Kriegsmüdigkeit und die nationalistische Opposition hat er im Griff.

      • Im Prinzip ja…aber ich denke das waere ein Makel auf Putin’s blutenreicher Weste. Solcherart Typen koennen weder damit leben noch sterben.

        Nehme an der Kompromiss wird sein, dass eine Rumpfukraine ueberleben darf.

  4. Ich halte es in Sachen Ukraine eher mit der Rosa Luxemburg.
    „Die russische Ukraine war zu Beginn des Jahrhunderts, als die Narreteien des „ukrainischen Nationalismus” mit den „Karbowentzen” und den „Universals” und das Steckenpferd Lenins von einer „selbständigen Ukraine” noch nicht erfunden waren, die Hochburg der russischen revolutionären Bewegung gewesen.“
    https://rosaluxemburgwerke.de/buecher/band-4/seite/350
    Farbrevolutionär Wladimir Iljitsch hat sich da mit seinem Steckenpferd offenbar erheblich geirrt und so den Grundstein für einen großen Konflikt gelegt. Stalin hat mit seiner Gier und dem Hinzufügen der östlichen Teile Polens die Ladung scharf gemacht. Während „der Westen“ die Sache nur unterschwellig am Köcheln halten musste. Die Netzwerke ukrainischer Nationalisten in den USA und Kanada sind erstaunlich langlebig und einflussreich …

    • Die Ukraine in den Grenzen von Ende 1991 war ein künstliches Konstrukt. Eine rechtsufrige Ukraine wäre das aber 2024 nicht mehr. Die Ukraine des Jahres 2024 umfasst dem Bevölkerungswillen nach (regionale Mehrheitsbevölkerung) sogar große linksufrige Gebiete.

      Die russische Seite wird keine Gebiete dauerhaft besetzen wollen, in denen ihr eine große Mehrheit der Bevölkerung feindlich gesinnt ist. Die Geschichte der letzten Jahrzehnte zeigt, dass das eine schlechte Idee ist – und Putin ist brutal, aber nicht doof.

      • >Die russische Seite wird keine Gebiete dauerhaft besetzen wollen,
        >in denen ihr eine große Mehrheit der Bevölkerung feindlich
        >gesinnt ist. Die Geschichte der letzten Jahrzehnte zeigt,
        >dass das eine schlechte Idee ist – und Putin ist brutal, aber nicht doof.

        aber das ist was der westen uns hier erzählt in dauerschleife – neo-soviet-imperialismus….ohne augenzwickern und ohne zu stottern! radek sikorski hats wiederholt die tage und mal wieder um tauri «gebeten».
        (krasserweise wurde ich heute im job-interview nach russ.-kenntnissen gefragt 😉 )

        >Niccolò Machiavelli als Panzerkommandeur im Stil von
        >Pablo Picasso. Ein Bild von Machiavelli in Kiew hätte
        >die Nutzungspolitik von Dall•E2 verletzt.

        was haben Sie eingegeben?
        PS:hab das problem ständig, beim code – insbesondere skriptsprachen – mittlerweile frag ich die AI – nach der ersten antwort – funzt es denn sicher? – fachlich ist der begriff zur zeit: AI halluziniert 😉

        • «was haben Sie eingegeben?»

          Tatsächlich nur «A painting of Niccolo Machiavelli in Kyiv in the style of Pablo Picasso». Das widersprach schon den Nutzungsrichtlinien. «A painting of Niccolo Machiavelli as a tank commander in the style of Pablo Picasso» ist aber gut herausgekommen, finde ich, zumindest einer der vier Vorschläge. «A painting of Niccolo Machiavelli chairing the UN security council meeting in the style of Pablo Picasso.» war möglich, hat aber nichts aus meiner Sicht Brauchbares ergeben.

    • Farbrevolutionaer Wladimir Iljitsch hat sich aber auch mit der Imperialismusdefinition erheblich geirrt, wenn er meinte «den Imperialismus richtiger zu kennzeichnen als „Übergangskapitalismus“ oder „sterbender Kapitalismus“.»

      https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Imperialismus_als_höchstes_Stadium_des_Kapitalismus#:~:text=Der%20Imperialismus%20ist%20für%20Lenin,Konkurrenz%20durch%20die%20kapitalistischen%20Monopole.

      Heute meint man (auch in Hinblick auf Staaten wie Russland und China):

      «Die imperialen Ambitionen der Führungsschichten großer Staaten werden nicht verschwinden. Sicherheit für alle lässt sich daher nur erreichen, wenn Konfliktlösungen die tatsächlichen Kräfteverhältnisse in Betracht ziehen.»

      Zu deutsch: Es herrscht das Recht des Staerkeren.

      Das ist richtig, kommt mir aber einer Resignation gleich.

    • Es läuft offenbar so schlecht, dass die Ukrainer erkannt haben, dass möglichst baldige Verhandlungen ihre letzte Rettung sind. Zumindest für die staatliche Integrität. Ich habe ja immer noch den Verdacht, dass die Polen bei weiteren militärischen Rückschlägen für die Ukraine auf die Idee kommen und im Zuge einer „Sicherungsmaßnahme“ die Westukraine unter ihren Schutz stellen wollen.
      Wie Selenskyj wohlbehalten aus der Nummer rauskommen will, ist auch noch eine spannende Frage.

  5. usa hat 1991 irak nicht «enthauptet», weil dieser 3-gruppen-staat: iran gestärkt hätte, kurden-türkei-choas erzeugt hätte und den golfclub mit der arab. gruppe vor ungelösten gebietsfragen gestellt hätte. 10 jahre später und bis jetzt ist es so passiert.

    • Tja, Papa Bush war halt noch intelligent oder hatte fähige Berater, auf die er gehört hat. Söhnchen Bush hatte seinen Verstand versoffen, dann sein Resthirn bei den Evangelikalen abgegeben und schließlich Dick Cheney als Berater genommen.

      • es gab genug falken im kabinet von bush, aber auch genug ewachsene,
        dennoch bin ich mir sicher, dass der golfclub, der die befreiung kuwaits finanzierte, dagegen war.
        im buch vom schwarzkopf war staatssekretär paul wolfowitz und VM cheney, die bis nach bagdad gehen wollten… die anderen – baker, powell als JCOS – berater scowcroft und der kriegsherr schwarzkopf eher dagegen (ach ja irgendwo war noch rumsfeld in den dunklen gängen spazieren).

        staatssekretär wolfowitz hatte sein damaskuserlebnis in jakarta…wie passend dazu sein vorname paul. in clintons zeit erbrütete er die gedanklichen vorläufer des PNAC:
        «Am 26. Januar 1998 schrieben Paul Wolfowitz, Richard Perle, Donald Rumsfeld,
        Richard Armitage und vierzehn weitere Unterzeichner einen Brief an Präsident Bill Clinton,
        in dem ein gewaltsamer Regimewechsel im Irak und eine offensivere Politik im Nahen Osten
        gefordert wurde. Dieses Schreiben wurde von dem von William Kristol begründeten
        Project for the New American Century (PNAC) unterstützt. @wiki

  6. «Diese beiden Ansätze sind der westliche vom Individuum her und der östliche (russisch-chinesische) von der Gesellschaft her. Dürrenmatt setzt dann das Recht mit der Freiheit des Einzelnen gleich, die im westlichen Ansatz Priorität habe. Gerechtigkeit hingegen erfordere eine Einschränkung dieser Freiheit, um die Schwächeren vor den Stärkeren zu schützen. Das habe im östlichen Ansatz Priorität. »

    Puh…durchatmen.

    Den ersten Satz sehe ich genauso. Allerdings den Schwaecheren vor dem Staerkeren zu schuetzen (im «oestlichen Ansatz), das sehe ich nun gerade nicht.
    Es sind ja eben genau die «Schwaecheren», Abweichler, ethische und sex. Minderheiten, Querdenker, Wanderarbeiter, auslaend. Arbeitskraefte usw. die ziemlich schutzlos der «Meute» ausgesetzt sind.

    Und Sie als gelernter DDR-Buerger wissen auch, dass der Ursprung der Kehre eben nicht in erster Linie die Bananen waren. D.h. Einheitsmeinung, Einheitsbrei, Einheitspartei, Halleluja und Maiparaden kamen da auch nicht so gut an.

    «Gerechtigkeit hingegen erfordere eine Einschränkung dieser Freiheit, um die Schwächeren vor den Stärkeren zu schützen.»

    Vielleicht dazu noch ein huebsches Beispiel: Genau mit diesem Argument rechtfertigte man hier und anderswo die Corona-Masznahmen. Fanden Sie doch auch weder toll noch gerecht.

    «Man kann natürlich auch jetzt noch das westliche System aus persönlichen Gründen vorziehen; das ist mein eigener Fall. And(s)ere können aber ebenfalls aus persönlichen Gründen das russische oder chinesische System vorziehen. Für eine solche Entscheidung kann man keine Allgemeingültigkeit beanspruchen.»

    Richtig. Wer das chin., russ. oder nordkoreanische bevorzugt, sollte das tun, aber nicht den Fehler machen und denken, dass das irgendwie gerechter als unser – alles andere als optimale – westl. System ist.

    Grundsaetzlich denke ich Menschenrechte sollten ohne wenn und aber universell gelten. Und danach sollte man ein System beurteilen.

    • Menschenrechte sind eine Erfindung des Westens und nur ein Werbeplakat und ein Anklagepunkt gegen Andere.
      Gehen wir zurück auf die ersten Erwähnungen in Verfassungen.
      Wie hat man sich um diesen Ansatz gekümmert?
      Wie sieht es selbst heute aus?
      Erst wenn man in gewissen Situationen ist erkennt man, wie wenig die Menschenrechte wert sind.
      Was nennt man Menschenrechte und wo werden sie eingehalten?
      Was kommt heraus, wenn ich USA, Rumänien, Türkei, Israel, GB nach Menschenrechten bewerte?

      • «Menschenrechte sind eine Erfindung des Westens…»

        https://www.ohchr.org/en/human-rights/universal-declaration/translations/german-deutsch?LangID=ger

        Mag sein, der entspr. UN-Konvention vom 10.12.48 hatten aber auch nicht-westl. Staaten, u.a. China zugestimmt.

        Und klar, es ist idealistisch. Aber was ist daran inhaltlich auszusetzen? Ich finde es x-mal besser, wenn man sich daran, statt an der wirtschaftl. oder militaer. Staerke eines Landes orientiert.

        An welchen Kriterien machen Sie denn fest, ob Ihnen ein Land oder System zusagt?

        • Gehen Sie historisch noch weiter zurück.
          Wie würden Sie die USA sanktionieren oder angreifen wegen den permanenten Menschenrechtsverletzungen?
          Gar nicht? Angst?
          Was sind diese Rechte also wert?
          Fragen Sie mal Schwarze oder Südamerikaner in USA nach Menschenrechten. Fragen Sie Kriegsflüchtlinge in Süditalien.
          Fragen Sie Agent Orange Geschädigte.
          Uiguren, Guantanamo, usw. Und wir lieferten Waffen und machten den Diener dazu.
          Wozu braucht es Menschenrechte, wenn ich sie nicht einklagen kann? Wenn die, die meist davon sprechen sie auch mißachten.
          Indien wird als Demokratie beschrieben, ein guter Staat mit dem wir gerne Geschäfte machen. Menschenrechte in Indien, man könnte vermuten, dort sieht es schlechter aus als in China.

          «Der Alien Enemies Act von 1798 gibt dem Präsidenten bis heute das Recht, Angehörige von Staaten, mit denen sich die USA im Kriegszustand befinden, verhaften oder abschieben zu lassen. »

          «Die Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 erklärte, dass

          „alle Menschen gleich geschaffen sind; dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind; dass dazu Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören.“
          «Die Verfassung von 1787 trat 1789 in Kraft, die Bill of Rights stammt aus dem Jahr 1791. Die Sklaverei in den Vereinigten Staaten gab es bis 1865, als sie durch den 13. Zusatzartikel abgeschafft wurde. »

          Nun, was also soll ein Passus in einer Verfassung der nur als Empfehlung gedacht ist? Was hätte ein damaliger Sklave dazu gesagt? Schön, daß es Menschenrechte gibt vielleicht?
          Wir reden von USA, der Heimstätte der Demokratie, dem christlichen, auserwählten Volk, dem Hort der Freiheit.
          Würde man Sklavenhaltung als ….Diktatur…..
          Nie würden wir die USA als solche bezeichnen. Selbst als in der 60er Jahren Schwarze unter Polizeischutz in die Schule gebracht wurden, die USA waren eine Demokratie mit Menschenrechten.
          Würde man heute sagen, damals gab es Apartheid in USA? Sicher nicht, einigen würden sonst die Knie schlottern. Denn das hätte Strafmaßnahmen zur Folge.

            • Es geht ja nicht um den Sinn oder die Notwendigkeit von Menschenrechten, sondern um die Umsetzung in den Staaten, die sie am meisten zitieren oder als Kritik an anderen mißbrauchen.

            • «Aber deshalb ist doch die Idee nicht falsch.»

              Nehmen wir das «Recht auf Arbeit» und werden wir konkret. Genügt es, wenn ich dem im Zuge des Kohleausstiegs freigesetzten 60-jährigen Ingenieur für Tagebaugroßgeräte eine Handlangerarbeit zum Mindestlohn auf einer Baustelle anbiete? Und wenn das nicht reicht, wo beginnt oder endet sein Recht auf Arbeit?

              Das ist keine Haarspalterei. Dieses Problem der Abgrenzung gegen andere Rechte und Notwendigkeiten gibt es bei jedem feierlich verkündeten Menschenrecht. Deshalb sind die nicht einklagbar – sie können das nicht sein. Ein Internationaler Gerichtshof für Menschenrechte ist immer nur ein politisches Machtinstrument und nie eine Institution, die elementare Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit beachten könnte,

          • «Menschenrechte in Indien, man könnte vermuten, dort sieht es schlechter aus als in China.»

            Koennte man. (Ich war in beiden Laendern nie, da fehlt mir der Vergleich.)

            Wird ja gern von manch› einem als groesste Demokratie der Welt bezeichnet. Schaue ich mir aber Modis Hindu-Staat bzgl. Diskriminierung von Muslimen an (von den «Dalits» und dem Kastensystem ganz zu schweigen), koennte man da nicht auch vom Apartheid-Staat reden? Ich meine nur, beim Zionistenstaat geht das ja vielen ganz locker von der Zunge…

            • Ich war in beiden Ländern. Eine Verhaftung ohne offensichtlichen Grund habe ich nur in Peking in der U-Bahn gesehen. So etwas kann aber in einem westlichen Land auch passieren, es kann auch einen nicht offensichtlichen Grund geben.

              Interessant war in Peking allerdings, dass alle Passanten so getan haben, als geschehe gar nichts Ungewöhnliches. Die haben sogar vermieden hinzusehen.

              • «…als geschehe gar nichts Ungewöhnliches.»

                Naja, da war es vielleicht auch nichts Ungewoehnliches. (Kennen wir doch auch hier: Man schaut da lieber weg, bevor man selber da mit reingezogen wird.)

                Ja, Sie Gluecklicher, Sie waren in beiden Laendern (ausser einem, in allen BRICS-Staaten) Wie lange waren denn die jeweiligen Aufenthalte? Wochen, Monate, laenger? Auch in den Elendsvierteln gewesen? (Indien) oder auf’n «Land»?

                Ich weiss nicht, ob man dass so wirklich nach einem kurzen Aufenthalt erfassen kann (falls das zutrifft), selbst wenn ich denke, dass Sie nicht nur die ueblichen Touristenattraktionen sich angeschaut haben. Und wenn es «nur» wissenschaftliche Kongresse waren, hat man sowieso nicht so die Zeit.

                Waren Sie auch schon mal im Iran?

                • «Wie lange waren denn die jeweiligen Aufenthalte?»

                  Brasilien und China je zweimal je eine Woche. Indien nur einmal eine Woche. Russland ziemlich oft, zum erstenmal mit 7 Jahren zwei Wochen (Moskau, Wladimir, Susdal), dann mit 13 drei Wochen Pionierlager (bei Lipezk), mit 24 eine Woche einschliesslich Belarus und Ukraine und danach noch viermal für je eine Woche (St. Petersburg, zweimal Kasan und einmal am Baikalsee). In China kommt im Herbst noch knapp eine Woche dazu (Hangzhou).

                  Es stimmt schon, ich kenne die Länder nicht wirklich. Brasilien etwas besser, weil ich da in Sao Carlos an einer Uni war und von Sao Paulo bis Sao Carlos und zurück mit dem Auto über Land gefahren wurde. In Sao Carlos habe ich auch an einer Laufveranstaltung teilgenommen. Beim zweiten Mal in Rio bin ich beim Laufen auch durch arme Viertel gekommen (Favela, aber nicht, wie man sie aus dem Fernsehen kennt). An der Copacabana hat mich ein Dealer/Zuhälter (erfolglos) angequatscht, als ich auf einer Bank sass und Melone gegessen habe. Die Melone haben wir geteilt. Mehr war nicht. Die Polizeistreife hat schon misstrauisch geguckt, aber nicht eingegriffen.

                  • Danke, gern gelesen!

                    «Es stimmt schon, ich kenne die Länder nicht wirklich.»

                    Ja, aber zumindest besser als jemand der noch nie da gewesen ist, und dann nur der einen oder anderen Seite vertrauen muss. Andererseits kann es aber auch zur Idealisierung oder dem Gegenteil fuehren. Je nachdem, wie man die Reisen im Nachgang bewertet.

                    Gut – in Russland/ Sowjetunion waren Sie aber oefters – und Freunde oder wenigstens Bekannte haben Sie da auch. Da wissen Sie schon, von was Sie reden.

                    Noch’ne Frage (wenn es Sie nicht stoert): Sind die russischen Maenner im Schnitt, da wirklich so brutal (weil oft -in Deutschland wuerde man sagen – Alkis) zu ihren Frauen wie man immer mal in Filmen sieht oder das in den Propagandamedien durchscheint?

                    • «Sind die russischen Maenner im Schnitt»

                      Keine Ahnung. Ich kenne nur Leute, die studiert haben, selbst mein «Gastvater» damals in Lipezk (für einen Tag) war Ingenieur. In der gebildeten Schicht ist das Männer-Frauen-Verhältnis schon in den 1970er Jahren modern gewesen, also von der Art, die in Westdeutschland (frühestens) um 2010 herum üblich wurde.

                    • «Keine Ahnung. Ich kenne nur Leute, die studiert haben…»

                      Danke fuer die Auskunft. War auch ’ne daemmliche Frage.

      • «Grundsaetzlich denke ich Menschenrechte sollten ohne wenn und aber universell gelten.»

        Was Menschenrechte sind, hängt von der Gesellschaftsordnung ab. Die sind eben nicht universell, zumindest nicht der gesamte westliche Katalog.

        Warum ist «Recht auf Arbeit» kein Menschenrecht, das Recht, die eigene Meinung auch öffentlich zu verbreiten, ist aber eines? Es lässt sich nicht begründen, warum das universell sein soll. Warum ist gleicher Zugang aller zur Gesundheitsversorgung keines?

        Ehe Sie die letzte Frage beantworten, halten Sie inne.

        Laut Artikel 12 des Internationalen Pakts über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte gibt es ein Recht auf: «das erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit».

        Finden Sie, dass sich irgendein Staat auf der Welt daran hält?

        Ach ja – und während das im UN-Pakt steht, schweigt sich die EU-Menschenrechtskonvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte völlig aus. Anderen Länder sind diese Dinge wichtiger als Meinungsfreiheit. Menschenrechte sind den Armen etwas anderes als den Reichen.

        • «Warum ist gleicher Zugang aller zur Gesundheitsversorgung keines?»

          Vermutlich ist das in dem Artikel enthalten:

          «Artikel 25.1
          Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen gewährleistet sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.»

          «Warum ist «Recht auf Arbeit» kein Menschenrecht…»

          Sie werden staunen: Ist es.

          «Artikel 23.1
          Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.»

          Sollten wichtige Rechte Ihrer Meinung nach fehlen, heisst es doch aber nicht, dass die anderen Sch**sse sind. Und das die oftmals – sowohl in der «oestlichen» als auch in der «westlichen» Gemeinschaft oder denen irgendwo «zwischen den Stuehlen» (muss ich wohl leider dazuschreiben) – nicht befolgt werden, ist kein Grund die abzulehnen.

          Sie schreiben:

          «Man kann natürlich auch jetzt noch das westliche System aus persönlichen Gründen vorziehen; das ist mein eigener Fall.»

          Warum wohl?

          Was haben Sie eigentlich gegen Meinungsfreiheit? Und warum sollen die MR nicht universell gelten? Welche Menschen wuerden Sie denn davon ausschliessen?

          Klar es ist nicht realistisch, aber das ist nicht der Punkt.

          Es ist nicht realistisch, dass die «Gruenen» zur Vernunft kommen, aber deswegen ist es nicht verboten, die erneut zu waehlen.

          Es ist nicht realistisch, dass alle den Machiavelli verstehen, dennoch sollten den ALLE lesen duerfen. (Kann unendlich fortgesetzt werden.)

          • Ach ja.

            «Anderen Länder sind diese Dinge [wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte – neraz] wichtiger als Meinungsfreiheit. Menschenrechte sind den Armen etwas anderes als den Reichen.»

            Wieso schliesst das Meinungsfreiheit aus? Und woher wissen Sie, dass es ALLEN Armen etwas anderes ist als den Reichen?

            • «Und woher wissen Sie, dass es ALLEN Armen etwas anderes ist als den Reichen?»

              Kommt darauf an, wie Sie «arm» definieren. Wenn es um die (unsinnige) Definition gleicher Teilhabe geht, dann gibt es natürlich alle Schattierungen bei arm und reich.

              Wenn wir aber von tatsächlicher Armut und tatsächlichem Reichtum reden, gilt mit statistisch sehr hoher Wahrscheinlichkeit Brecht:

              «Erst kommt das Fressen, dann die Moral.»

              Die Siddhartas sind nicht häufig anzutreffen, woraus folgt, dass man keine Gesellschaftsordnung errichten (wollen) sollte, die davon abhängt, dass die Mehrheit sich wie Siddharta verhält.

          • Ein Recht bedeutet nicht, daß es alle in gleichem Maße bekommen und eigentlich auch nicht, daß es so wie formuliert auch umgesetzt wird.
            Sie können vor Gericht Klage erheben, aber das bedeutet nicht, daß das Gericht Ihr Anliegen verhandeln wird. Auch nicht, daß in akzeptabler Zeit entschieden wird. Es kann schon Jahre dauern und der Zweck kann mittlerweile obsolet sein.
            Deswegen sagt man ja auch, recht haben und recht bekommen sind 2 Paar Stiefel.
            Durchaus relevant ist auch, wer man ist und was man hat.

          • «Was haben Sie eigentlich gegen Meinungsfreiheit?»

            Ich sage gern meine Meinung, aber das muss mit der Notwendigkeit einer kohäsiven Gesellschaft und eines stabilen Staats in Einklang gebracht werden. Die Spatzen pfeifen von den Dächern, dass die Politik in Deutschland und der EU gerade um diesen Punkt ringt, was immer es an Lippenbekenntnissen zur Meinungsfreiheit gibt. Wenn die anderswo eingeschränkt wird, ist das natürlich erzböse, aber bei uns ist es notwendig.

            Die Menschenrechte des UN-Pakts sind eine unrealistische Wunschliste. Kein Staat hält sich dran, weil sich gar kein Staat dran halten könnte. Das ist eine in ein Abkommen gegossene Sonntagsrede. Schädlich daran ist, dass man dadurch immer einen Grund hat, mit dem Finger auf andere zu zeigen: Seht den Splitter in seinen Augen! – und den Balken im eigenen Auge übergeht man einfach.

            • Hmm, ich sehe schon, mir fehlt’s gerade an der Ueberzeugungskraft.

              Aber sehn’ Ses nicht als bedingungslose Kapitulation: Ich warte nur auf neue „Waffen“, dann geht „das Gerede“ wieder los.

              • So groß ist der Widerspruch gar nicht.
                Ich sehe es ja auch wie Sie, nur in der Realität steckt eben weniger dahinter als man vermuten könnte.
                Ziele zu formulieren ist wichtig, der Widerspruch gründet sich allerdinga auf die Durchführbarkeit und die tatsächliche Umsetzung in der Praxis.
                Es ist aber auch so, daß Menschenrechte in anderen Kulturen anders definiert werden.

                • «Ziele zu formulieren ist wichtig, der Widerspruch gründet sich allerdinga auf die Durchführbarkeit und die tatsächliche Umsetzung in der Praxis.»

                  Danke, Albatros! Das sehe ich nicht anderes.

                  • Um es zu präzisieren:
                    Die Menschenrechte sind unsere Erfindung und recht hoch gegriffen. Der Westen hält sie selbst nicht ein, obwohl es zumindest weit mehr möglich wäre.
                    Man behauptet, sie weltweit verbreiten zu wollen. Aber ist das wirklich so?
                    Wenn es um Wirtschaft geht und der Kanzler diesbezüglich in China ist, spricht er über die Menschenrechte weil es ihm wichtig ist oder eher weil es einfach für die Wirkung Zuhause gedacht ist?
                    Spricht man über Menschenrechte, wenn ein westliches Land sie laufend mißachtet? Einige Länder würden laufend auf der Anklagebank sitzen.
                    Gerade wurde wieder ein Schwarzer durch knien auf den Hals getötet. Letztes mal sagte man, das würde durch Nachschulung für die Zukunft verhindert. Das ist kein Einzelfall beim Umgang mit Nicht-Weißen. Kritik in Bezug auf Menschenrechte gibt es keine.
                    Natürlich sollte man die Menschenrechte nicht streichen, aber wenn sie schon existieren sollte man sich ihnen wenigstens nähern und nicht nur als politisches Mittel mißbrauchen um Gegner anzuklagen.

                    • Oh, jetzt nur ganz kurz (weil ich befuerchte, sonst drehen wir eine weitere Runde im Kreis).

                      «Die Menschenrechte sind unsere Erfindung und recht hoch gegriffen.»

                      Nicht unbedingt – und ja zu hochgegriffen.

                      https://www.bpb.de/themen/recht-justiz/dossier-menschenrechte/38643/kurze-geschichte-der-allgemeinen-erklaerung-der-menschenrechte/

                      (Es ist leider die westl. Erzaehlung, eine alternative habe ich so schnell nicht gefunden. Ich hoffe, dass da die Fakten wenigstens stimmen.)

                      Ansonsten gilt auch hier: Nur weil es vom «Westen» kommt, ist es nicht per se erzboese.

                      Ich gebe auch zu bedenken: Warum zieht es so viele Fluechtlinge (die dann ihr letztes Geld dafuer hin geben und unter Lebensgefahr) vornehmlich in die «westlichsten» Staaten? (Vielleicht muss ich noch dazu sagen, wenn es irgend geht. Die meisten Fluechtlinge sind wohl Binnenfluechtlinge bzw. fliehen in Nachbarstaaten.)

                      «Der Westen hält sie selbst nicht ein, obwohl es zumindest weit mehr möglich wäre.»

                      Ja, der «Westen» haelt sie selbst nicht ein, zeigt mit den Finger auf andere Staaten (uebergeht den Balken im eigen Auge einfach), mit denen er dann froehlich Handel betreibt. Klar, sowas nennt man Doppelmoral. Andererseits koennte der Westen (oder spez. Deutschland) ohne diese Abhaengigkeiten nicht ueberleben. Vielleicht dann doch lieber mal die Fr**ss* halten…

                      Das Problem haben die anderen Staaten nicht, weil sie solche hohen moralischen Ansprueche an sich selber auch nicht haben. (Siehe z.B. Russlands Beziehungen zu «Nordkorea», oder eben Einsatz von Streumunition.) Man kann auch sagen: «Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.

                      Und ja, dass die Verwirklichung aller Rechte unrealistisch ist (genauso wie der Kommunismus nach marxistischer Idee) ist leider war. Che’s «neuen Menschen» gibt es nun mal nicht – und wird es vermutlch auch nie geben.

                      Traurig, aber nicht zu aendern.

                    • Ergaenzung noch, bevor es mir um die Ohren fliegt:

                      Man (d.h. der «Westen») hat auch vorzuegliche Beziehungen zu Staaten, bei denen die Menschenrechte komplett am Boden liegen – und da zeigt man nicht mal mit dem Finger auf die.

                    • «oder eben Einsatz von Streumunition»

                      Geht natürlich gar nicht – wenn es die Russen sind. Wenn die USA Streumunition an die Ukraine liefern und diese sie einsetzt, ist das gaaanz was Anderes.

                    • Hmm.

                      Geht natürlich gar nicht – wenn es die Ukrainer sind. Wenn die Russen Streumunition einsetzen, ist das gaaanz was Anderes.

                      Manch› einer dreht den Spiess eben auch um…

    • «dass der Ursprung der Kehre eben nicht in erster Linie die Bananen waren»

      Da bin ich nicht so sicher. Das ist ja nicht wegen der paar Bürgerrechtler geschehen. Der Ursprung waren die Ausreisewilligen und denen ging es wohl mehrheitlich schon um die Bananen. Und der Grund für die sehr schnelle «Wiedervereinigung» waren ganz sicher die Bananen.

  7. Frau Olena Selenska musste die Woche zu Kiew die RoyalBlue von Edinburgh emppfangen inkl. Programm Charity etc. und was so noch dazugehört. Dazu kommt ein privates Essen der Familie Selenski für Frau Royal. Sie, die gebürtige Sophie Helen Rhys-Jones hatte eine Botschaft ihres Schwagers, dem King of the Commonwealth im Gepäck, extra nur für Herrn Selensky im Gepäck. Info/MDR/Brisant

    Wer hat da schon Zeit für oder beehrt den großen Klitschko von Kiew, unsere wichtigen Adligen sind uns ausgegangen, hängen zu Reußen in Voruntersuchungen und auch an Geheimräten wie Goethe, dem Johann Wolfgang mangelt es. Vielleicht mal Heribert Prantl hinschicken…

    • Naja, Rheinmetall ist eine Erfolgsgeschichte der deutschen Wirtschaft. Solche Leute bringt man nun mal in der FAZ.

      «An der Börse hat sich der Wert der Firma seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs etwa verfünffacht – der Wert liegt inzwischen bei etwa 22 Milliarden.» (Ziel 50 Mrd.)

      https://www.n-tv.de/wirtschaft/Rheinmetall-sieht-sich-auf-dem-Weg-zum-Worldwide-Player-article24918023.html

      Und die Mehrheit der Deutschen will hoehere Verteidigungsausgaben.

      https://www.mz.de/deutschland-und-welt/deutschland/umfrage-mehrheit-will-hohere-verteidigungsausgaben-3834656

      Kann man sagen, Putin und die Kriege sind ’ne win-win- Situation.

          • «Nie wieder Krieg – ohne uns.»

            Okay, die Schweiz verdient mit. Aber kann man sich denn auf die verlassen? Nicht, dass die nur die Profite einstreicht und ansonsten wieder kneift.

                    • «Normalerweise lese ich die nicht…»

                      Dachte ich mir schon und dann: Vielleicht macht der mal ’ne Ausnahme.

                      Die Schweiz kommt da nicht gerade gut weg, aber zumindest erfaehrt man, dass die russ. Diplomaten fehlen werden. Anderswo geht ja das Geruecht um, dass Putin die Konferenz (mit unpassenden Namen) verhindern will.

                      Ja, typisch tendenzioeser Journalismus.

                      Na gut, dann noch mit der Macht der warmen Worte: Sport frei!

                    • «Anderswo geht ja das Geruecht um, dass Putin die Konferenz (mit unpassenden Namen) verhindern will.»

                      Das hat Selenskyj behauptet. Aber Russland kann doch keine Konferenz in der Schweiz verhindern. Die russische Diplomatie kann versuchen, russische Verbündete und (tatsächlich) neutrale Staaten von einer Teilnahme abzuhalten. Das wird sie sehr wahrscheinlich auch tun. Mit welchem Erfolg, ist eine anderer Frage. Oder Dreh- und Angelpunkt ist dabei China. Ohne China wäre die Konferenz nicht nur falsch benannt, sondern völlig sinnlos.

                    • «Aber Russland kann doch keine Konferenz in der Schweiz verhindern.»

                      Na, nehmen Sie das nicht so auf die leichte Schulter. Zur Vorsicht mal lieber zwei Tage die Wohnung oder Ihre Uni nicht verlassen.

                      Die Schweiz ist ja kein Buendnisfall.

                      Ich kann ja Ihre Enttaeusschung ueber den kleinen Kanton an Deutschlands Sueden verstehen…aber mal ehrlich: absolute Neutralitaet ist eine Illusion.

                    • «…aber mal ehrlich: absolute Neutralitaet ist eine Illusion»

                      Ich würde sagen, die Schweiz ist damit in zwei Weltkriegen sehr gut gefahren. Bezüglich des Iran hat sie sich so verhalten, dass sie dort die USA konsularisch vertritt (und umgekehrt). Ich sehe nicht, warum sich die Schweiz bezüglich Russlands anders verhalten muss, als bezüglich des Iran.

                    • Mir waere das ja auch lieber, wenn sich die Schweiz neutraler verhalten wuerde.

                      Der Unterschied bzgl. Iran ist der, dass der weit weg ist und sich die Staaten uneins untereinander sind bzgl. ihres Verhaltens. (Deutschland z.B. ist Irans groesster Handelspartner in Europa – obwohl Erzfeind Israels und «bedingungsloser Solidaritaet»)

                      Der Unterschied zu den Weltkriegen ist der, dass die Schweiz mittlerweile «umzingelt» ist von EU-Staaten (mal abgesehen vom echten Zwerg, in dem sich die Fuersten des Landes bzgl. UA aber auch nicht voellig neutral verhalten).

                      Auch da ist es (wie so oft) eine Abwaegungssache von mehr Schaden oder Nutzen in eigener Sache. Die Schweiz glaubt da an letzteres.

                  • Es liest sich zwar wie «Friedenskonferenz», aber auch wie das Einsammeln von Unterstützern für den Krieg.
                    Russland wurde nicht eingeladen. Klingt wie eine Ausrede, wenn man betont, Russland hätte eine Teilnahme abgelehnt.
                    Wozu verschicke ich 160 Einladungen? Werden alle diese Länder für eine Friedenskonferenz gebraucht? Oder geht es eher darum Druck aufzubauen?
                    Bisher hat die Ukraine Verhandlungen abgelehnt und auf Maximalforderungen bestanden. Daß man davon abgerückt ist habe ich nicht mitbekommen. Wozu nun 160 Länder mit ins Boot zu holen?
                    Da Russland nicht dabei ist wird es wohl ein teures und sinnloses Unterfangen werden. Auch hat Russland gerade keine Veranlassung Verhandlungen zu beginnen und eine Mannut-Konferenz wäre auch nicht gerade hilfreich dabei.

                    • «Wozu nun 160 Länder mit ins Boot zu holen?»

                      Um internationale Unterstützung für die ukrainischen Forderungen zu demonstrieren. Eben deswegen hätte ein wirklich neutrales Land diese Initiative nicht ergreifen dürfen. Die Schweiz ist damit kein Kandidat mehr, um eine tatsächliche Konfliktlösung vorzubereiten, weil Russland sie in dieser Rolle nicht mehr akzeptieren kann.

                    • Ich denke auch, potentielle Kriegsparteien haben wir genug, die wenigen Neutralen werden dringend für andere Lösungswege gebraucht.
                      Die Schweiz sollte sich völlig heraushalten, ihre Rolle käme später.
                      Das hat ja auch Auswirkungen auf andere, zukünftige Vermittlungsprozesse und als Standort für Verhandlungen. Es gibt ja nicht nur diesen einen Krisenherd bzw Konflikt.

                    • Ja, ich denke, es verschüttet auch das Vertrauen Chinas in die Schweiz. Man kann das auch nicht damit begründen, dass Russland ein Aggressor ist. Die USA haben zahlreiche Angriffskriege geführt und der Schweiz wäre es nie in den Sinn gekommen, in einem dieser Fälle so zu handeln – oder würde das in Zukunft tun.

                      Die Schweiz hat sich in einer geostrategischen Auseinandersetzung auf eine Seite gestellt, nämlich auf die westliche. Das ist eine Aufgabe der Neutralität.

                    • «Bisher hat die Ukraine Verhandlungen abgelehnt und auf Maximalforderungen bestanden. Daß man davon abgerückt ist habe ich nicht mitbekommen.»

                      Sieht man mal von den Verhandlungen in Istanbul von Maerz’22 ab, bei denen die Ukraine allerdings vom «Westen» zurueckgepfiffen wurde, ist das vermutlich richtig.

                      Andererseits will derzeit auch Putin nicht verhandeln, wie sie richtig schreiben. Wenn der hoechstsymbolisch Selenskyj jetzt zur Fahndung ausschreibt, kann ich das auch nicht anders deuten. Denn solange S. nicht gestuerzt ist, fuehrt kein Weg an dem vorbei.

                      Ach, uebrigens der Papst bzw. ein Stellvertreter vom «Stellvertreter Gottes» ist auch bei der ganzen Chose dabei.

                      Und die Voelker Europas (oder fast) schauen auf diese Stadt..eh› Staat der Eidgenossen. Das ist doch auch schon mal was.

                    • «Wenn der hoechstsymbolisch Selenskyj jetzt zur Fahndung ausschreibt, kann ich das auch nicht anders deuten. Denn solange S. nicht gestuerzt ist, fuehrt kein Weg an dem vorbei.»

                      Nun ja, Selenskyj hat ja einen Tag nach der Annexion dreier ukrainischer Regionen an Russland Ende September 2022 seinerseits auch per Dekret ausgeschlossen, zu verhandeln, solange Putin an der Macht sei.

                      Wenn die US-Wahlen nicht zugunsten Trumps ausgehen, wird dieser Krieg noch Jahre andauern. Darauf ist Russland besser eingestellt. Gehen die US-Wahlen zugunsten Trumps aus, muss man sehen, wie es weitergeht. Es ist denkbar, dass er den Ukraine-Krieg beenden will, weil der zu viele Ressourcen der USA beansprucht und aussichtslos ist. Wenn die USA für mindestens vier Jahre «kippen», wird die EU nicht in der Lage sein, die Ukraine über Wasser zu halten. Dann muss verhandelt werden, notfalls nach Austausch Selenskyjs durch Saluschnyj oder Klitschko. Saluschnyj dürfte besser geeignet sein, das intern gegen die nationalistische Rechte durchzusetzen.

                    • «Wen die US-Wahlen nicht zugunsten Trumps ausgehen, wird dieser Krieg noch Jahre andauern. Darauf ist Russland besser eingestellt.»

                      Sorry, das Kasperle hat sich mal wieder in allen MSM zu Wort gemeldet. Und das Zitat ist einfach zu verquer, um es zu verschweigen:

                      «Hätte Putin im vergangenen Oktober seine Verluste hochgerechnet und die westliche Unterstützung für die Ukraine richtig kalkuliert, hätte er den Krieg abbrechen müssen.»

                      https://www.watson.ch/international/interview/683437854-militaeroekonom-ueber-putins-lage-ukraine-versucht-russland-auszubluten

                      Zur USA-Wahl: So klar wie vor Wochen noch, wer da das Rennen macht, ist es inzwischen auch nicht mehr.

                      https://www.fr.de/politik/biden-trump-umfragen-usa-wahl-tendenz-trend-aktuell-demokraten-republikaner-zr-93011623.html

                      Und klar, wenn nicht wenigstens einer der beiden Machthaber von der Weltbuehne verschwindet, bleiben wohl Verhandlungen ein frommer Wunsch.

                    • Bis zu den US-Präsidentschaftswahlen kann noch viel passieren. Insofern sind die gegenwärtigen Umfragen und ihre Trends nicht klarer als das Orakel von Delphi zu sein pflegte.

                      Im Moment profitiert Biden von den Gerichtsprozessen gegen Trump und davon, dass sehr viele Us-Amerikaner an die politische Unabhängigkeit ihres Justizsystems glauben. Ob das anhält, ist aus zwei Gründen unklar.

                      Erstens stehen einige der Anklagen auf sehr schwachen Füßen, insbesondere diejenige in New York, bei der aus den (legalen) Schweigegeldzahlungen an (mutmaßliche) Sexualpartner von Trump eine illegale Wahlbeeinflussung gemacht werden soll. Eines der Probleme ist, dass solche Dinge in vorherigen Kampagnen gang und gäbe waren. Bei Bill Clintons erster Präsidentschaftskampagne pfiffen das die Spatzen von den Dächern (bzw. Joe Klein tat es anonym in seinem Roman «Primary Colors»).

                      Zweitens kann das Oberste Gericht mehrere der Anklagen stoppen und wird das aller Wahrscheinlichkeit nach auch tun. Im für die Demokraten ungünstigsten Fall bleibt nur die bundesstaatliche Anklage in Georgia übrig, bei der sich die Staatsanwaltschaft ihrerseits aber bereits in einen Skandal verwickelt hatte, der dieses Verfahren verzögert.

                      Drittens ist die Aufmerksamkeitsspanne der Öffentlichkeit zu kurz, um mit dieser Strategie bis zu den Wahlen zu kommen. Die Demokraten hatten das jetzt zünden müssen, weil sie so weit zurücklagen. Bis zur Wahl brauchen sie aber noch mindestens eine weitere Idee.

                      Und wenn drei Punkte nicht reichen: Irgendwer muss in der heißen Phase des Wahlkampfes die Detailarbeit machen, um Bidens Wählerpotential auch zu realisieren. Die Studenten, die gegenwärtig von der Polizei verprügelt werden, werden das bis dahin wohl kaum vergessen haben. Für die republikanischen Wahlhelfer dürfte die gegenwärtigen juristische Kampagne gegen Trump Motivation genug sein.

                    • Erstens, zweitens, drittens…reicht schon. (Obwohl ich Sie gern schreiben sehe.)

                      Ich muss da ja nicht waehlen.

  8. *…Neuseeland und Australien sind enge Wertepartner von uns Europäer*innen, sie haben uns beim russischen Angriffskrieg beigestanden und genauso gilt es dass wie ihnen beistehen bei ihren Herausfoderungen die sich im Indopazific zeigen, zum Beispiel beim immer offensiveren Auftreten auch von China…*

    …Lena Johanna Therese Meyer-Landrut, Enkelin eines Diplomaten hat es heute nicht für die ARD in die Kamera geblökt…die war gesetern mit ForeverJan, etwa 3 nach 9 beim Giovanni di Lorenzo…

      • Unsere Spitzenpolitiker haben die gleiche Qualität wie diejenigen, die den 1. Weltkrieg ausgelöst haben. Dass es sinnvoll ist, mit anderen Großmächten eine Entspannungspolitik zu betreiben und keine Konfrontationspolitik, ist ihnen noch nicht aufgefallen.

        Ich werden jedenfalls bei der Europawahl keine Partei wählen, die sich auf diesem Kurs befindet.

        • In manchen Bereichen gibt es wohl ähnliche Tendenzen wie vor dem 1.WK.
          Viele Krisenherde, Politiker die nicht mehr weiterwissen, Lösungen die man in der Anwendung von Gewalt und Restriktionen sucht, Feindbilder werden aufgebaut bzw verstärkt, Abschottungstedenzen, Unsicherheiten in der Bevölkerung.
          Das muß nicht zu einem größeren Krieg führen, es kann auch auf kleinerer Flamme köcheln.
          Vorsicht ist aber geboten, weil solche Prozesse anhaltend sind und man nicht so schnell und leicht gegensteuern könnte.
          Manche schwerwiegende Problemfelder werden uns ja viele Jahre begleiten und vergangene Sicherheiten sind wohl für längere Zeit passe´.

        • >Unsere Spitzenpolitiker haben die gleiche Qualität wie diejenigen,
          >die den 1. Weltkrieg ausgelöst haben…

          das wird aber so nur an den rändern der alternativen medien oder (non grata) personen thematisiert, mensch und journalist ist müde des themas geworden.
          aber der erste reiter der propaganda ist da:
          interview im standard mit Klitschko : «Neutral zu sein bedeutet im Krieg, Kriegspartei zu sein»…samt dem üblichen: «Putin wird sich mit der Ukraine nicht zufriedengeben»

          https://www.derstandard.de/story/3000000218459/wladimir-klitschko-neutral-zu-sein-bedeutet-im-krieg-kriegspartei-zu-sein

          hat hier jemand vorahnung oder gefühl, dass der westen einen krieg will ( natürlich «begrenzt» !) ?
          ich noch nicht, die industrie-förderung fehlt als auch soldatenmobilisierung – beides braucht jahre – imho!

          • «die industrie-förderung fehlt als auch soldatenmobilisierung – beides braucht jahre – imho!»

            Das sehe ich auch so. Die Ukraine hatte vor dem 24. Februar 2022 ein Riesenheer aufgebaut. Frankreich hat zwei Divisionen Bodentruppen. Die russischen und ukrainischen Truppen haben zwei Jahre Erfahrung mit einem modernen Krieg zwischen ebenbürtigen Gegnern. Die NATO-Truppen haben keine.

            Nur Idioten würden eine Eingreifen in Erwägung ziehen. Das bedeutet leider, dass man ein westliches Eingreifen nicht ausschließen kann.

          • Was verstehen sie unter Krieg? Ich würde ja sagen, dass Krieg des Westens gegen Russland spätestens seit 2014 herrscht. Der wird ja nicht nur mit der Waffe im Graben, aber dort vor Ort geführt. Schalten sie dagegen die Nachrichten aus werden sie davon nichts mitbekommen, ok-das Leben wird vielleicht teurer und andere Kultur außer westlicher war sowieso noch nie vor Ort.

      • war auch nicht gedacht als buchempfehlung, die zusammenfassung reicht um paar facetten dieser entwicklung kennenzulernen @usa.

        man kann die tage gut erkennen, wenn ein thema in dem woke-komplex gepuscht wird (floyd & ähnliches) oder spontan, aber ungewollt sei – gazaproteste an den us-unis > vielleicht hat sich das woke damit ausgebrannt?

        persönlich denke ich aber, dass einerseits eine monetarisierung den antrieb vorgibt (anwälte und NGOs, plus viele «eiferer/aktivisten/influenzer» wg. $$$), dennoch die politik in ihrer machtlogik, dies gerne als ablenkung oder störung in den gruppen der bevölkerung nutzt, um klassenkampf im westen zu vermeiden.

  9. „China unterstützt die rechtzeitige Einberufung einer internationalen Friedenskonferenz, die von der russischen und der ukrainischen Seite gebilligt wird, an der alle Parteien gleichberechtigt teilnehmen und an der alle Optionen für den Frieden fair diskutiert werden.“

    Quelle: faz.net

    Es handelt sich um eine wenig kaschierte Absage an die «Friedenskonferenz» in der Schweiz. Ohne China bleibt von der außer einer Propagandaveranstaltung nichts übrig.

    • Quelle: chinesischer Botschafter in Russland, derweil das chinesische Oberhaupt auf Einladung in Fankreich weilt, um später Serbien und Ungarn zu besuchen. Ich lese den Elefanten *rechtzeitige Einberufung*

      Vielleicht sollte irgendwer, zB. der EgalWerErdogan eine außerordentliche Konferenz der G20 einberufen mit Einladung/Einbeziehung aller ehemaligen Sowjetrepubliken.

      • Erdo? Also, ich bitte Sie! Der hat schon so viele Skelette im Schrank, dass der schon nicht mehr zugeht.

        Da koennte ich auch Bibi vorschlagen. Auch Israel hat schon mal Vermittlerrolle gespielt.

  10. » Imperialismus ist zunächst einmal furchtbar teuer für die Bürger eines imperialistischen Staates.»
    Das ist relativ. Es trifft nicht auf jeden Bürger zu.
    Teuer bzw am teuersten ist es für die eingesetzten Soldaten, die dabei evtl. ihr Leben verlieren. Der Durchschnittsbürger wird auch zur Kasse gebeten.
    Es gibt allerdings eine Schicht die davon profitiert bzw profitieren könnte.
    Den Briten hat es Reichtum gebracht, etwas ist auch für mittlere Bevölkerungsschichten abgefallen. Auch um die imperialistischen Bestrebungen weiter erhalten zu können, um den Nutzen aufzuzeigen.
    Auch in der Ukraine und anderswo gibt es die Interessen von Politikern, Banken, Industrie, Handel usw. Gut und Böse sind da keine Begriffe sondern der zu erwartende Gewinn.
    Auch Menschenleben werden da wenig diskutiert, nur wenn es das eigene wäre.
    Hier wurde von einem neuen Wirtschaftswunder geredet, als es darum ging die DDR einzugemeinden. Die Handelsunternehmen haben mit den Hufen gescharrt in der Erwartung, daß es endlich losgeht.
    Regimwechsel in Afrika? Wenig interessant. In China, Russland würden Märkte winken. Rohstoffe könnte man zu Geld machen.
    Das ist heute nicht anders als vor 100 Jahren. Wir verkaufen es nur geschickter.
    Und Deutschland verteidigt irgendetwas in der ganzen Welt. Nun ja, so kann man es auch nennen.
    Hoffentlich verteidigt ein anderer nicht auch etwas bei uns.
    Die Frage, «Trau, Schau, Wem»? wird zu wenig gestellt. Wenn man bedenkt, wieviele Werbeagenturen, Psychologen, Berater damit beschäftigt sind Argumentationslinien zu entwickeln um die Bevölkerung zu manipulieren könnte man erschrecken. Das war einmal offensichtlicher und primitiver. Heute ist es so subtil geworden, daß man seine Mühe hat die Absender einer Botschaft noch zu erkennen.

    • «Den Briten hat es Reichtum gebracht, etwas ist auch für mittlere Bevölkerungsschichten abgefallen.»

      Es gab eine Zeit, wo sich Kolonialismus gelohnt hat. Vergleicht man allerdings die wirtschaftliche Entwicklung Großbritanniens und Deutschlands über längere Zeit, dann kann ich keinen Vorteil des Imperialismus sehen. Von der Schweiz ganz zu schweigen.

      • Nun ja, für Jahrhunderte hat es gereicht. Unsere Entwicklung ist noch abzuwarten.
        Dekadenzbedingt läuft sich manches auch zu Tode. Auch wenn nichts mehr zu holen ist oder die Kolonien aufbegehren.
        Im Bereich Architektur, Kunstschätze, aber auch in manchen Familien oder Gruppen besteht der Reichtum in GB weiterhin.
        Deutschland steht weniger gut da als es erscheinen mag. Viele Firmen sind in internationaler Hand, so manche sind Übernahmekandidaten. Es ist nicht so viel an dauerhaften Werten vorhanden, insofern kann sich manches schnell ändern. Die Verteilung der Vermögenswerte ist dafür auch zu ungünstig und Kapital ist – wie man weiß – eine flüchtige Substanz.

  11. Hey – heute «Tag des Sieges» (jedenfalls in Russland). Kein Statement, kein Kommentar – niemand, nirgends, nichts. Oder feilt da schon jemand an einem Beitrag?

    Jedenfalls sage mir keiner, dass ihm (ihr) die «Auffahrt» wichtiger sei 😉

  12. Schmollmund an Heimat: *Habe heute auch Feiertag.*

    Heimat an Schmollmund: *Ah, ihr in Deutschland feiert auch den Sieg über das Naziregieme.*

    Schmollmund an Heimat: *Nee, heute ist hier Himmelfahrt.*

    Heimat an Schmollmund: *Und sonst so?*

    Schmollmund an Heimat: *Die Bayern haben verloren. Irgendwo in Madrid. Der Schiedsrichter hat es verbockt. Mein Mann grinst…*

    Moderne Medien. Viele Russen, die jungen Menschen vor allem senden sich zur Erinnerung und zum großen Tag des Sieges ein Foto der damaligen Helden – den Opa oder Urgroßvater, den Onkel etc., welche gegen Nazi-Deutschland gekämpft haben. Manch einer existiert in der Erinnerung nur im Gespräch der Ahnen oder eben auf einem Foto.

    Morgen ist Freitag. Das heißt für Russland 2024 Feiertag, Brückentag, Sa, Sonntag – langes Wochenende. Es ist kalt in Russland – eine gute Freundin meldet sich mit einem Schneefoto aus ihrer Heimatstadt Nischni Nowgorod. In drei Wochen soll es aber warm sein, verspricht sie. Währenddessen die Dämmerung einbricht tanzt im kalten Schnee von Balachixa zur melancholischen Musik eines Akkordeons ein verliebtes Paar im roten Kerzenlicht. Sieht romantisch aus, im Video. Der Salut aber, der den Himmel zum Abschied des Tages in bunte Farben schmückt, der fällt heute, am 09.Mai 2024 aus…

    • Na, nun doch noch Gedanken zum 09. (in Deutschland ja eher 08.) Mai.

      Es ist zweifelslos nicht zu hinterfragen, dass Nazi-Deutschland der Sowjetunion unvorstellbares Leid gebracht und die SU die Hauptlast zur Befreiung Europas getragen hatte. Dem sollte (muss!) man auch gedenken – jedes Jahr auf’s neue und nicht nur in Russland.

      Aber bitte nicht romantisieren und auf die Traenendruese druecken. Die jungen Menschen, die ihren Opas und Onkels etc. gedenken, muessen vielleicht morgen schon in der Ukraine an der Front sterben, die Frauen/ Freundinnen in Trauer zuruecklassen.

      Also: Warum – verdammt noch mal – hat Putin das «Bruderland» mit Krieg ueberzogen? Ich versteh’s nicht.

      https://www.youtube.com/watch?v=NVLWI8XTv8M

      • «Also: Warum – verdammt noch mal – hat Putin das «Bruderland» mit Krieg ueberzogen? Ich versteh’s nicht.»

        Ich auch nicht. Das war einer der typischen irrationalen Fehlschlüsse, bei denen jemand aus Starrsinn und gekränkter Eitelkeit seine eigentlichen Interessen nicht mehr sieht. Das hatte ich vor dem 24. Februar 2022 von Putin nicht erwartet.

  13. An der J.H. Universität meinte Pistorius: Deutschland habe seine Zurückhaltung aufgegeben wie z.B. bei der Lieferung von Waffen in Kriegsgebiete. Er möchte auch den Fehler – die Abschaffung des Wehrdienstes – korrigieren. Auch im Konflikt, USA/China wird Deutschland seinen Beitrag leisten.
    Zugleich kaufte er für einen 2 stelligen Millionenbetrag HIMARS Systeme für die Ukraine.

    Nun, in diesem Bereich gibt es sicher eine Zeitenwende. In 10 oder 20 Jahren wissen wir wohin sie führte.
    Mit «Waffen in Kriegsgebiete» werden wir einen weiteren Wert streichen. Das sogenannte Bürgergeld steht auch zur Debatte und ein neuer Feind innerhalb der Gesellschaft ist gefunden. Im Sozialbereich werden die neuen Härten wohl kommen. Die allgemeine Gewaltbereitschaft nimmt bereits zu.
    Wir driften Richtung US-Amerikanische Verhältnisse, wobei wir öfter mit einiger Verzögerung folgen.
    Politiker werden versuchen, mit Härte Wahlen zu gewinnen. Vielleicht entwickelt sich Widerstand gegen den wiederum mit Härte vorgegangen wird.
    Die Zeiten ändern sich und so mancher versucht das positiv darzustellen.
    Evtl. ist das auch der Normalzustand, der einige Zeit unter den Teppich gekehrt wurde.
    Soziale Unruhe, Aufrüstung und eine allgemein härtere Gangart. Keine guten Aussichten.
    Kann auch ein verbleibender Weg sein, nachdem so viel nicht gelingt und für Ablenkung sorgt.
    Ob es der Einstieg in den Abstieg wird, werden wir sehen. Zumindest sieht es danach aus. Die geburtenstarken Jahrgänge kommen in die Rente, Kürzungen sind absehbar. Die Energiewende sorgt für manche Abwanderung von relevanten Industriezweigen. Arbeitsplätze kaufen wie bei Intel oder Tesla können wir uns kaum länger leisten. Schlechte Bezahlung für systemrelevante Berufe oder Tätigkeiten sorgt für Fachkräftemangel. Dazu hohe Mieten die sich immer mehr Menschen kaum noch leisten können.
    Die Leistungslosen im höheren Einkommensbereich sollen geschont werden, am unteren Ende ist allerdings nicht mehr viel zu holen. Das wird wohl zu Problemen führen. Insofern wird gerade ein neues Feindbild gegen untere Bevölkerungsschichten etabliert.
    Ich glaube nicht, daß das ungerechtfertigter Pessimismus ist, die Zeichen sind schon relativ klar.
    Natürlich kann sich das wieder ändern, nur wird es länger dauern.

  14. «Nach einem Brand auf dem Gelände des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA) in Ost-Jerusalem wird der Sitz nach UN-Angaben geschlossen. Israelische Bewohner hätten am Donnerstagabend das Gelände des UNRWA-Hauptquartiers in Ost-Jerusalem zweimal in Brand gesetzt, schrieb der Chef des UN-Hilfswerks, Philippe Lazzarini, auf X.

    Er teilte ein Video der Proteste vom Donnerstag, auf dem zu hören ist, wie die Menge auf Hebräisch „Verbrennt die Uno“ skandiert. »

    Die Anlage wurde daraufhin geschlossen.

    https://www.spiegel.de/ausland/israel-gaza-konflikt-unwra-hauptquartier-nach-brandanschlag-geschlossen-a-21511cae-20ce-4985-9659-a79a2e4c181c

    https://www.welt.de/politik/ausland/article251447784/UNRWA-UN-Palaestinenserhilfswerk-schliesst-nach-Brand-Sitz-in-Jerusalem.html

        • Gaza: ca 35.000 Tote, mehr als die off. Zahl toter Zivilisten in der Ukraine.
          Die Uk. unterstützen wir mit Milliarden. Reden von Völkermord.
          Gaza: Deutschland liefert Waffen, USA liefert. Kritik, ja. Aber völlig sinnlos. Israel kann sich auf seine Befürworter verlassen. Egal wieviele Tote es gibt.
          Viell. mal einen Waffenstopp für Monate, danach werden die Lager wieder gefüllt.
          Studentenproteste werden niedergeschlagen, Zwangsexmatrikulation wurde angedroht.
          Israel bombardiert sein eigenes Gefängnis.
          Wären wir auch gegen die Uiguren, wenn….

          • Immerhin, im «heute journal» hat Dunja Hayali gestern Pistorius gefragt, ob der die Haltung der USA verstehe, keine Waffen mehr zu liefern. Pistorius hat in seiner üblichen, militärisch knappen und prägnanten Art «Ja» gesagt und dann in einem noch entschiedeneren Ton «Ja».

            Die Politiker wissen schon, dass völlig unverhältnismässig ist, was Israel gerade tut. Dunja Hayali weiss es auch. Sie hat Pistorius sogar danach gefragt.

            Wenn Israel das durchzieht, was Netanjahu und seine Militärführung im Begriff sind zu tun, und wenn das so ausgeht, wie leider zu erwarten ist, dann ist die westliche Israel-Politik nicht mehr haltbar. Netanjahu zerschiesst gerade die Globalstrategie der USA.

          • «Wären wir auch gegen die Uiguren, wenn….»

            «Wir», d.h. beide Seiten der gespaltenen Welt, sind weder fuer noch gegen die Uiguren. Die sind egal, interessieren nicht und gehen «uns» am *rsch vorbei. Es ist auch niemand fuer die Yeziden, die Rohingya, die Sahrauis usw., usf. (Ausnahmen bestaetigen die Regel.)

            • Das muss man leider so sagen. Wir führen zwar gern Volksgruppen im Munde, denen unsere geostrategischen Gegner Unrecht zufügen, aber wenn unsere Verbündeten das tun, sind uns die Kurden wieder herzlich egal.

            • So würde ich das auch sehen. Wer gerade dienlich ist wird verbal unterstützt, manchmal auch materiell.
              Die UN Vollversammlung hat abgestimmt über eine Aufnahme der Palästinenser als Mitglied.
              143 Länder dafür
              9 dagegen, darunter USA
              25 Enthaltungen, darunter Deutschland

              Eine Vollmitgliedschaft ist nicht möglich, wegen des Vetos der USA im Sicherheitsrat. Man ist zwar für eine 2 Staatenlösung, aber gegen eine Anerkennung durch die UN.
              Nun ja, Gaza ist mittlerweile ein Trümmerfeld wie nach einem großen Erdbeben. Wie macht man daraus einen Staat? Dazu noch geteilt. Die Grenzen abgeriegelt. Ein Flüchtlingslager unter Beschuß.
              Da sind Strukturen nicht mehr möglich. Viele Jahre wird Gaza keine normalen staatliche oder auch städtische Strukturen aufbauen können, sondern ist in allen Belangen auf Hilfslieferungen angewiesen.

              • «143 Länder dafür
                9 dagegen, darunter USA
                25 Enthaltungen, darunter Deutschland»

                Ich denke nicht, dass von den 143 Ländern viele ein gesteigertes Interesse an einer von westlichen Interessen bestimmten Friedenskonferenz für die Ukraine haben werden.

          • Ja, sicher nur, weil sei es nicht können. Das muss man bei der Reaktion aber trotzdem berücksichtigen.

            Terroranschläge sind allerdings nie auszuschliessen. Langhans und Teufel sind im März 1968 bezüglich des Vorwurfs einer Anstiftung zur Brandstiftung durch das folgende Flugblatt freigesprochen worden:

            » Flugblatt Nr. 8 „Wann brennen die Berliner Kaufhäuser?
            […] „Unsere belgischen Freunde haben endlich den Dreh raus, die Bevölkerung am lustigen Treiben in Vietnam wirklich zu beteiligen: sie zünden ein Kaufhaus an, zweihundert saturierte Bürger beenden ihr aufregendes Leben und Brüssel wird Hanoi. […] Wenn es irgendwo brennt in der nächsten Zeit, wenn irgendwo eine Kaserne in die Luft geht, wenn irgendwo in einem Stadion die Tribüne einstürzt, seid bitte nicht überrascht. Genauso wenig wie beim Überschreiten der Demarkationslinie durch die Amis, der Bombardierung des Stadtzentrums von Hanoi, dem Einmarsch der Marines nach China. Brüssel hat uns die einzige Antwort darauf gegeben: Burn, warehouse, burn!
            Kommune I (24.5.67)“

            Am Abend des 2. April 1968 legten Baader, Ensslin, Söhnlein und Proll in Berliner Kaufhäusern Brandsätze. Daraus entwickelte sich die RAF.

            • Sie werden lachen: Diesen Vergleich hatte ich im Kopf.

              Und Anfang der Neunziger fand ich diese Leute cool (Pudding-Attentat, «wenn’s der Wahrheitsfindung dient»…)

              Aber auch die Radikaleren, die gegen das «Schweinesystem» mit der Waffe kaempften. Sechs gegen Sechzig Mio…

              • Nun ja, die erste RAF-Generation hatte etwas revolutionär-romantisches, einen Hauch von Che Guevara. Ulrike Meinhof war zweifellos hochintelligent, sie war auch emotional intelligent. Trotzdem sind bei der «Mai-Offensive» 1972 viele Unbeteiligte verletzt worden und Polizisten sind auch Menschen.

                Terror ist immer ein Irrweg.

                Das Vorgehen der Bundesrepublik Deutschland gegen Meinhof war allerdings auch verbrecherisch, zum Beispiel im Umfeld ihrer Verhaftung.

                Die Dinge sind selten schwarz-weiß.

    • Ich verstehe Ihren Zorn schon.

      Ja, schon erschreckend (wenn man es nicht schon spaetestens von Guantánamo wuesste), dass sich der «Westen» nicht an seine eigenen – fuer mich wichtig – Menschenrechtsvorlagen haelt. Bei Israel ist es da leider nicht anders.

      • Moral und Ethik sind in der Staatspolitik immer nur Propagandaargumente. Ernst gemeint ist das nie. Kein Spitzenpolitiker würde, vor die Wahl zwischen Macht und ethischem Verhalten gestellt, das ethische Verhalten wählen. Und wenn es solch einen *d**t*n gäbe, würde er die Macht verlieren, an jemanden der die Macht gewählt hat.

        Das ist nun einmal eine Gesetzmäßigkeit. Wer moralisierende politische Propaganda glaubt, hat, oft sogar im Wortsinn, nur den Schuss nicht gehört.

      • Na gut, bevor noch ’ne dritte Variante folgt…

        Hier mein unvollendeter Kommentar (Ich komme da mit der Formulierung nicht weiter, haengt schon ’ne halbe Stunde mind. in der Zwischenablage):

        „Die Nachtigall, die Nachtigall, die ist das beste Pferd im Stall.“

        Aha, daher weht der Wind also.

        Offiziell heisst es ja:

        «Wie die europäische Rundfunkunion EBU als Veranstalter mitteilte, hatte es nach dem Halbfinal-Auftritt am Donnerstagabend einen Vorfall zwischen dem niederländischen Künstler Joost Klein und einer Mitarbeiterin gegeben. Die Polizei ermittele in dem Fall. Die EBU betonte, sie verfolge eine Null-Toleranz-Politik gegen unangemessenes Verhalten und sei bemüht, allen Mitarbeitern ein sicheres Arbeitsumfeld zu bieten.» (Dlf)

        Und ich dachte schon, dass da seine «israelkritische» Haltung dahintersteckt…

        Im Uebrigen finde ich es gut (im Gegensatz zu BDS & Co.), dass man israelische Kuenstler vom ESC nicht ausschliesst, genauso wie man es auch bei russ…

        Sippenhaft hat in einer «echten» Demokratie nichts zu suchen.

        • «Im Uebrigen finde ich es gut (im Gegensatz zu BDS & Co.), dass man israelische Kuenstler vom ESC nicht ausschliesst»

          Ich auch. Und ich werde keinesfalls die Kooperation mit israelischen Wissenschaftlern abbrechen. Aus meiner Sicht wäre das nun wirklich Antisemitismus, abgesehen davon, dass ich mich nicht wegen politischer Fragen mit Menschen verstreite, die ich sonst sehr in Ordnung finde.

          «, genauso wie man es auch bei russ…»

          Das ist eben das «Stoßende», wie der Schweizer sagt. Russische Künstler hat man von der Teilnahme ausgeschlossen.

          • Das «Stoßende» also. Na ja, bei so vielen Jahren in der Schweiz, weiss man dann wahrscheinlich wirklich, wie sich diese ausdruecken. Und ja, das finde ich genauso uebel.

            «…abgesehen davon, dass ich mich nicht wegen politischer Fragen mit Menschen verstreite, die ich sonst sehr in Ordnung finde.»

            Ist bei mir nicht anders.

            «…wäre das nun wirklich Antisemitismus»

            Wenn ich mich nicht taeusche, benutzen die Medien jetzt ueberwiegend «Israelhass(er)».

            • Israel als Land zu hassen oder mit dem Anti-Zionismus so weit zu gehen, dass man Israel das Existenzrecht abspricht, finde ich auch inakzeptabel.

              Netanjahu und einige seiner Minister zu hassen, finde ich akzeptabel. Deren Wähler für dusslig zu halten, geht auch. Ich würde sogar so weit gehen, dass man die Idee des Zionismus für falsch halten kann (es gibt auch Juden, die sie für falsch halten), nur kann man daraus nicht schließen, dass der seit mehr als 75 Jahren existierende Staat Israel wieder verschwinden sollte.

              Ich denke, die Anne-Frank-Stiftung hat eine sehr vernünftige Erklärung, was bei diesen Begriffen was ist.

              • Bei den Palästinensern geht die Toleranz und die Unterstützung nicht so weit.
                Ich nenne das Apartheid und Diskriminierung. Diese sollen das Unrecht akzeptieren. Zur Not werden sie bombardiert.
                Wehren dürfen sie sich nicht.
                Israel schon, mit jeder Menge Morde an Unbeteiligten. Zur Not sagt man ungeprüft «War ein Terrorist». Das genügt schon.
                Doppelmoral.
                Man Verteibt, enteignet und terrorisiert – und bekommt recht, Waffen, Geld.
                Scheint ein pawlowscher Reflex zu sein.
                Mord ist nicht gleich Mord, dafür stehen wir.
                Bedenklich. Man muß sich über Reaktionen nicht wundern. Da endet natürlich die Meinungsfreiheit.

              • «Ich denke, die Anne-Frank-Stiftung hat eine sehr vernünftige Erklärung, was bei diesen Begriffen was ist.»

                Ja, das entspricht auch im wesentlichen meiner Meinung. Ich wuerde sogar noch sagen, dass nicht alle Juden grundsaetzlich den Staat Israel fuer eine gute Idee halten, ohne explizit Antizionisten zu sein.

        • «Sippenhaft hat in einer «echten» Demokratie nichts zu suchen.»
          Damit sagen Sie, in Israel gibt es keine echte Demokratie.

          Der Sänger wurde gegen seinen Willen hinter der Bühne gefilmt. Er machte eine Handbewegung in Richtung der Kamera. Die Kamerafrau wurde nicht berührt.

          • «Damit sagen Sie, in Israel gibt es keine echte Demokratie.»

            Hallo Albatros,

            ja, dass meine ich – auch. Im Uebrigen, nennen Sie mal einen Staat wo es eine «lupenreine» gibt.

            Da halte ich es ausnahmsweise mal mit Nobelpreistraeger Churchill, wohl auch ein Rassist:

            «Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.»

            • Echte Demokratie kann für ein paar Wochen oder Monate existieren, wenn ein System schon vom Pferd gefallen ist, das neue aber noch nicht fest im Sattel sitzt.

              Ansonsten scheint mir die Schweiz einer Demokratie noch am nächsten zu kommen. Aber auch hier setzen Bundesrat und Parlament nach einem Referendum nicht in jedem Fall den zum Ausdruck gebrachten Willen nach bestem Wissen und Gewissen um.

              Echte Demokratie erfordert, dass die Regierenden tatsächlich Diener des Volkes sind. Das gibt es nirgends.

              • Hm, nach der Einführung des Frauenrechts zu urteilen hinkte die Schweiz hinterher.
                Wenn man nach den Finanzflüssen schaut, der Einbürgerungspraxis, taugt das Feigenblatt nicht so sehr als man denkt.
                Volksabstimmung und gleichzeitig das Frauenwahlrecht verhindern schließt eine Bezeichnung als Demokratie aus.
                Der Treiber für die Ruhe ist das Geld. Sollte das versiegen wird es sicher anders aussehen.

                • Das Frauenwahlrecht in der Schweiz gab es schon, bevor ich erstmals einen Fuß in das Land gesetzt habe. Genauer: Ich war fünf Jahre alt, als es eingeführt wurde. Etwa zwei Drittel der Männer hatten in einem Referendum 1971 dafür gestimmt.

                  Raten Sie mal, ab welchem Jahr Frauen in der BRD unabhängig entscheiden durften, ob sie einem Beruf nachgehen wollen.

                    • Ja, manche Entwicklung geht hier langsamer. Aber wenn sie dann kommt, ist sie auch akzeptiert. Das ist sehr viel wert.

                      Das gegenwärtige Verhalten deutscher Politiker, einem Teil der Bevölkerung (vermutlich der Mehrheit) gewisse moderne Gesellschaftsvorstellungen aufzuwingen, ist kontraproduktiv und sehr wahrscheinlich sogar destruktiv.

                      Ich war irgendwann gegen Mitte der 1990er auf der Hochzeit eines (west)deutschen Freundes. Ja, ja, das Frauenwahlrecht gab es schon lange. Aber das Verständnis der Rolle von Frauen, das ich dort von mehreren Männern meines Alters erlebt habe, war eher vorgrundgesetzlich.

                      Gesellschaftlichen Wandel kann man nicht erzwingen. Er braucht Zeit. Man muss die Leute überzeugen, dass das Neue besser ist.

          • Die Kamerafrau ist ein Vehikel für etwas Anderes. Joost Klein ist politisch missliebig. Die Ermittlungen gegen ihn werden nach einer kurzen Schamfrist eingestellt werden.

            Schweden ist kein Rechtsstaat. Das hat man schon bei Assange gesehen.

            • «Schweden ist kein Rechtsstaat.»

              Wie man’s nimmt. Frueher galten die mal als Staat des «dritten Wegs» und bei den Coronamasznahmen waren die auch ausgeschert.

              Und doch, schon: Jetzt regieren wohl die konservativen Rechten mit den Rechtspopulisten.

              Wie kommt’s denn? Sind Sie beim Polarlichter schauen oder sehen Sie gebannt die Schweiz – gefuehlt einmalig in der Geschichte – auf dem Siegkurs?

              • Das ist nicht meine Musikrichtung. Rock und Hardrock sollen da schon mal vorgekommen sein, aber selten.

                Ich habe allerdings gehört, dass die Jury des großen Nordkantons zu denen gehörte, die uns mit am wenigsten Punkte gegeben haben, während die Österreicher und Italiener uns mögen. Und dass die 12 Punkte der serbischen Jury an Kroatien gingen. Das Letzte halte ich immerhin für einen Lichtblick.

                • Dat Spektakel war bei mir auch nur das Hintergrundrauschen.

                  Erstaunt war ich, dass Israel von uns (dem Publikum!) die meisten Punkte bekommen hat. Da scheinen die Antipathien hierzulande doch nicht so gross zu sein, dass man nicht mehr zu unterscheiden weiss. Alternative Erklaerung koennte aber auch sein, wer interessiert sich denn noch dafuer, was im OERR laeuft? Also dann doch eher die regierungstreuen Mittelalten (50+).

                  Serbien/ Kroatien, (hatte ich mich also doch nicht verhoert), war die eigentliche Sensation.

                  Na ja und Ihr Kaept’n Nemo, der/die (?) Clownfisch, war zumindest so suess und sooo gluecklich. Da ist man selber richtig geruehrt.

      • Europa, lasst uns zusammenkommen (Euro-pa-pa, Europa-pa-pa)
        Es ist jetzt oder nie, ich liebe euch alle (Euro-pa-pa, Euro-pa-pa)
        Willkommen in Europa, bleib hier, bis ich sterbe
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Willkommen in Europa, bleib hier, bis ich sterbe
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Besuche meine Freunde in Frankreich oder laufe nach Wien
        Ich möchte die Niederlande verlassen, aber mein Reisepass ist verschwunden
        Zum Glück benötige ich kein Visum, um bei dir zu sein
        Nehmen Sie also den Bus nach Polen oder den Zug nach Berlin
        Ich habe kein Geld für Paris, also nutze ich meine Fantasie
        Haben Sie bitte einen Euro?
        Ich sage „Danke“ und „Bitte“
        Ich habe alles außer der Zeit verloren
        Deshalb reise ich jeden Tag, denn die Welt gehört mir
        Willkommen in Europa, bleib hier, bis ich sterbe
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Willkommen in Europa, bleib hier, bis ich sterbe
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa-pa-pa-pa-pa-pa
        Euro-pa-pa-pa-pa-pa-pa-pa
        Ich bin in Deutschland, aber ich bin auch alleine
        Ich bin in Deutschland, aber ich bin so allein
        Io sono in Italia, aber es tut immer noch weh
        Ich renne vor mir selbst davon und schreie den ganzen Tag um Hilfe
        Ja, ich gebe den Leuten sogar Geld, aber es gibt niemanden, der mir hilft
        Ich will keine Schnecken, ich will kein Fish and Chips
        Ich brauche keine Paella, nein, ich weiß gar nicht so recht, was das ist
        Schalten Sie das Radio ein, ich höre Stromae mit Papaoutai
        Wird nicht aufhören, bis sie sagen: „Ja, ja, es geht ihm gut, nicht wahr?“
        Willkommen in Europa, bleib hier, bis ich sterbe
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Willkommen in Europa, bleib hier, bis ich sterbe
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa, Euro-pa-pa
        Euro-pa-pa-pa-pa-pa-pa-pa
        Euro-pa-pa-pa-pa-pa-pa-pa
        Europa-
        Europa-
        Ja, hey, willkommen in Europa, Junge,
        Europa
        Eu-ro-pa

        Wer bunte Elefanten sucht und findet…

    • zu Эден Голан: Laut Wiki: https://de.wikipedia.org/wiki/Eden_Golan

      *Golans Eltern sind ein jüdischer Lette und eine jüdische Ukrainerin, die aus der Sowjetunion nach Israel ausgewandert waren. Golan wurde in Israel geboren, zog jedoch als Kind mit ihrer Familie nach Moskau, wo ihr Vater arbeitete. Insgesamt verbrachte sie 13 Jahre in Russland, bevor sie 2022 mit ihren Eltern wieder nach Israel zurückkehrte.Sie hat sowohl die israelische als auch die russische Staatsbürgerschaft.*

      Wir hätten hier also viel Osteuropa im Blut. Es könnte auch sein, das viele Osteuropäer, welche jetzt in D, A + Schweiz wohnen, für ihren Musikbeitrag gevoted haben.Es gab jeweils 12 Punkte vom Publikum.

      Der SongContest ist ja inzwischen zu einem LGBTQIA+-Ereigniss geworden, wobei sich in Malmö die LGBTQIA+-Szene als nicht sehr tolerant erwiesen hat.

      Xenija Anatoljewna, russisches IT-Girl, Tochter von Putins politischen Ziehvater Sobtschak, dem ehemaligen Bürgermeister von Petersburg und Patenkind von Putin sagte in ihrerem Videoblog, das Ukrainer auf der Veranstaltung auf Eden Golan auch nicht gut zu sprechen wären, weil die junge Frau auch schon als Russin auf der Krim aufgetreten ist: Quelle: Schmollmund

      Vielleicht finden ja irgendwann Außerirdische den Videoclip zur Sendung. Ich gehe dann davon aus, daß diese den Kopf schüttelnd unseren Planeten ohne Kontaktaufnahme wieder verlassen.

      • «Ich gehe dann davon aus, daß diese den Kopf schüttelnd unseren Planeten ohne Kontaktaufnahme wieder verlassen.»

        Richtig. Sie werden nicht mal einen Präventivkrieg gegen uns führen. Auf interstellarem Niveau sind wir harmlose Idioten, die auch noch untereinander zerstritten sind.

      • «Der SongContest ist ja inzwischen zu einem LGBTQIA+-Ereigniss geworden…»

        Naja allein die saengerische Darbietung reicht seit Jahren nicht mehr aus. Man geht da mit der Zeit, und seit man mehr als zwei Geschlechter entdeckt hat, ist das eben woke.

        Ist ja auch in Ordnung.

        • Ist aus meiner Sicht OK, solange er/sie/es tatsächlich dem musikalischen Anspruch genügt, also nicht nur wegen LGBTQIA+ gewinnt. Wie gesagt, es ist eh nicht meine Musikrichtung, aber im Rahmen dessen, was dort üblich ist, ist Nemo OK.

          • «…solange er/sie/es tatsächlich dem musikalischen Anspruch genügt»

            Tja, das ist ’ne irrationale Erwartung, weil wo ist festgelegt, was den musikalischen Anspruechen genuegt. Man koennte auch sagen, ueber Geschmack laesst sich nicht streiten.

            Egal, zumindest kommt dann naechstes Jahr wieder ein Event (nach der Friedenskonferenz) ins Haus. (Das exclusive jaehrliche WEF in Davos kann man ja knicken, nachdem Putin und Greta in Ungnade gefallen sind.)

  15. Nach einem Bericht der ukrainischen Nachrichtenseite UNIAN, die sich ihrerseits auf den ukrainischen Generalstab bezieht, greifen die russischen Streitkräfte derzeit nahezu an der gesamten Frontlinie an, fast überall mit Luftunterstützung. Zudem hat Russland nördlich von Charkiw einen neuen Frontabschnitt eröffnet, an dem die ukrainische Seite unbedingt verteidigen muss, damit Charkiw nicht wieder in die Reichweiter russischer Artillerie gerät und damit die russsichen Kräfte den ukrainischen Kräften, die bei Kupyansk verteidigen, nicht in den Rücken fallen können.

    Aus meiner Sicht ist die Hauptstoßrichtung der russischen Offensive noch nicht erkennbar. Die gegenwärtigen Operationen scheinen eher darauf gerichtet zu sein, die ukrainischen Kräfte möglichst breit zu verteilen und damit ein schnelles und ausreichendes Reagieren auf einen massiven Stoß zu verhindern. Ich halte es für denkbar, dass die russische Seite Planungen für verschiedene Hauptstoßrichtungen hat und sich je nach Dislozierung der ukrainischen Kräfte erst später entscheidet, welchen davon sie verfolgen wird.

  16. In «Haaretz» gibt es einen Gastbeitrag (Meinungsartikel) von Ehud Olmert, der nach dem Schlaganfall von Ariel Scharon 2006-2008 (und damit vor Netanjahus zweiter Amtsperiode) israelischer Ministerpräsident war.

    Olmert spricht sich für ein sofortiges Kriegsende und einen völkerrechtlich verbindlich zugesagten völligen Abzug israelischer Truppen aus Gaza aus.

    Über Olmert kann man allerdings nicht sprechen, ohne zu erwähnen, dass er wegen Korruption eine Haftstrafe abgesessen hat. Man kann in dieser Hinsicht nur hoffen, dass er in jeder Hinsicht ein Vorgänger von Netanjahu war.

      • Nee. Es ist eher ein Zeichen, dass Netanjahu nicht mal rational agiert (von ethischen Erwägungen ganz zu schweigen). Andererseits hat Olmert natürlich auch ein Mütchen an Netanjahu zu kühlen.

        Einen Rabin müsste man haben, aber es ist keiner in Sicht.

  17. Der Wirtschaftskrieg von USA gegen China nimmt Fahrt auf.
    Neue Zölle auf z.B. E-Autos von 100%.

    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/us-zoelle-china-114.html

    Der Westen kann seine Produkte nur an vermögende Kunden absetzen, China die seinen überall. Es wird China jetzt und in Zukunft zwar empfindlich treffen, aber ich schätze den Westen um einiges mehr.
    Der Westen verliert insgesamt seine Vorherrschaft und reagiert mit ungeeigneten Mitteln. Man hat die Politik zu lange den Banken, Konzernen, Dilettanten und Scharfmachern überlassen, anstatt einen Ausgleich zu suchen.
    Ein Block wird sich um China bilden und der Machterhalt des Westens wird nicht mehr mit Erpressung und Kaufen anderer Staaten zu erhalten sein. Die Spirale wird sich weiterdrehen, aber ich sehe keinen «Erfolg» am Ende.
    Die USA, aber auch wir versuchen mit Geld Industrie anzuziehen. Das geht aber auf Kosten anderer Bereiche, meist der Sozialen, oder mit starker Kreditaufnahme.
    Den Schulden der USA ist wohl nur mit einer Inflation in ferner Zukunft beizukommen. Und wir schleifen den Sozialstaat mit absehbaren Folgen.
    Was erhoffen wir zu gewinnen? WER kann etwas gewinnen? Mit welchen Methoden bekommt man die Folgen in den Griff?

  18. Interessant ist zur Zeit, wie Bevölkerung und Politik auf Krisen reagieren.
    Vieles gibt es ja schon länger, war verdeckt oder wurde nicht beachtet. Nun tritt es stärker zutage und es läßt sich nicht mehr so einfach vom Tisch wischen.
    Die Schwebe der Einzelfaktoren belastet die Leute. Lösungen sind kaum in Sicht. Die alten Vorgehensweisen funktionieren teilweise nicht mehr. Ganz gut für neue Parteien, siehe BSW. Mit den Linken auf ca. 8-9%. Also mehr als vor der Neugründung.
    Die CDU funktioniert wieder als Sammelbecken, trotz AFD. Grüne, SPD und FDP mit Verlusten.

    Neue Verfahrensweisen wären notwendig, neues Führungspersonal. Die Leute warten auf größere Würfe, die durchaus möglich wären.
    Zum Beispiel eine Entbürokratisierung die den Namen verdient. radikaler Umbau der Bahn, Einstieg des Bundes in den Wohnungsbau, Volksabstimmungen….

    Es tröpfelt einfach zuviel vor sich hin und ein Ziel ist kaum in Sicht.
    Das raubt Motivation und diese wäre unbedingt wünschenswert, in vielen Bereichen.
    Mit Scholz wird diese nicht aufkommen, mit dem Rest ebensowenig.
    Durch diese Flaute müssen wir durch, man hofft ja immer noch auf bessere Zeiten. Vielleicht durch Einflüsse von Außen, von innen scheint einiges nicht reformierbar zu sein.

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