Gesinnung oder Verantwortung?


Ethik Man sollte meinen, dass Egoismus und eine ethische Haltung unvereinbar sind. Aber Philosophen sind geteilter Meinung darüber.

Dieser Beitrag hat seinen Ursprung in zwei Provokationen, die ich in der Kommentarspalte verübt habe und in den Antworten meiner Leser darauf. Die erste Provokation war, einer kolportierten Meinung eines Chinesen über Michail Gorbatschow («ein geopolitischer Idiot») mit einem knappen «Ja» und ohne weitere Erklärung zuzustimmen. In der Folge habe ich zum zweiten Mal provoziert, indem ich das Vorgehen der chinesischen Regierung gegen die Demonstration auf dem Tianamen-Platz 1989 als richtig bezeichnet habe. Beide Äußerungen wirken auf den ersten Blick unethisch. Diejenige über Gorbatschow wirkt auch undankbar, weil ich persönlich ein Profiteur der Wende 1989 war, die in dieser Weise nur durch Gorbatschows vorherige Politik und seine Nichteinmischung möglich war.

Ich wünsche mir nicht, dass der Realsozialismus bestehen geblieben wäre. Noch idealisiere ich die heutigen Zustände in China. Ich denke aber tatsächlich, dass Gorbatschow politisch falsch gehandelt hat und die chinesische Führung richtig. Ich kann das sogar mit einem Bibelzitat begründen: «An ihren Früchten sollt Ihr sie erkennen.» (Matthäus 7,16) Die Politik Gorbatschows hat einen ökonomischen und sozialen Zusammenbruch und den Zerfall eines Vielvölkerstaates verursacht, mit Folgen, die bis heute anhalten. Keiner der Nachfolgestaaten folgt seinem hehren Ideal von «Glasnost», also Offenheit und Transparenz. Die Politik der chinesischen Führung hat einen Staat mit einer Milliardenbvölkerung stabil gehalten und zu einer erheblichen Verbesserung der Lebensbedingungen dieser Menschen gesorgt.

Andererseits ist es natürlich klar, dass Gorbatschows Politik moralischer wirkte als diejenige der chinesischen Führung von 1989 und ich war damals auch ein Anhänger Gorbatschows und habe die chinesische Regierung verachtet. Junge Menschen neigen zur Gesinnungsethik. Ich würde sogar so weit gehen, den Schritt von der Gesinnungsethik zur Verantwortungsethik als den Schritt zum philosophischen Erwachsenenalter zu bezeichnen. Gesinnungsethik bedeutet, Handlungen nach den Absichten des Handelnden und nach ihrer Übereinstimmung mit dessen Werten und Prinzipien zu beurteilen. Die Folgen dieser Handlungen spielen bei der Bewertung keine Rolle. Der Gesinnungsethiker wird im Volksmund als «Gutmensch» bezeichnet. Jemand, der darauf besteht, das aus seiner Sicht Gute zu tun, ganz gleich, ob die Folgen gut oder schlecht sind.

Verantwortungsethik bedeutet, die Folgen möglicher Handlungen vorher so gut wie möglich abzuschätzen und dann die Handlung zu wählen, welche die bestmöglichen Ergebnisse verspricht.

Aus meiner Sicht ist Gesinnungsethik egoistisch, weil ihr fast immer deshalb gefolgt wird, um sich selbst gut zu fühlen. Das Absehen von den Folgen ist nicht nur Denkfaulheit, es ist gegenüber denjenigen, die diese Folgen zu tragen haben, unethisch. Wer an einen persönlichen Gott glaubt, darf Gesinnungsethiker sein, weil die Verantwortung für die Folgen dann bei Gott liegt. Wer sich allerdings von Gott emanzipiert hat – und das meine ich mit philosophischem Erwachsensein – muss auch den Schritt zur Verantwortungsethik gehen, denn sonst ist er einfach nur verantwortungslos. Es ist dann ja niemand mehr da, der die Folgen der Gedankenlosigkeit korrigieren könnte.

Die Sache ist weniger theoretisch als man denkt. Niemand, der ein Kind erzieht, handelt gesinnungsethisch. Erziehungsmaßnahmen zielen immer auf Folgen ab. Man kann sogar so weit gehen, zu sagen, dass Gesinnungsethik im engeren eigenen Bereich undurchführbar ist, weil einen in diesem Bereich die Folgen der Handlungen selbst betreffen. Vor die Wahl gestellt, ob man sich jetzt gut fühlen und dann mit den schlechten Folgen leben will, entscheidet sich auch ein Egoist zumeist für die besseren Folgen, auch wenn er sich dabei kurz schlechter fühlt.

Gesinnungsethik kommt daher nur bei den «großen» Fragen vor, wo den Handelnden oder den Redenden die Folgen selbst nicht betreffen. Gutsituierte Eltern können sich aus Empathie mit den armen Teufeln aus fremden Ländern für eine wohlwollende Aufnahme vieler Migranten aussprechen, weil ihre Kinder nicht in Schulen gehen, in denen die Folgen zu spüren sind. Auch die Entwurzelung der Migranten, deren Träume sich in einem fremden Land häufig nicht erfüllen, trifft sie nicht. Sie können sich denen gegenüber moralisch überlegen fühlen, die von den Folgen betroffen und daher für eine Einschränkung der Migration sind.

Ein Gesinnungsethiker kann auf der Weiterführung eines Kriegs bestehen, weil der Feind moralisch im Unrecht ist und daher verlieren muss – unabhängig davon, wie groß die Verluste auf der eigenen Seite sind und ob ein Sieg überhaupt noch möglich ist. Die Folgen der Entscheidung interessieren ja nicht.

Der Verantwortungsethiker hat den Luxus des guten Gefühls nicht. Er tut Menschen weh, zum Beispiel den eigenen Kindern, um bessere Folgen zu erzielen. Dabei kann er nicht einmal sicher sein, dass die Folgen besser sein werden. Folgeabschätzungen sind immer unsicher. Er kann nach bestem Wissen und Gewissen handeln, aber das Gewissen ist nicht immer standfest und kann schon morgen zu einer anderen Meinung gelangen.

Das ist philosophisches Erwachsensein. Sich bewusst zu sein, dass man die Welt nicht kontrolliert, dass man immer wieder irrt und dass Manches schief geht. Trotzdem die Verantwortung für die eigenen Handlungen zu tragen, statt sie auf einen Gott abzuwälzen.


141 Antworten zu “Gesinnung oder Verantwortung?”

  1. Danke fuer die ausfuehrliche Antwort. Ging ja an mich und u_S (bei dem Sie dann vermutlich offene Tueren einreissen werden) – und natuerlich auch an die Leser aus’m Off.

    Im Wesentlichen stimme ich Ihnen ja auch zu. Soweit so gut.

    «Aus meiner Sicht ist Gesinnungsethik egoistisch, weil ihr fast immer deshalb gefolgt (w)ird, um sich selbst gut zu fühlen.»

    Dem stimme ich zu.

    Allerdings Verantwortungsethik ist doch dasselbe in schwarz.

    Sie machen das wie das ein guter Wissenschaftler eben machen muss. Sie vergleichen die Ereignisse, die im Laufe der Geschichte schon passiert sind und ziehen daraus Ihre Schluesse. Das ist auch vernuenftig. Andererseits wer konnte schon bis noch kurz vor ’89 voraussehen, dass die DDR so schnell und nahezu reibungslos wie ein Kartenhaus zusammenstuerzte?

    Aber das ist nicht der Punkt.

    «Der Verantwortungsethiker hat den Luxus des guten Gefühls nicht.»

    Doch, das gute Gefuehl stellt sich in der Hinsicht ein, dass er ueberzeugt ist, dass die Dinge nun mal so sind wie sie sind, es herrscht das Recht des Staerkeren und man muss sich damit abfinden. Andernfalls wird’s nur noch schlimmer.

    Nur, da ist nun wieder die Frage: Was macht man, wenn Terroristen ein vollbesetztes Flugzeug in ihre Gewalt gebracht haben und es zum Absturz ueber z.B. einer Massenverantaltung bringen wollen? Schiesst man das nun ab und opfert somit viele unschuldige Menschen, weil dann mit grosser Wahrscheinlichkeit wesentlich mehr gerettet werden koennten?

    Oder um bei den Kindern zu bleiben. Wuerde man im Extremfall ein eigenes Kind verhungern lassen, weil dann das Essen fuer die anderen vermutlich etwas laenger reichen wuerde?

    Um nochmal zurueck zum Thema zu kommen. Weil man ein System aufrechterhalten will (vielleicht auch, weil man weitsichtiger ist als das gemeine Volk), wird zur Abschreckung eine Minderheit diskriminiert, weggesperrt, gefoltert, ermordet… Ist das nicht Faschismus?

    • «Weil man ein System aufrechterhalten will (vielleicht auch, weil man weitsichtiger ist als das gemeine Volk), wird zur Abschreckung eine Minderheit diskriminiert, weggesperrt, gefoltert, ermordet… Ist das nicht Faschismus?»

      Es ist nicht schön, aber immer noch besser als Zustände wie zu Zeiten der Kulturrevolution oder in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nach 1990.

      Foltern muss man nicht, ermorden muss man auch nicht, aber heftige politische Opposition diskriminieren oder wegsperren, damit ein System nicht zusammenbricht, das kann leider notwendig sein.

      Und ja, es gibt moralische Dilemmata. Wenn man das nicht aushält, soll man sich nicht in eine Position drängen, in der man solche Entscheidungen unter Umständen treffen muss (denn keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung).

      • «Es ist nicht schön, aber immer noch besser als Zustände wie zu Zeiten der Kulturrevolution oder in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion nach 1990.»

        Bei den Nachfolgestaaten der SU muesste man mal die Leute dort vor Ort fragen – ob die das putin’sche System bevorzuegen wuerden. Manche sicher ja. Aber ist das auch die Mehrheit? (In der Ukraine scheint das ja nicht der Fall zu sein.)

        Haben Sie?

        Na und in China ist wohl alles besser als die Kulturrevolution von damals.

        «…aber heftige politische Opposition diskriminieren oder wegsperren…»

        Wer entscheidet das, was «heftig» ist? Und «nur» diskriminieren und wegsperren (wie lange?) ist es ja dann meistens auch nicht «nur».

        Reicht es schon aus, wenn man Uigure ist?

        https://www.tagesschau.de/investigativ/br-recherche/china-uiguren-internierungslager-101.html

        Falun Gong

        https://www.stern.de/politik/ausland/china–folter-und-organraub—menschen–die-meditieren–werden-getoetet-31706840.html

        Ja ich weiss, das koennte auch nur westliche Propaganda sein, die Quellen – auslaendische Agenten.

        Und in Israel ist alles sowieso noch viel schlimmer. (Aber die wollen auch nur, dass ihr System nicht zusammenbricht – und fuer die Juden die «dunkle Zeit» die sie lange und anderswo hatten und haben dort verhindern.)

        «Wenn man das nicht aushält, soll man sich nicht in eine Position drängen…»

        Yo, die Drecksarbeit machen andere gern – siehe Gustav Noske anno dazumal.

        Und bei den Nazis…Nee, erstmal Ende.

    • Hält der Westen nicht auch ein System aufrecht, indem er den Rest der Welt aussaugt? Und der eigenen Bevölkerung verkauft er es wie…?

      Offene Türen muss man nicht einreisen, man kann auch durchgehen. Herzlich willkommen.

      Ich wollt ja nur was nettes zu Gorbi sagen. Nikita seine Grabstätte ist schwarz-weiß, immerhin hat der mal nen Deal mit Kennedy gemacht.

      Unser Blogchef ist so ehrlich und sagt, wie er von Perestroika profitiert hat. Nun nicht in seiner Heimat oberhalb von Görlitz, oder? Ist das auch ein Preis, den man zahlen muss?

      • «Hält der Westen nicht auch ein System aufrecht, indem er den Rest der Welt aussaugt?»

        Klar, keine Frage, aber er kann das wenigstens gut verkaufen. Ich meine die meisten Leute in diesen Laendern akzeptieren das, solange der Rubel (Sorry, der Dollar/ Euro) rollt.

        Man koennte auch sagen, die denken realistisch und wissen, dass sie da mit linksgruenen Aktivismus nichts ausrichten koennen.

      • «Unser Blogchef ist so ehrlich und sagt, wie er von Perestroika profitiert hat. Nun nicht in seiner Heimat oberhalb von Görlitz, oder? Ist das auch ein Preis, den man zahlen muss?»

        Sagen wir so: Man musste sich entscheiden, ob man sein Potential anderswo realisieren wollte oder sich in der Heimat benachteiligen lassen wollte (schlechtere Bezahlung als Wessis mit gleicher Arbeit, das war ganz offiziell so, und geringere Aufstiegschancen).

        Ich wollte damals eben Karriere machen und fair behandelt werden und da kam Bleiben nicht in Frage.

        Mein Bruder musste mit einem abgeschlossenen Chemiestudium sogar gehen, um überhaupt einen Job zu bekommen, obwohl wir beide neben einem Chemiewerk aufgewachsen sind.

  2. Ein sehr schwieriges Thema mit Aktions-, Reaktions- und Folgengeflecht.
    Ich würde sagen, genau genommen kann man nur scheitern , wenn man von seiner eigenen Position ausgeht.
    Denn für viele dieser Fragestellungen gibt es keine richtige Antwort. Man kann von Fall zu Fall abwägen, aber Pest und Cholera sind eben keine echte Wahlmöglichkeit.
    Sicher hat izi recht, den chinesischen Laden stabil zusammenzuhalten verhinderte größeres Unheil. Das Mittel kann man nicht tolerieren.
    Gut, wenn man diese Entscheidung nicht treffen muß.
    Es gab wohl auch andere Möglichkeiten, die natürlich risikobelastet sind. Was daraus geworden wäre, wer weiß.
    Das heißt nicht, daß ich die Tat an sich gut heiße.
    Ich denke eher an Vorgeschichten, die zu solchen Situationen führen und vermieden werden müssen.
    Siehe Ukraine. Der Krieg hätte vermieden werden können. Man wollte wohl nicht.

    • «Siehe Ukraine. Der Krieg hätte vermieden werden können. Man wollte wohl nicht.»

      Wer nicht wollte ist offenbar!
      Und genauso offenbar ist, zumindest aus meiner Sicht, wer alles getan hat, um ihn zu vermeiden.

    • «Ich denke eher an Vorgeschichten, die zu solchen Situationen führen und vermieden werden müssen.»

      Ja, das ist die grosse Kunst in der Politik.

      Ich bin aber in kleinerem Rahmen in so einem Fall auch gescheitert. Man kann gar nicht so blöd denken, wie sich manche Leute verhalten – oder ich war zu naiv, mir das vorzustellen.

      • Es ist schwer, sich in alles und jedes hineinzudenken. Tatsächlich hat man es manchmal -oder auch öfter- mit Personen zu tun, die paradox reden bzw reagieren.
        Da kann jede Mühe umsonst sein.
        Wenn 2 mal 2 eben 5 ist, läuft so manche Argumentation ins Leere. Da hat man keine Chance.
        Insofern auch für Politiker ein leichtes Spiel. Wer die Rechnung bestätigt, wirkt glaubwürdig. Die Gegenrede, egal wie argumentiert wird, findet keine Zuhörer.

        Politik interessiert mich nicht, aber ich habe zu allem eine Meinung die unumstößlich ist.
        So könnte man es auch ausdrücken.

  3. Also jetzt erstmal nix mit Nazis…

    «Ich denke aber tatsächlich, dass Gorbatschow politisch falsch gehandelt hat und die chinesische Führung richtig.»

    Ich denke, dass Sie Ihr hehres Prinzip selbst nicht durchhalten (koennen).

    Dazu mal ein aktuelles Beispiel (es gaebe vermutl. viele, wo es nicht funktioniert): die Ukraine.

    Wenn ich mich nicht irre, haben Sie das Vorgehen der ukrain. Regierung(en) insbesondere seit 2014 gegen die beiden Separatistenrepubliken, ueberhaupt gegen die prorussische Minderheit (und es ist die Minderheit – oder?) immer missbilligt. Aber es dient doch auch, um die Ukraine zusammenzuhalten? Waere also auch richtig. Wo ist da der Unterschied zu China?

    Oder habe ich einen Denkfehler? Sie koennen mich gern korrigieren.

    Andere Frage. Finden Sie eigentlich es war auch richtig, dass die Sowjetunion damals die Volksaufstaende von 1953 (DDR), 1956 (Ungarn), bzw. Warschauer Pakt 1968 (Tschechoslowakei) niedergeschlagen hat?

    Und in welche philosophische Schublade koennte man Sie eigentlich stecken?

    • «Wenn ich mich nicht irre, haben Sie das Vorgehen der ukrain. Regierung(en) insbesondere seit 2014 gegen die beiden Separatistenrepubliken, ueberhaupt gegen die prorussische Minderheit (und es ist die Minderheit – oder?) immer missbilligt.»

      Ja, denn diese Problem hatte eine gewaltfreie Lösung. Die Leute im Osten haben ja ursprünglich nur eine föderale Struktur der Ukraine verlangt.

      • «Ja, denn diese Problem hatte eine gewaltfreie Lösung.»

        Vermutlich. So denke ich ja auch.

        Aber der Untergang der DDR 1989 hatte sogar erwiesen eine gewaltfreie Loesung. (Unabhaengig dem danach. Dass z.B. halt nicht jeder Karriere machen konnte oder wollte.)

        Warum war also Gorbis Handeln dsbzgl. falsch?

  4. «Gesinnungsethik/Verantwortungsethik»

    Bisher dachte ich ja, die Begriffe sind auf Ihrem eigenen Mist gewachsen (Nachteil, wenn man sich in Philosophie nicht auskennt), weil auch Links fehlen. Aber tatsaechlich geht diese Idee der Verantwortungsethik lt. Wiki als Gegenpol zur Gesinnungs~ von Max Weber aus.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Verantwortungsethik

    Nichtsdestotrotz glaube ich, dass Sie den Begriff ganz schoen ueberdehnen, wenn Sie damit Gewalttaten von staatl Seite innerhalb ihrer Grenzen rechtfertigen wollen, veruebt an Leuten, die nichts weiter getan haben, ausser sich lautstark gegen – aus ihrer Sicht – Missstaende zu aeussern und vielleicht auch das gegenwaertige System zu kritisieren und event. auch in Frage zu stellen. Selbst wenn man Opposition «nur» diskriminiert und wegsperrt, hat das m.M.n. mit Ethik rein gar nichts mehr zu tun. (Ich spreche nicht von den Gewalttaetern, die es bei solchen «friedl.» Aufstaenden leider eben auch gibt.)

    «Wenn man das nicht aushält, soll man sich nicht in eine Position drängen, in der man solche Entscheidungen unter Umständen treffen muss.»

    Klingt fuer mich wie: «Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass»

    (Fortsetzung folgt 😉 )

    • Der Punkt ist, dass eine gewaltsame Revolution in einem Land mit einer Milliarde Menschen so zerstörerische gewesen wäre, dass es richtig war, sie im Keim zu ersticken.

      Es gab auch nicht die Möglichkeit, auf die Forderungen der Studenten einzugehen.

      • Nee, der Punkt ist, dass es *d**t*sch ist, zu glauben man koenne ein System (zumal mit 1 Mrd. Menschen) mit aller Gewalt zusammenhalten. Hat in der Geschichte auch mit kleinerer Bevoelkerung nicht ewig funktioniert.

        Ehrlich gesagt: Ich verstehe das bei Ihnen nicht. Bin schon etwas erschrocken bzgl. der beiden «Provokationen»…

        Egal. Jetzt ist erstmal Wochenende.

        • «Hat in der Geschichte auch mit kleinerer Bevoelkerung nicht ewig funktioniert.»

          In China sind 25 Jahre vergangen, eine ganze Generation. Das Land ist stabil geblieben und hat Wohlstand erlangt.

          Ewig gibt es nicht. China ist derzeit jedenfalls stabiler als irgendeine der westlichen Demokratien.

            • Diesen Vergleich halte ich für schief. Die DDR war wirtschaftlich immer im Rückstand im Vergleich zur BRD. China ist jetzt hochmodern und zum Beispiel ist die westliche Autoindustrie nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber der chinesischen.

              Und von politischer Stabilität kann man derzeit nicht sprechen in: den USA, Deutschland, Frankreich und Grossbritannien.

              • Ganz so schief wuerde ich das zwar nicht sehen… aber stimmt schon, die Leute haben hinter vorgehaltener Hand auch gemurrt, dass es viele Konsumprodukte, die in der BRD selbstverstaendlich waren, hier nicht gab oder wenn, dann nur zum unverschaemten Preis. Oder eben ueberhaupt die Mangelwirtschaft.

                Dennoch ging es zu meinen Lebzeiten ab Ende der Sechziger (oder bewusst wahrgenommen ab Ende der Siebziger) wenn auch nicht mit grossem Sprung, aber doch stetig bergauf.

                Also, dass da jetzt bald die Revolution ausbricht, davon war auch ’87 ( 750 Jahre Berlin, 781 Jahre Dresden) oder ’88 noch nichts zu spueren – meiner Meinung noch. (Gut moeglich, dass ich das auch verschlafen habe.) Und ja, vielleicht war die Ursache, dass man kritische Geister gleich eingesperrt oder ausgebuergert hatte.

                Insofern, haette Gorbi 1989 dazwischen gefunkt, haetten wir die DDR vermutlich heute noch.

                Und Sie haetten event. Karriere in der Armee gemacht, haetten vielleicht sogar entscheiden muessen, dass man doch lieber eine Handgranate auf mit der weissen Fahne wedelnde Feinde wirft, um jedes Risiko auszuschliessen…

                Haette, waere, wenn…

                Zu China nochmal kurz. Ich habe nichts gegen das Land, die Fortschritte – auch in Bezug auf die Armutsbekaempfung – die in den letzten Jahrzehnten gemacht worden, sind tatsaechlich enorm.

                Nur dann lese ich wieder den Bericht von AI (zugegeben auch nicht unbedingt die beste Quelle, aber wo findet man schon gute Quellen, denen man wirklich vertrauen kann…):

                https://www.amnesty.ch/de/ueber-amnesty/publikationen/amnesty-report/jahre/2023/laenderbericht-china

                • «Also, dass da jetzt bald die Revolution ausbricht, davon war auch ’87 ( 750 Jahre Berlin, 781 Jahre Dresden) oder ’88 noch nichts zu spueren – meiner Meinung noch. »

                  1986 waren Depeche Mode zum FDJ-Geburtstag. Wer wäre da nicht gerne hingegangen?
                  1987 kamen so Helden und Musiker wie Maffay oder Rainbirds zur DDR-Jugend nach Berlin. 1988 war Bruce Springsteen da und die halbe DDR-Jugend vor Ort. Ich würde sagen, ab da war für die Jugend Schluss mit DDR. Es war jedenfalls nicht mehr zu übersehen…und das hatte nichts mit Konsum zu tun. Sondern mit dem Fuß abstimmen.

                  • Also doch verschlafen 😉

                    Die Konzerte hatte ich mir allerdings schon, d.h. damals auf ORWO-Kassette aufgenommen.

                    In meinem Dorf ging aber alles noch seinen sozialistischen Gang (obwohl nicht weit von der grossen Stadt).

                    Erst Sommer ’89 – Nachbarn, teils juenger als ich, hauten ploetzlich nach Ungarn ab…

                    Tja, der Victor damals… wie haste dich veraendert.

                    https://www.nzz.ch/feuilleton/mein-orban-seine-rede-auf-dem-budapester-heldenplatz-von-1989-ld.1485265

                    • Meine Oma brachte mir so 86 ne Bravo mit. Die BumBumBoris-Seite habe ich gleich mal in Geld umgewandelt. Vom Bananarama-Poster träume ich immer noch, wenn sie im Radio laufen. Im Plattenteil wurde eine EP besprochen, von einem Phillip Boa and the Voodooclub. Wer nennt sich so? Der Name der Band war so cool, jetzt musste nur die Musik noch irgendwo her kommen. Und die war cool. Auf HR3 begann damals Klaus Walter mit *Der Ball ist rund*. Pflichtsendung am Montag. Irgendwo gab es die JohnPeelSeesions der BBC. Und Lutz Bertram begann mit dem Parocktikum. 6 Wochen vor Mauerfall der DDR gab BOA wohl das größte Konzert seines Lebens in der Werner Seelenbinderhalle in Berlin-Ost. Den Bootleeg habe ich, war aber irgendwo in der Zittauer Pampa im Objekt. Hat man dann später nachgeholt. Ich werd alt.

                    • Aus meiner Sicht spitzte sich das auch erst 1989 zu. Die Kommunalwahl im Mai war deutlich sichtbar gefälscht. Dann die Ausreisewelle. Anfang September war mir klar, dass es eine Art Wende geben würde. Ich dachte damals aber noch, es würde nun Glasnost und Perestroike in der DDR geben.

                    • Ich hatte mir auch irgendwann Mitte der Achtziger in Polen eine Bravo fuer 20 (Ost)Mark auf einem Markt gekauft. Und spaeter dann in der DDR auf einem Flohmarkt das «Bochum»-Album von Groenemeyer fuer 120 Mark.

                      Lutz Bertram von DT64 fand ich immer cool. War dann spaeter aber auch irgendwas, glaube.

                    • Bochum gab es ab 89 für laue 16.10 DDR-Mark. Da haben Sie zu früh zugegriffen.

                      Sieht man mal vom Boot ab, auch nicht mein Fall, so wie…

                    • DT64

                      Ja, das war Lutz Schramm. Und dann gab’s noch Marion Brasch. Wg. ihrer tragischen Familiengeschichte hat man den Namen vielleicht auch schon mal irgendwann in den westl. Bundeslaendern gehoert.

                      Ansonsten: Nachher ist man immer schlauer (oder man glaubt es zumindest, wie man hier sieht). Und ausserdem – Was soll das? Mir gefaellt nun mal das Gejaule 😉

                      Und nach der Wende dann Rex Joswig (Grenzpunkt 0). Ist uebigens auch auf die westl. Propaganda vom «Massaker» auf dem Tian’anmen-Platz hereingefallen und konnte anscheinend auch nicht verantwortungsethisch denken. Jedenfalls wurde seiner Band «Herbst in Peking» im Juli 1989 die Auftrittserlaubnis entzogen, nachdem der kurz zuvor zu einer Schweigeminute für die Opfer dieses «Aufstands» aufgerufen hatte. (lt. wiki)

                    • Ich habe kein Problem mit Gejaule, ich bin aber mein eigener guter Musikgeschmack. Ist mir auch bewusst, das dies für andere Leute Gejaule ist))) Also ich find ihren Geschmack gut.

                      Merkwürdig ist, das gute Texte nie von Musikern in der DDR geschrieben wurden. Also halt bei einigen großen DDR-Rock-Pop-Hits.
                      Selbst Tamara musste bei Karma oder Gundermann Hilfe suchen.

                      Als DT64 im All entschwand, habe ich den Sender nicht mehr gehört. und Antenne Thüringen auch nicht, die bekamen hier die Frequenz.

                      Marushja, die TekknoQueen äußerte sich später als Bewunderin von Merkel.

                      Marion Brasch ist mir ein Begriff, ich habe sogar ihre Biografie mit den Brüdern. Immerhin war sie es als Erste, die mir als Hörer «Damals hintern Mond» von EoC ins Radio brachte.

                      Es gab mal so um 93rum große Solidaritätskonzerte, Solingen. Mit dabei, was Rang und Namen in der deutschen Rock-Pop-Szene hatte. Man sagte mir hintenrum, das es den Künstlern hinter der Bühne nur um die Reihenfolge der Auftritte ging. Herr BOA sagte dazu, das tue ich mir nicht an.

                      Wenn ich mich zurücksehne:

                      https://www.bpb.de/mediathek/video/264590/fluestern-und-schreien/

                      Oder das Buch: Wir wollen immer artig sein))) – als in Steinbrücken das Finanzamt kam und der Sozialismus ausbrach, weil kein Geld auf dem Festival umging.

                    • Ich hätte im September (1989) eine Freikarte für ein Pankow-Konzert bekommen können, weil der FDJ-Sekretär der Chemie an der TU Dresden solche an Leute vergeben hat, die bereit gewesen wären «Buh» zu rufen, wenn die einen Aufruf von verlesen.

                      Da ich nicht «Buh» rufen wollte, habe ich sie nicht genommen. Ein Freund meinte: «Schön doof», ich hätte sie nehmen sollen, ohne dann «Buh» zu rufen.

                    • Ja, da kann ich Ihrem Freund nur beipflichten.

                      Allerdings, weiss nicht, ob da Leute auf Sie und die anderen (falls es mehrere Karten zu verteilen gab) angesetzt waeren worden.

                    • «Merkwürdig ist, das gute Texte nie von Musikern in der DDR geschrieben wurden. Also halt bei einigen großen DDR-Rock-Pop-Hits.
                      Selbst Tamara musste bei Karma oder Gundermann Hilfe suchen.»

                      Aber die haben dann Tamara Texte auf den Leib geschrieben. Es ist eben nicht das gleiche Talent. Einige wenige können Beides. Im internationalen Musikgeschäft hat man dann auch gern mal die Kombination von guter Musik und unterirdischem Text (wie bei vielen Opern-Libretti ja auch).

                      Citys «Am Fenster» hatte einen Text von einer Dichterin und deshalb sind Musik und Text gut.

                      City hat das beibehalten. «Die Sonne, die Sterne» ist zum Beispiel von Alfred Roesler-Kleint. Und Toni Krahl auf den Leib geschrieben.

                    • «Allerdings, weiss nicht, ob da Leute auf Sie und die anderen (falls es mehrere Karten zu verteilen gab) angesetzt waeren worden.»

                      Das hat mich zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr interessiert. Es stand zwar wirklich auf der Kippe (aus einem Studienjahr über mir hat eine Studentin nach einer Demonstration eine Nacht in Bautzen verbracht), aber Angst hatte ich eher um die blutrote Kommilitonin aus meinem Studienjahr, die glaubte, am 7. Oktober 1989 bei der offiziellen Jubeldemonstration mitmachen zu müssen. Die ist dann aber auch ganz gut über die Runden gekommen und hat nach Wende und Chemiestudium ein Fitnesstudio aufgemacht.

                    • «Das hat mich zu dem Zeitpunkt schon nicht mehr interessiert.»

                      Ja, das glaube ich schon.

                      Sie ziehen zwar hier im Beitrag aus einer grundsaetzlich richtigen Ueberlegung fuer mich verstoerende Schluesse, die ich ueberhaupt nicht teile – aber dass Sie grundehrlich sind, wuerde ich schon denken.

                    • «aus einer grundsaetzlich richtigen Ueberlegung fuer mich verstoerende Schluesse»

                      Das ist der Punkt. Durch Gesinnungsethik vermeidet man die verstörenden Schlüsse. Aber was, wenn die Welt so strukturiert ist, dass ohne verstörende Schlüsse und Aktionen die Dinge schlechter ausgehen?

                    • Aber was, wenn Sie sich geirrt haben?

                      So oder so, Sie koennen es gar nicht wissen, weil Sie den direkten Vergleich gar nicht haben, max. aehnliche Beispiele.

                      Man kann den Leuten Fleisch verbieten oder die zwingen eine Maske zu tragen (aus bekannten zweifelhaften Gruenden). Das wird die (normalerweise) nicht umbringen. Man kann aber Leute nicht wegsperren oder schlimmeres, weil die eine andere Meinung haben – wegen eines hoeheren Zwecks.

                      Wenn das System andernfalls auseinander bricht, liegt der Fehler im System und nicht bei den paar Andersdenkenden.

                      Ich bleibe dabei: Das Verhalten der chin. Regierung auf dem «Platz des Himml. Friedens» war 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 richtig.

                      Period.

                    • «Man kann aber Leute nicht wegsperren oder schlimmeres, weil die eine andere Meinung haben – wegen eines hoeheren Zwecks.»

                      Weil die eine andere Meinung haben natürlich nicht. Aber wenn die als Minderheit eine Systemänderung erzwingen, also an die Macht wollen, dann schon.

                      «Wenn das System andernfalls auseinander bricht, liegt der Fehler im System und nicht bei den paar Andersdenkenden.»

                      Ich wäre aber nicht bereit, in einem Land mit einer Milliarde Leute einen unkontrollierten Systemzusammenbruch zu riskieren, nur weil eine Minderheit mehr «Freiheit» will.

                      Wo würden da die Interessen der Mehrheit bleiben, die mit dem stabilisierten System nach 1989 offenbar sehr gut bedient war?

                    • «So oder so, Sie koennen es gar nicht wissen»

                      Das ist zwar richtig, aber so oder so hätte ich in dieser Situation eine Entscheidung treffen müssen, wenn ich die Macht in China gehabt hätte.

                      Beide möglichen grundsätzlichen Entscheidungen und jedes detaillierte Vorgehen hätte dramatische Folgen haben können (auch ein paar Tage oder Wochen Nichtstun). Ob ich mit meinen heutigen Einsichten und der Information, die der chinesischen Führung vorlag, so entschieden hätte, wie die damals entschieden haben, weiss ich auch nicht.

                      Aber mit 35 Jahren Abstand betrachtet, ist es aus meiner Sicht so, dass angesichts der brisanten Situation und der Grösse des Landes die Opferzahl gering war und die weitere Entwicklung vorteilhaft.

                    • Könnte natürlich auch sein, das Ausbleiben einer mehrheitsfähigen Opposition liegt keinerwegs im Einverständnis mit den aktuellen Verhältnissen, sondern in der Angst vor einem Überwachungsstaat, der inzwischen offenbar lückenlos mithört, mitliest und mitsieht. Von Gesichtserkennung über Kreditkarten-Scanning bis Imternet-Überwchung ist ein individuelles profiling flächendeckend.

                      Die Sicherung der eigenen Macht hat oberste Priorität, das System ist hierbei lediglich ein hinreichnd nützliches Werkzeug – und die Bevölkerung ist eben ein Risiko, welches permanent zu kontrollieren ist.

                      Wer immer solche Strukturen als Zukunftsmodell erkennen mag, der wird Gründe haben, dieses zu tun. Meine Gründe sind das aber nicht.

                    • @izi

                      «Aber wenn die als Minderheit eine Systemänderung erzwingen, also an die Macht wollen, dann schon.»

                      Aber wenn das chin. System vor besagtem Aufstand stabil war, wie kann da ein leichtes Lueftchen (wieviel Nullen Abweichler nach dem Komma prozentual bei einer Mrd. Menschen war’ns denn?) eben jenes System zusammenstuerzen lassen?

                      Nun ja, dass ist nun mal das Wesen der Demokratie [griech.: Herrschaft des Volkes], dass jede Partei an die Macht will.

                      Und China bezeichnet sich doch immer noch als Volksrepublik – oder?

                    • «Wer immer solche Strukturen als Zukunftsmodell erkennen mag, der wird Gründe haben, dieses zu tun. Meine Gründe sind das aber nicht.»

                      Ach was. Alle Machtsysteme tun das. Operation Gladio zur Zeit des Kalten Kriegs. Fichen-Skandal in der Schweiz.

                      Das fällt alles nicht auf, so lange das System stabil ist. Wird es instabil und die Systemopposition stärker, dann werden die Methoden brutaler (Vorgehen gegen RAF-«Sympathisanten» in der BRD, siehe Westernhagens «Grüss mir die Genossen» oder mit Bezug auf die «freie Presse» Bölls «Die verlorene Ehre der Katharina Blum»). Derzeit werden Mitglieder einer zugelassenen und im Bundestag vertretenen Partei aus Aemtern gedrängt.

                      Machtsysteme weisen ein universelles Verhalten auf. Als die Sowjetunion eine Zeit lang sehr stabil war, war dort bezüglich der politischen Verfolgung auch Tauwetter.

                    • «wie kann da ein leichtes Lueftchen (wieviel Nullen Abweichler nach dem Komma prozentual bei einer Mrd. Menschen war’ns denn?) eben jenes System zusammenstuerzen lassen?»

                      Es ist immer eine laute Minderheit, die eine Revolution macht.

                      Die einen verteidigen die Macht der Partei, die anderen nennen solches Vorgehen «wehrhafte Demokratie». Das Konzept der «wehrhaften Demokratie» ist es ja bei Licht besehen auch, die Demokratie vor dem Volk zu schützen.

                      Es gibt kein Machtsystem, das in Krisen stabil bleibt, ohne zu unterdrücken.

                    • «Könnte natürlich auch sein, das Ausbleiben einer mehrheitsfähigen Opposition liegt…in der Angst vor einem Überwachungsstaat…»

                      Yo, der Gedanke liegt doch ziemlich nahe. Aber ich will mich jetzt nicht noch mehr aus dem Fenster lehnen. Ich war noch nie in China, kenne also die Mentalitaet der Menschen dort nicht und sowieso weiss ich nur paar Eckdaten.

                    • ** Alle Machtsysteme tun das in mir wächst der Verdacht, dass es Zusammenhänge gibt, die Sie akribisch hinterfragen, während Sie andre leichtfertig durchwinken … kann das sein ??? Bei allem gerechtfertigten Respekt natürlich.) . Und wozu wird eine Gesellschaft überwacht, die – wie Sie schreiben – an Leib und Seele zufrieden ist ?

                      Aber Sie haben recht. Ich mag China nicht, das hat sicher auch mit persönlichen Erlebnissen zu tun. Und dann hatten wir (noch bei RAI uno) mal einen Bericht über chinesische Heiratsmärkte gesehen, später gab es auch einen (gleichlautenden) Bericht im SPIEGEL. Ich denke, ich hätte in China sehr reich werden können, aber ich hätte dabei das Lachen verlernt.

                      Und was ist es wert, unb3eschwert lachen zu können ? Das ist der Punkt, den ich asiatischen Philosophien vorwerfe, Lebensfreude ist kein Faktor (Tassen hoch auf Martin Luther) 😊.

                      Das war auch (mit) ein Grund, weshalb wir aus Deutschland weggezogen sind. Deutschland hat seine Unbeschwertheit verloren, wenn nicht sogar selbst geopfert. Im Pessimismus liegt das Heil, so wird verkündet, und die moralisierende Belehrung ist zum Werkzeug der Macht geworden, zu knechten jedes Lachen und zu binden jeden anderen Gedanken.

                      Denn ich verstehe einen Staat nicht als Machtsystem (diesen Ausdruck verwenden Sie wiederholt), sondern als gesellschaftliches Steuerungs-System. Weil der Unterschied zwischen ‚Recht‘ und ‚Macht‘ ist der Unterschied zwischen ‚leben‘ und ‚gelebt zu werden‘.

                    • Da hat es eben den Anfang des Textes verschluckt. Den Anfang also nochmal.

                      ** Alle Machtsysteme tun das in mir wächst der Verdacht, dass es Zusammenhänge gibt, die Sie akribisch hinterfragen, während Sie andre leichtfertig durchwinken … kann das sein ??? Bei allem gerechtfertigten Respekt natürlich.) .Und wozu wird eine Gesellschaft überwacht, die – wie Sie schreiben – an Leib und Seele zufrieden ist ?

                    • Nochmal
                      ** Alle Machtsysteme tun das **

                      Also ich finde, da relativieren Sie unangemessen. Die Reaktionen der BRD in den 70-er Jahren waren Reaktionen auf Terroranschläge der RAF, das kann mit einer projektierten und systemisch ausgerollten Überwachung nicht verglichen werden (-> in mir wächst der Verdacht, dass es Zusammenhänge gibt, die Sie akribisch hinterfragen, während Sie andre leichtfertig durchwinken … kann das sein ??? Bei allem gerechtfertigten Respekt natürlich.) . Und wozu wird eine Gesellschaft überwacht, die – wie Sie schreiben – an Leib und Seele zufrieden ist ?

                    • «Also ich finde, da relativieren Sie unangemessen. Die Reaktionen der BRD in den 70-er Jahren waren Reaktionen auf Terroranschläge der RAF»

                      Vorher gab es das KPD-Verbot und hinterher Berufsverbote im öffentlichen Dienst gegen Leute, die sich in der Friedensbewegung gegen den NATO-Doppelbeschluss engagiert haben- Zuletzt sind Leute entlassen worden, die sich gegen die Corona-Politik gestellt haben.

                • Ich war Offizier auf Zeit und die Zeit endete im August 1988. Insofern hätte ich auch ohne Wende gewiss keine militärische Karriere gemacht.

                  Der chinesische Staat geht mit Oppositionellen nicht nach unseren Vorstellungen um. Das gilt allerdings für die meisten Staaten in der Weltgeschichte. Und wenn die USA sich bedroht fühlen – Guantanamo.

                    • Bei Informatik hätten sie dann wirklich ganz geheim danach am kalten Krieg teilgenommen.

                      89 haben Teile unserer Informatikwuschstudenten den Studiumschein für 90 in der Tasche gehabt, nach einem Jahr Grundausbildung. Das war dann wohl dem Fachkräftemangel in der DDR geschuldet.

                  • Offizier auf Zeit bis 1988. Ja, ich weiss – und wie ich gerade gelesen, wollten Sie danach nicht mehr.

                    Aber nehmen wir mal an, es haette Gorbi nie gegeben und der Kalte Krieg waere zu einem heissen eskaliert, dann haetten die natuerlich alle wehrfaehigen Maenner eingezogen, aber Sie mit Ihrer Qualifikation haetten da garantiert auch eine Truppe (oder wie man das nennt) geleitet.

                    «Und wenn die USA sich bedroht fühlen – Guantanamo.»

                    Klar, keine Frage – das machen alle so. Aber ist doch nicht deswegen gleich richtig, weder bei dem einen noch dem anderen.

                • Mein Eindruck damals war – nicht daß ich mir es gewünscht hätte – wieso schlägt man den Aufstand nicht nieder?
                  Ich habe vermutet, es muß einen Befehl von ganz oben geben, die russischen Soldaten bleiben in den Kasernen und schauen zu.
                  Hm, bei diesem Satz frage ich mich: Wäre das umgekehrt im Westen auch der Fall gewesen?

                  Die DDR Führung hätte auch mehr unternehmen können. Vielleicht gab es Signale aus Moskau, «wir stützen euch nicht mehr».

                  Ich hatte die Vorstellung, die DDR reformiert sich als 2. deutscher Staat. Später viell. die Zusammenführung. Da ich die Politik hier kannte wußte ich aber, man wird das nicht zulassen und die Gelegenheit nutzen zu einem Anschluß.
                  Daher mußte alles schnell gehen, bevor einer Zeit zum Nachdenken hat.
                  Der Konsum war sicher die treibende Kraft bei der Masse. Die Meinungsführer und die ersten Demonstranten waren eine Minderheit die den Stein zum Rollen brachten.
                  Das Westbild war ja auch verzerrt und sollte seine Wirkung nicht verfehlen. Es gab schließlich Interessen im Westen.
                  Ich habe zu Anfang schon bemerkt, wie schief das ganze lief. Die Informationen die ich hatte, von Firmen bzw Personen die privat oder geschäftlich häufig in der DDR und danach waren.
                  Das war zwar zu vermuten, hatte dann doch eine recht ausufernde Dimension. Eine gewisse Goldgräberstimmung brach aus.

                  • «Die DDR Führung hätte auch mehr unternehmen können.»

                    Es war wirklich eine revolutionäre Situation nach der Leninschen Definition.

                    Die Beherrschten wollten nicht mehr so weiter. Und die Herrschenden konnten nicht mehr so weiter.

                    Im Sommer 1989 habe ich von meinem Vater gehört, dass sich für 1990 kein Volkswirtschaftsplan aufstellen liess, der aufging. Das ist halt das Ende einer Planwirtschaft.

                    Die Stasi wusste das natürlich auch. Man stellt sich schon die Frage, wie hart man vorgeht, wenn man keinen Plan dafür hat, wie es weitergehen soll.

                • Sorry, unpraezise ausgedrueckt:

                  Nun ja, dass ist nun mal das Wesen der Demokratie…,dass jede «Partei» (ist ja erstmal eine Minderheit) versucht Mehrheiten zu gewinnen, um an die Macht zu gelangen bzw. sich wenigstens daran zu beteiligen, um mitzugestalten.

                  • «jede «Partei» (ist ja erstmal eine Minderheit) versucht Mehrheiten zu gewinnen, um an die Macht zu gelangen»

                    Sicher. Aber doch nicht auf der Strasse.

                    In einer repräsentativen Parteiendemokratie muss man dafür um Wähler werben und im chinesischen System muss man eben innerhalb der Partei für seine Position werben.

                    Hier wie dort wird Systemopposition unterdrückt. Um die Macht können Sie innerhalb des Systems und nach den Regeln des Systems kämpfen, aber nirgends dürfen Sie das System als solches in Frage stellen.

                    • «Sicher. Aber doch nicht auf der Strasse.»

                      Doch, schon. Sonst waere Wahlkampf ueberfluessig.

                      «Hier wie dort wird Systemopposition unterdrückt.»

                      Das ist wohl korrekt. Bei den einen gibt’s was auf die Nase und bei den anderen die Todesstrafe.

                      Aber mal im Ernst (Gesinnungstest!): Sie finden das hier wie dort richtig?

                    • Wahlkampf und friedliche Demonstrationen sind völlig in Ordnung. Aber eine Aenderung der Machtverhältnisse direkt auf der Strasse erreichen zu wollen, das in der Regel nicht. Dafür müssen die Verhältnisse unerträglich sein, was sie in China 1989 sicherlich nicht waren.

                      «Aber mal im Ernst (Gesinnungstest!): Sie finden das hier wie dort richtig?»

                      Das kommt auf die Situation an. Es ist wichtig, dass die Herrschenden kritisiert werden können und dass solche Kritik auch stattfindet. Aber wenn jemand versucht, ausserhalb der bestehenden Rechtsordnung die Machtverhältnisse zu ändern, dann ist eine Unterdrückung dieses Versuchs legitim und oft auch ethisch gerechtfertigt – wegen der gravierenden Konsequenzen eines ungesetzlichen Umsturzes für die unbeteiligte Mehrheit der Bevölkerung.

                • @sandra

                  «Denn ich verstehe einen Staat nicht als Machtsystem»

                  Ein Staat ist ein Machtsystem. Das folgt schon daraus, dass er ein Gewaltmonopol beansprucht. Das ist auch von Vorteil, denn wo ein Staat sein Gewaltmonopol nicht durchsetzen kann, geht es den Schwächsten schlecht.

                  Dass Sie kein Machtsystem wollen, ist natürlich möglich. Es ändert aber nichts am Charakter des Staates – jedes Staates, in dem Sie leben.

            • Wie lange gibt es die DDR nicht mehr? Und doch begleitet sie unsere Grenze in allen möglichen Untersuchungen zu Kultur, Wirtschaft, Eigentum etc.

              Wie alt ist China? Jedenfalls älter als Marco Polo’s Reisen.

  5. Bin wieder zurück war wegen Notfall im KH.
    Not OP, war etwas knapp.
    Hoffe es hat funktioniert, in einigen Wochen nochmal unters Messer.

    Ja, mit drastischen und weitreichenden Entscheidungen ist es so eine Sache. Riskiere ich 10 um 100 evtl. zu retten?
    Izi hat insofern recht, brechen große Gesellschaften zusammen folgt meist Krieg zwischen den Bruchstücken oder sonstige drastische Verwerfungen.
    Die angesprochenen Reaktionen sind allerdings auch nicht zu rechtfertigen.
    Ich gehe davon aus, man hätte Lösungen finden müssen um eine solche Reaktion zu vermeiden. Schwierig bis unmöglich? Kann sein.
    Ich glaube, solche Fragestellungen gibt es schon sehr lange und eine eindeutige Antwort ist wohl kaum zu treffen.
    Ich tendiere zur gewaltfreien Lösung.
    Hoffentlich fragt keiner, wie die hätte aussehen können.

      • Danke nerazzurra.

        Die «Rechnung» von izi hat schon etwas bestechend logisches. Danach hätte er recht.
        Aber es stehen gewisse Werte dagegen die nicht leicht wiegen.
        Viele Leute zu töten um des «höheren Zwecks» wegen, ist nicht nur direkt ein Problem. Es kann auch zu einer Verrohung der Gesellschaft und der Machthaber führen.
        Diese Tötungen wären Willkür und im Einzelfall nicht zu rechtfertigen.
        Man könnte nicht einmal verbindlich sagen, man hätte größeres Unheil damit verhindert.
        Die Problematik sehe ich natürlich, in Russland wie in China. Oder Indien.
        Es gibt einen gewissen Druck, die Läden zusammenzuhalten.
        Ich möchte eben nicht akzeptieren, daß es keine anderen Möglichkeiten gibt. Ich kann falsch liegen, möchte aber von dieser Meinung nicht abrücken. Vielleicht auch, weil es einer Niederlage gleichkäme in Bezug auf Konfliktlösungen.
        Aber auch, weil häufig eine gute Lösung erst gar nicht gesucht wird.

        • «Aber auch, weil häufig eine gute Lösung erst gar nicht gesucht wird.»

          Die chinesische Führung war im Vorfeld uneinig, wie weit man den Demonstranten entgegenkommen sollte. Dadurch schwoll das immer mehr an, bis die Situation kritisch wurde.

          Auf dem Tianamen-Platz selbst gab es übrigens kein Massaker. Der wurde geräumt, mit einem Militäreinsatz, aber es wurde dort nicht auf Menschen geschossen. Das war nur eine Behauptung westlicher Journalisten, die inzwischen als unzweifelhaft falsch erkannt wurde.

          Es gab anderenorts in Peking Tote, sowohl unter Soldaten als auch unter der Opposition. Nur ist eben nicht klar, von welcher Seite die tödliche Gewalt zuerst ausging.

          • Hab nochmal reingespechtet. Spannendes Thama, dachte ich, mal reinlesen.
            Leider schnell abgeflacht, schade.

            Nach europäischem Maßstab ist jede Ethikform als Auftrag zur Eigenverantwortung gedacht, und als solches zu verstehen, zu bergeifen und zu leben.

            Mit diesem Verständnis nach China zu blicken ist zwar naheliegend, aber eben schräg. China lehrt seit ewigen Zeiten eine Ethik des Konfuzianismus, der den europäischen Idealen nur bedingt entspricht. Die europ. Denker stellten Vernunft und Verantwortung in den Vordergrund (hier sind sich Kant und Luther viel näher, als zugegeben wird), der Konfuzianismus beruht auf Harmonie im Sinne von innerer Ruhe und äußerer O
            rdnung.

            Letzteres ist natürlich lecker Brot für jede autoritäre Denkweise, was von chinesischen Autokraten jeder beliebigen Staatsform auch immer betont wurde.

            Von daher ist China schwerlich mit abendländischen Maßstäben zu messen,was allerdings nicht bedeuten kann, China zu glorifizieren. Menschenverachtung im Kontext staatlicher Gewalt ist auch im Konfuizanismus keine ethische Größe, im realen China aber vom Regime legitimierter Bestandteil der Staatsethik.

            Auch in Peking dominiert der persönliche Machterhalt als oberste Priorität, der Tianamen-Platz ist dabei ein zeitloses Symbol. Und wer bahauptet, auf diesem Platz sei nicht geschossen worden, der sollte erwähnen, dass auf anderen Plätzen sehr wohl geschossen wurde, zumindest nach Angaben von AI. Ethik ernst genommen, hätte diesen zweiten Halbsatz nicht verschwiegen.

            Da wiederum gleichen sich Morgen- und Abendland, es wird viel geredet und geklagt über Missachtung jeglicher Ethik, vor allem bei anderen – sich selbst hat man dabei weniger im Blick. Dabei besteht der Auftrag jeder Ethik in der Selbstreflektion und nicht im missionarischen Eifer.

            • «Und wer bahauptet, auf diesem Platz sei nicht geschossen worden, der sollte erwähnen, dass auf anderen Plätzen sehr wohl geschossen wurde…»

              Hatter.

              «Es gab anderenorts in Peking Tote…»

              Zumindest wuerde ich das so verstehen.

              Gruessen Sie mir den Hoellenhund 😉

                  • Na ja, war nun wirklich nur Publizistik und kein geisteswissenschaftlicher Text über Ethik im Allgemeinen.

                    Das Problem ist, dass die geisteswissenschaftlichen Texte niemand liest – aus meiner Sicht bei den meisten modernen Texten dieser Art auch völlig zu Recht.

                    • Na ja, glaube eher nicht, dass sie das meint. Da ging es ja im Prinzip nur darum, dass Sie nochmal ausfuehrlich begruenden, warum Sie im anderen Beitrag diese beiden «Provokationen» losgelassen hatten. (Steht ja auch in der Einleitung.)

                      Denke da eher, sie hatte da in den Kommentaren eine Ethik-Diskussion erwartet.

                      Vielleicht meldet sie sich ja nochmal. (Wuerde mich schon interessieren.)

                      Und was Geisteswissenschaften betrifft:

                      «Ich sollte mir überlegen, ob ich studiere, um irgendwann viel Geld zu verdienen und coole Urlaube machen zu können, oder ob mich noch andere Fragen interessieren.»

                      https://www.spiegel.de/start/geisteswissenschaften-warum-germanistik-und-philosophie-relevant-sind-und-wer-es-studieren-sollte-a-a8bd0cb1-d5fa-4631-9698-b4b69aab5d06

                      Klar, bei Ihnen geht auch so beides.

                    • Frau Griem argumentiert (zum Beispiel), der Ukarine-Krieg habe uns vor Augen geführt, dass es (in Deutschland) zu wenig Osteuropa-Expertise gebe. Deswegen sollten mehr Leute entlegene Sprachen studieren.

                      Nee. Das ist völlig an den Haaren herbeigezogen. Politiker sind nur nicht bereit, die vorhandene Expertise zu nutzen. Um richtige Entscheidungen bezüglich eines solchen Krieges treffen zu können, braucht man auch keine Detailkenntnisse, die ein Slawistik-Studium erfordern.

                      Gute Geistes- und Sozialwissenschaften würde es dennoch heute dringend brauchen. Die erfordern aber klares, vorurteilsfreies Denken. In zu vielen Fällen lehren die Dozierenden dieser Fächer aber Meinungen, nicht ergebnisoffenes Herangehen. Wo nicht ergebnisoffen geforscht wird, ist keine Wissenschaft vorhanden.

                    • Nein, bloß keinen wissenschaftlichen Dislurs. Die kenn ich noch aus Sturm-und-Drang-Zeiten, aus verkifften Stuben mit abgestandenem Billig-Bier und diffusen Deckenstrahlern.

                      Da wurde dann nächtens kreisrund um des Kaisers Bart diskutiert, das reale Ergebnis war genau Null und dennoch hatte jeder das wohlige Gefühl, gerade richtig was geleistet zu haben.

                      Lassen wir es dabei.

                  • Na dann noch schnell, bevor die Kavallerie hier aufläuft. Hier sind ja noch Sommerferien.

                    Unter ‚abgeflacht‘ hatte ich sowohl den Bericht, als auch die Kommentare empfunden. Das soll jetzt kein Vorwurf sein, das war eben meine Erwartungshaltung im ersten Blick auf die Überschrift, die Vorgeschichte kannte ich ja nicht.

                    Für mich befeuernd wäre eine Diskussion, ob Ethik an sich ein Bestandteil des täglichen Alltags ist oder sein sollte, oder ob Ethik ‚nur‘ ein subtiler Bestandteil der mitteleuropäischen Sozialisation ist. Vermutlich gibt es im deutschsprachigen Raum 100 Mio. Christen, die meisten wissen es bloß nicht. Denn deren Sozialisation basiert ursächlich noch immer auf dem Ethos des Heiligen römischen Reiches Deutscher Nation, einst formuliert und verinnerlicht von Kaiserin Theophanu von Byzanz. Die jeweilige Staats- oder Wirtschaftsform spielt dabei keine Rolle, auch eine evtl. spiritueller Anteil ist nachrangig.

                    Die Frage wäre also, leben wir Ethik und wissen es überhaupt nicht, oder wissen wir um die Ethik und leben sie bloß nicht.

                    • Das ist ein guter Tipp. Da brauche ich aber mal ein Wochenende mit mehr Zeit (frühestens Anfang Oktober).

                      Ich bin selbst christlich (preussisch-protestantisch) geprägt, obwohl ich nicht dezidiert christlich erzogen wurde und keine Beziehung zur Kirche habe. Es ist allerdings auch so, dass ich bestimmte Aspekte dieser Prägung seit etwa meinem 15. Lebensjahr bewusst (und weitgehend erfolgreich) in mir bekämpft habe. Lustigerweise habe ich einen Aspekt, der mich damals stark gestört hat, mit 58. Jahren aus ganz anderen Gründen wieder aufgenommen.

                  • Hab noch was vergessen. Zum Studium würde ich Zahlen vorschlagen, keine Geisteswissenschaften.

                    Die Gesisteswissenschaft ist nur das Ensemble auf der Bühne, das Drehbuch allerdings besteht aus Zahlen. 😊.

            • «der Konfuzianismus beruht auf Harmonie im Sinne von innerer Ruhe und äußerer Ordnung»

              Eben das scheint mir vernünftig. Meine Meinung von Kant ist eher diejenige, die Nietzsche, der in Kant übrigens den «Chinesen aus Königsberg» gesehen hat.

              Ich selber neige eher zu Lau-Dse (Dau-De-Dsching), Daoismus oder Taoismus oder zum I-Ging. Beides scheint mir wesentlich vernünftiger als die gesamte europäische Philosphie, gerade weil es anerkennt, dass der Mensch die Dinge nicht in der Hand hat.

              • Na dann Kompliment der tieferen Sicht.

                Der elementare Unterschied zwischen europäischen und asialtischen Lehren liegt meiner Meinung nach in der jeweiligen Zielrichtung.

                Die europäpschen Ideale kreisen um Verstand, Vernunft, Verantwortung und Menschlichkeit, es sind Faktoren, die offensiv nach aussen gerichtet sind.

                Asiatische Lehren sind eher defensiv nach innen justiert, sie betreffen weniger das Kollektiv, als vielmehr das eigene Individuum.

                • Vielleicht auch noch mal ein anderer Beitrag, falls Sie noch mal reinspechten wollen:

                  «Moral, Ideologie und Imperialismus». – Wozu sind Kriege da?

                  U.a.: «Das Gute, das Böse und Niccolò Machiavelli»

                  Vermutlich koennten Sie da paar fette Wuermer ziehen.

                  • Dann vorab: Aus militärstrategischen Kommentaren halte ich mich raus. Da kann ich nichts lernen. Weil Kriege sind bestimmt die Sternstunden menschlicher Dummheit, was gäbe es da zu lernen und sowieso vermute ich, dass die bestimmenden Faktoren überhaupt nicht transparent sind.

                    Zum Artikel: « Das Gerede vom Guten und Bösen in diesen Konflikten ist Propaganda »

                    Da habe ich aufgehört zu lesen. Ein solcher Satz ist erst mal eine selbsterfüllende Prophezeiung, d.h. wer dieser Meinung ist, der wird sie auch begründen können.

                    Darüber hinaus sind ‚Gut‘ und ‚Böse‘ im Grunde sicher subjektive Begriffe, die in der Tat austauschbar sein können – eine gewisse Verhältnismäßigkeit in der Wechselwirkung vorausgesetzt. Diese Begriffe sind allerdings nicht mehr austauschbar, wenn sie im Kontext von ‚Schuld‘ oder ‚Unschuld‘ zu begreifen sind, was hier vermutlich zutrifft.

                    Kain hat Abel erschlagen.

                    Ist Kain böse ?? Das weiß ich nicht.

                    Ist er schuldig?? Ja. (Punkt). 😊.

                    • Kain ist schuldig, weil Sie den Kontext kennen und der Kontext in diesem Fall simpel und klar ist.

                      Claus von Stauffenberg hat ein Attentat gegen seinen Oberbefehlshaber verübt, dem er Treue geschworen hatte.

                      Schuldig oder nicht schuldig?

                      Am 7. Dezember 1978 hat das Politbüro der vietnamesischen kommunistischen Partei beschlossen, Kambodscha anzugreifen und die dortige Regierung zu stürzen. Der Angriff begann am 25. Dezember 1978 und am 8. Januar 1979 etablierten die Vietnamesen in Phnom Penh eine neue kambodschanische Regierung.

                      Schuldig oder nicht schuldig?

                      Gut oder böse?

                • «Asiatische Lehren sind eher defensiv nach innen justiert, sie betreffen weniger das Kollektiv, als vielmehr das eigene Individuum.»

                  Da gebe ich Ihnen völlig Recht.

                  Ist etwas paradox, nicht? Die westlichen Gesellschaften sind individualistischer und haben kollektivistische Lehren, während die asiatischen Gesellschaften kollektivistischer sind und individualistische Lehren haben.

                  Der gedankliche Ueberbau kompensiert also die jeweiligen gesellschaftlichen Defizite.

                  • ** Schuldig oder nicht schuldig? **

                    Ich kann auf Ihren letzten Kommentar nicht mehr antworten, hab mir eben einen freien Platz gesucht.

                    Auch ein Tyrannenmörder ist ein Mörder, was könnte er sonst sein ?? Und das weiß niemand besser als er selbst. Weil, wer ist Tyrann, wer Präsident und wer König, die Grenzen sind fließend.

                    War Arminius ein Tyrann? Oder Ho Chi Minh ? Oder Kim Il-sung ? Welche Monarchie ist eine Tyrannei und welche nicht ? Und wie sind die versuchten Attentate auf Hitler, Trump und Papst Franziskus zu bewerten ?

                    Die Einschätzungen über all diese Fragen werden differieren, sie sind subjektiv und daher beliebig austauschbar, weshalb sich auch ‹gut› von ‹böse› trennt.

                    Auch ist jeder Tyrann ein Mensch, für den das Menschenrecht gilt. Und wenn nicht, wer entscheidet das mit welchem Recht ? Die eigene Überzeugung ist kein Maßstab, über das zu richten, was ihm nicht zusteht, über Leben und Tod nämlich.

                    Es gibt weder gute Kriege noch gute Mörder.

                    Brutus hat Caesar erschlagen.

                    Ist er böse ?? Ich weiß es nicht.

                    Ist er schuldig ?? Ja. (Punkt).

                    • Das können Sie natürlich so sehen. Aus meiner Sicht ist dann Schuld aber ein formelles Konzept, das mit Ethik nichts mehr zu tun hat.

                      Es bleibt schwierig und in der Ethik gibt es nicht immer eine klare Antwort. Am Ende des sowjetischen Antikriegsfilms «Geh und sieh» (den man uns dankenswerterweise während der Offiziersausbildung gezeigt hat, keine Selbstverständlichkeit), schiesst der russische Junge, der die Grauen des 2. Weltkriegs gesehen hat, auf Bilder von Hitler. Die Abfolge der Bilder ist so, dass Hitler immer jünger wird. Der Junge schiesst immer wieder. Auf einem Bild ist Hitler dann ein Kind. Da setzt der Junge die Waffe ab.

        • Vorbemerkung. Izi hat jetzt schon paar Bemerkungen gemacht. Trotzdem noch mal meine unmaszgebliche Sicht auf die Dinge. (Hat einfach jetzt schon zu lange gedauert, um den Text noch mal anzupassen 😉 ).

          Nichts zu danken. Ich bin wirklich erfreut, dass Sie hier mitdiskutieren und Ihre Gedanken mitteilen. Auch wenn es ab und zu mal (auch zwischen uns – meistens wg. Israel) paar Meinungsverschiedenheiten gibt, ist es schoen dass Sie sich deswegen nicht zurueckziehen.

          Zur izi-Rechnung: Nun ja, es ist doch eher eine Wahrscheinlichkeitsrechnung mit ’ner Menge unbekannter Variablen. So rechnen bestenfalls…naja «Gutmenschen» (mir faellt gerade kein besserer Begriff ein), die meinen, die haetten die Welt verstanden und muessen die anderen vor zukuenftigen Unheil bewahren. Und das Unheil koennten Leute herbeifuehren, die da nicht mitspielen wollen und sich auch nicht erziehen lassen. Im Prinzip vergleichbar mit der Klimabewegung.

          Und schlimmstenfalls ist das die Rechnung von Despoten, die mit einem Klima der Angst ihr System erhalten wollen.

          Klar im ersteren Fall ist es ein Dilemma, wenn man glaubt zu wissen, dass es fuer viel mehr Menschen schlimm ausgehen wird im Vergleich zu den gegenwaertigen Zustaenden. Aber – nach meiner unmaszgeblichen Sicht – kann man doch nicht richtig finden, dass «Querdenker» deshalb auch «nur» diskriminiert oder weggesperrt (Stichpunkt Assange) werden duerfen.

          Was koennte denn passieren? Entweder es sind «Spinner» («Klimakleber»), die keinen Rueckhalt bei der Mehrheit der Bevoelkerung bekommen und deshalb auch nicht das System aus den Angeln heben koennen. Oder es wird eben daraus eine Mehrheit, moeglicherweise eine Revolution. (Dann muessen die da oben aber wirklich total am «Volk» vorbeiregiert haben, denn das «Volk» mag in der Regel keine Revolutionen.) Kann leider auch gewaltsam sein – aber das weiss man vorher nicht. Und wenn es denn so ist, kann man’s auch nicht aendern. Danach muessen die Leute eben lernen, mit den neuen Verhaeltnissen zu leben. Oder – die versuchen, daran etwas zu aendern – und das Spiel geht wieder von vorne los.

          • «Klar im ersteren Fall ist es ein Dilemma, wenn man glaubt zu wissen, dass es fuer viel mehr Menschen schlimm ausgehen wird im Vergleich zu den gegenwaertigen Zustaenden.»

            Es ist eben wirklich ein Dilemma, wenn man die Macht hat. Man muss dann eine Entscheidung treffen, so oder so.

            Deshalb kann man sich die komfortable Gesinnungsethik nicht leisten. Man muss die wahrscheinlichen Folgen der Entscheidung bedenken.

            Und klar, man weiss vorher nicht sicher, was bei der einen oder der anderen Entscheidung geschehen würde. Auch im Rückblick weiss man nur, was bei der Entscheidung herauskam, die man getroffen hat, nicht, was geschehen wäre, wenn man sich anders entscheiden hätte.

            Ich denke bei Gorbatschow 1989-1990 und der chinesischen Führung im gleichen Zeitraum ist aber im Nachhinein zumindest klar, dass Gorbatschows Entscheidungen zu einem Desaster geführt haben und diejenigen der chinesischen Führung zu einer erfolgreichen, stabilen Entwicklung.

          • Wegen Meinungsverschiedenheiten würde ich mich nicht vom Acker machen.
            Die haben wir beide nur punktuell und das ist förderlich.
            Nur so kann man die eigene Position überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
            Selbstverständlich kämpft jeder um seine Sichtweise und versucht sie zu untermauern. Das ist schon ein Gewinn, da er immer wieder die Beschäftigung und Überprüfung der eigenen Argumente fördert. So kann es auch zu einer Veränderung der eigenen Sichtweise kommen, die evtl. näher an den Fakten liegt.
            Ohne Gegensätze würden wir uns hier laufend zustimmen und langsam einschlafen.
            Das kann ja nicht Sinn der Sache sein.
            Ich schätze Ihre Texte ebenso und sie beeinflussen meine Sichtweise bzw regen zur Überprüfung der eigenen Vorstellungswelt an.

    • «Ich gehe davon aus, man hätte Lösungen finden müssen um eine solche Reaktion zu vermeiden. Schwierig bis unmöglich? Kann sein.»

      Die gewaltfreie Lösung gibt es, wenn man früh genug das Problem erkennt und die Sache beruhigt, ehe die Opposition selbst radikalisiert und gewaltbereit ist. Das war am Tianamen-Platz bereits zu spät.

      • Danke Ihnen.
        Hatte ich ja schon mal, aber heftiger. Hat 1 Jahr gedauert bis es wieder lief. Wird diesmal schneller gehen.

        Ja, Gorbatschow war zu vertrauensselig und hat die Interessen des Westens unterschätzt.
        Bei ehrlichen Verhandlungen hätte man mit ihm sehr viel erreichen können. Leider wäre das eher unüblich im politischen Bereich.
        Ich glaube, er hat sich da etwas vorgemacht, aber ich würde sagen, er hat selbst an die positive Entwicklung geglaubt und an die ehrenwerten Absichten der Verhandlungspartner.
        Ich werfe ihm das nicht vor, aber er war der falsche Mann zur falschen Zeit. Und Europa zu sehr in die US Gefolgschaft eingebunden.

  6. Weiss hier eigentlich jemand, warum Yuval Harari als Denker gilt? Also hat jemand etwas von ihm gelesen, das tiefgründig oder scharfsinnig ist?

    Ich frage deshalb, weil mir ein Interview, das t-online mit ihm über KI geführt hat, als ausgesprochen flach erscheint, obwohl damit ein Buch beworben wird, das Harari gerade über dieses Thema geschrieben hat. Ich habe den Eindruck, ChatGPT hätte bessere Antworten auf die Fragen gegeben.

      • Oh›- das war jetzt wieder peinlich. Die drei bekanntesten Buecher von dem hatte ich sogar schon mal in der Hand.

        Und sooo uebel finde ich das Interview nun auch wieder nicht.

        Aber wieso hier? Passt doch fast perfekt zu «Schach-Go-Mathematik».

        (Zum anderen heute Nacht, brauche erstmal einen Brueckenersatz. Inzwischen koennen Sie ja wiedermal Harris und «Die-essen-unsere Haustiere»-Trump durch die Manege treiben.)

        • Harris hat gewonnen. Sagt eine Mehrheit der Zuschauer des Senders, auf dem das lief. Bedeutet aber icht viel, weil der Sender weit überwiegend von Anhängern der Demokraten geschaut wird.

          Keine der beiden Person:innen scheint sich entscheidend durchgesetzt zu haben. Das Rennen bleibt knapp.

          Und durch die Manege treiben muss ich die beiden nicht. Das tun sie gegenseitig miteinander. Bei dieser Wahl kommt bestenfalls das kleinere Uebel heraus.

          Ich bin sonst kein Freund des «Focus», aber » Eingestürzte Carola-Brücke ist ein Symbol für Deutschland» bringt die Sache auf den Punkt.

            • In gewissem Sinne ist die Ampel bereits Schrott – sie funktioniert mehr schlecht als recht. Die drei Akteure werden allerdings zusammenbleiben, was immer bei der Landtagswahl passiert.

              Laut dieser Umfrage tut Woidkes Ankündigung, nur Ministerpräsident zu bleiben, wenn die SPD stärkste Kraft bleibt, ihren Dienst. Man muss allerdings abwarten. Ob die SPD stärkste Kraft wird und ob es für SPD/CDU reicht, ist innerhalb der Fehlergrenzen. Selbst die Grünen könnten es ja noch in den Landtag schaffen.

            • Und das ZDF kontert mit einer Umfrage der «Forschungsgruppe Wahlen», bei der AfD und BSW zusammen mehr Anteil haben als SPD und CDU und die AfD 3% vor der SPD liegt. Die Grünen sind da bei 5% und wenn die draussen sind, reicht es nach den restlichen Anteilen nur mit dem BSW.

        • Jede Brücke unterliegt einem Prüfsystem und wird alle 3 Jahre / woher die Info 6 Jahre irgendwo herkam, keine Ahnung?) geprüft, die Mängel, Renovierungen, Ergänzungen etc. sind alle in einem Brückenbuch erfasst. Noten gibt es von 1.0 (sollte bei Neubau und Anlegen des Brückenbuches der Idealzustand sein) bis 5.0(=tot) sein. Man weiß also, ab wann dringend sofortige Maßnahmen erfoderlich sind (Abriß, Sperrung, Reduzierung Fahrbahn etc.)

          Bei der Carolabrücke, einer Spannbetonbrücke können sie aber nicht in den Stahl der vom Beton ummantelt ist reinschauen. Sie können Vermutungen anstellen. Korrosion z.B. an den Auflagern. Natura Salz Eintrag.

          Vorteil Blaues Wunder. Auch die Augustusbrücke hat Vorteile.

          Und Stahl, hier der Spannstahl der versagt führt zum Totalversagen. Infrastruktur kostet, Neubau und Erhalt. Man kann auch sagen, koste was es wolle machen statt verwalten und zögern. Hinterher kostet es noch mehr Geld.

          Damit kommen wir zur Architektur. Die müssen immer sparen, weil die Einbauküche so teuer ist dass zuerst am Rohbau gespart wird. Der aber soll am längsten halten, aber wiederum effizent und so bilig wie möglich sein.

          Zum Glück habt ihr in Dresden noch ne Brücke, welche Euch euren Weltkulturerbetitel gekostet hat. Die wäre ja nicht da, wenn der Titel noch wäre.

          Soweit mein unwissender Senf zur Infrastruktur Deutschlands.

          • «Zum Glück habt ihr in Dresden noch ne Brücke…»

            Ja, haben wir. Freilich nur ohne Ruecksicht auf «die Kroeten». WSB (man liest es hier von rechts nach links) und Blaues Wunder – bei uns gibt es bekanntlich Alternativen.

            «Man kann auch sagen, koste was es wolle…»

            Machen wir ja schon an anderer Stelle – und das Geld kann man ja nicht zweimal ausgeben. (Christian Lindner)

            «Soweit mein unwissender Senf…»

            Wenn Ihr Senf der gute, alte aus Bautzen ist, dann gibt das erst die Wuerze.

          • «Damit kommen wir zur Architektur.»

            Ich war gerade in Marseille im «Le Corbusier». Der 3. Stock ist Hotel & Restaurant, ein eher preiswertes Hotel übrigens.

            Vorher habe ich bei Le Corbusier immer etwas die Nase gerümpft, wegen Brutalismus (Rohbeton, Béton brute). Bei einigen seiner Epigonen hat das auch wirklich schlimm geendet.

            Aber fünf Nächte in einem Le-Corbusier-Bau (Cité radieuse) haben mich davon überzeugt, dass doch die Leute Recht haben, die ihn für einen genialen Architekten halten.

    • Ich kannte ihn auch nicht. und nach Durchsicht des Interviews ist das wohl auch nicht notwendig. Dachte eigentlich, der Erstschlag von ChatGPD sei auskommentiert.

      Wie kann man hier eigentlich einen Link einbinden ?

      • «Wie kann man hier eigentlich einen Link einbinden ?»

        Als Hausherr habe ich das Privileg eines Fensters zum bearbeiten. Sonst sollte aber auch HTML-Code gehen: faz.net/aktuell.

        Im Original sieht das Link so aus (dieses kryptische Zeug müssten Sie eintippen):

        < a href= "https://faz.net/aktuell"> faz.net/aktuell< /a >

        Die Leerzeichen zwischen < und a und zwischen < und /a und zwischen /a und > müssen Sie jeweils weglassen. Ich habe sie nur ein gefügt, weil es sonst doch als Link angezeigt wird.

        Oder Sie kopieren einfach das Link hinein. Sieht nur nicht so elegant aus:

        https://faz.net/aktuell

  7. Ich nehme mir mal die Freiheit und mache einen neuen «Strang» auf (oder wie sich das nennt), bevor es wieder zur Bruchlandung fuehrt.

    «Wahlkampf und friedliche Demonstrationen sind völlig in Ordnung»

    Da sind wir einer Meinung.

    «Aber eine Aenderung der Machtverhältnisse direkt auf der Strasse erreichen zu wollen, das in der Regel nicht. Dafür müssen die Verhältnisse unerträglich sein, was sie in China 1989 sicherlich nicht waren.»

    Da bin ich mir eben gleich zweimal nicht sicher. Erstens ging es da in China ueberhaupt um einen Systemumsturz und nicht nur um «eine grundlegende Unzufriedenheit über die Bevorzugung von Kadern, Justizwillkür und die Begleiterscheinungen der damaligen Wirtschaftsreformen wie Inflation und Korruption?» (wie vom „Propagandasender“ ARD behauptet) Und zweitens musste man dann gleich das Kriegsrecht ausrufen? In der Folge je nach Schaetzungen zwischen 200 und 3000 Tote.

    (https://www.tagesschau.de/faktenfinder/china-tiananmen-massaker-101.html)

    Und ob die Verhaeltnisse fuer einige Bevoelkerungsgruppen nicht doch unertraeglich waren, kann ich von aussen nicht beurteilen.

    „Aber wenn jemand versucht, ausserhalb der bestehenden Rechtsordnung die Machtverhältnisse zu ändern, dann ist eine Unterdrückung dieses Versuchs legitim und oft auch ethisch gerechtfertigt – wegen der gravierenden Konsequenzen eines ungesetzlichen Umsturzes für die unbeteiligte Mehrheit der Bevölkerung.“

    Hmm, ehrlich gesagt ist mir das alles dann doch ziemlich dehnbar.

    • Sicher. Das ist dehnbar und das wird unter Anderem auch deshalb gedehnt, weil Leute an der Macht bleiben wollen. Wenn sie es schon stark gedehnt haben, müssen sie es hinterher noch weiter dehnen – sonst enden sie wie das Ehepaar Ceaucescu.

      Es ist aber nicht so, dass die «Revolutionäre» immer im Recht sind und schon gar nicht so, dass sie in Ländern mit einem nichtwestlichen System immer im Recht und in Ländern mit einem westlichen System immer im Unrecht sind.

      • «Es ist aber nicht so…»

        Ich fuerchte da haben Sie bei mir schon ein bisschen recht. Ich denke, dass mittlerweile mehr als drei Jahrzehnte im westl. System doch so ’ne leichte Schieflage erzeugt haben.

        Und bei Ihnen wiederum habe ich den Eindruck, der rasante Aufstieg Chinas vom Entwicklungsland zur Weltmacht, hat bei Ihnen etwas den kritischen Blick vernebelt.

        Und klar, Sie sehen das natuerlich anders.

        • Ich möchte selbst nicht in China leben. Viele Chinesen, die in jüngeren Jahren in die USA ausgewandert und dort in der Wissenschaft gearbeitet hatten, sind aber zurückgekehrt. Das nimmt die westliche Propaganda nicht zur Kenntnis.

          Dass China international ein Gegengewicht zu den USA geworden ist, sehe ich tatsächlich als überwiegend positiv an. Die Jahre, in denen die USA die einzige Supermacht waren, sind der Welt nicht gut bekommen (und auch den USA nicht).

          • Sie meinen, wenn man etwas schlechtem etwas noch schlechteres gegenüberstellt, dann wir irgendwas besser ?

            Wohl kaum, beide Systeme sind gegensätzlich strukturiert, dem tief verwurzelten Veständnis von Freiheit bzw. Eigenverantwortung in USA stellt China eine entmündigte und zentral gelenkte Masse gegenüber, die in sich dennoch hoch zerbrechlich ist. Was beide eint sind ledigleich die gewaltigen sozialen Unterschiede innerhalb des Systems,da sind beide gleich schlecht.

            Ich sehe in einem wachsenden chinesischen Einfluß keinen Faktor, der diese Welt besser machen könnte. Die Polarisierung wird zu einem Wettrüsten führen, dessen Ausmaße derzeit noch nicht abschätzbar sind.

            Das bedeutet nicht, dass eine allmächtige USA ein Segen für die Welt wäre, aber der Pest noch eine Cholera entgegenzusetzen, heilt keine Krankheit, sondern sie wird verdoppelt.

          • «Die Jahre, in denen die USA die einzige Supermacht waren, sind der Welt nicht gut bekommen.»

            Ja, das stimmt schon, aber war es davor mit zwei Supermaechten besser? Wir standen doch damals staendig am nuklearen Abgrund.

            Zu China nochmal: Sie moechten selbst nicht dort leben – weiss ich. Aber warum eigentlich nicht? Mal paar konkrete Dinge die Ihnen da nicht gefallen. Wenn es nicht nur die klimatischen Bedingungen sind, warum glauben Sie dann, dass es die Chinesen nicht auch stoert?

            Und «viele Chinesen», die in den USA fuer die Wissenschaft gearbeitet haben, sind aus meiner Sicht nicht besonders repraesentativ fuer diesen multi-ethnischen Staat, weil ich mir vorstellen koennte (kann mich auch irren), dass die nicht gerade aus armen Elternhaus stammen. Also ich denke, hochgebildeten Chinesen geht’s auch in China nicht schlecht, vielleicht sogar besser als anderswo. Aber sind die auch die Mehrheit?

              • Nein. Die fand ich nicht richtig. Der erste Versuch mit der Abschottung von Wuhan war vertretbar. Das hat auch erst einmal dazu geführt, dass China ein geringeres Covid-Problem hatte als andere Länder. Es zeigte sich aber dann, dass auf die Dauer die Epidemiewelle nicht zu verhindern war. Dann hat China die eigentliche Periode restriktiver Politik im ganzen Land gehabt und später wegen Misserfolgs und wegen Protesten (!) wuieder aufgegeben. In dieser Periode war die Politik grundfalsch. Es war bekannt, dass solche Massnahmen nicht funktionieren.

                Ich halte China nicht für ein Ideal. Ich bin nur dagegen, China zum Feindbild zu machen.

            • «Wenn es nicht nur die klimatischen Bedingungen sind, warum glauben Sie dann, dass es die Chinesen nicht auch stoert?»

              Es macht viel aus, unter welchen Bedingungen man aufgewachsen und sozialisiert worden ist. Ich sage schon gern meine Meinung, auch wenn sie nicht die offizielle ist. Natürlich könnte ich auch ohne das leben.

              Ich glaube, mein Hauptproblem ist die Beschränkung des Informationszugangs. Bestimmte Internetangebote sind gesperrt. Ich bilde mir aber gern meine eigene Meinung und habe dafür gern viel Information, die Dinge von verschiedenen Gesixchtspunkten aus betrachtet.

              • «Ich glaube, mein Hauptproblem ist die Beschränkung des Informationszugangs.»

                Und Sie glauben, dass das Problem die Einheimischen nicht haben? Sie muessen da ja nicht auf Dauer leben und koennen sich die Informationen vor und nach der China-Reise aus ganz unterschiedlichen Quellen beschaffen, mit Ihren eigenen Eindruecken abgleichen und sich daraus eine Meinung bilden.

                «Es macht viel aus, unter welchen Bedingungen man aufgewachsen und sozialisiert worden ist.»

                Okay, das mag schon sein (wobei es hatte mich schon gewurmt, dass ich kein Westfernsehen gucken konnte und max. die Zeitungen der westl. Kommunistischen Parteien im Angebot waren) – und vielleicht ist das fuer die Chinesen tatsaechlich kein groesseres Problem. Immerhin koennen die ja wohl ueberall hin reisen, wenn sie es sich leisten koennen (bei 5 Tagen, nach 10 Jahren 10 Tagen und ab 20 Jahren 15 Tagen bezahlten Urlaub pro Jahr – falls Info richtig) und sich dort – falls Bedarf – fehlende Informationen beschaffen.

                Wobei bei fuenf Tagen Urlaub ist die Entfernung dann schon sehr begrenzt. Allerdings habe ich auch gelesen, dass Chinesen sehr viel reisen. Da die aber auch sehr viel arbeiten und die Loehne anscheinend gut sind, reicht das Geld vermutlich auch fuer unbezahlten Urlaub.

                Mein Problem ist eher das, was ich mit einem Grossteil der linken Bewegung habe. Dass die in nichtwestlchen Staaten das Gemeinwohl und die Widerstandskraft gg. i.e. Linie den Hegemon des jeweiligen Staates ueber das einzelne Individuum stellen, waehrend das in ihren eigenen westl. Staaten nur bedingt der Fall ist. Beim Asylrecht beispielsweise bestehen die dann ploetzlich auf den Einzelfall (Was ich auch total richtig finde.) Autonomie, Selbstbestimmung, Selbstverwirklichung etc… und linke Meinungsfreiheit ist da auch wieder wichtig (Was ich auch total richtig finde.)

                • Wie wohl schon wohl oft geschrieben, ich zweifle im Grunde nicht an Ihrem Urteilsvermoegen (sonst wuerde ich mich an anderen orientieren), und Sie als Weltreisender haben da auch viel mehr Ahnung von anderen Voelkern… aber erst rund 20 Jahre DDR und noch mehr Jahrzehnte lang das westliche System uebergestuelpt bekommen haben, da erweitert sich dann auch der Blick – sowohl im Guten als auch im Schlechten.

                • «Und Sie glauben, dass das Problem die Einheimischen nicht haben?»

                  Doch, eben. Deshalb würde ich nicht (nur) in China leben wollen.

                  China, Russland, oder Venezuela als linke Projekte zu sehen, ist ein Missverständnis. Nicht alles, was gegen die geostrategische Position des Westens gerichtet ist, ist deshalb schon links.

            • «Also ich denke, hochgebildeten Chinesen geht’s auch in China nicht schlecht, vielleicht sogar besser als anderswo. Aber sind die auch die Mehrheit?»

              Aber gerade der Mehrheit geht es heute besser als 1989. Als ich 2003 in China war, habe ich im chinesischen Fernsehen Berichte aus Dörfern gesehen. Obwohl ich kein Chinesisch verstehe, war allein aus den Bildern klar, dass diese Dörfer bitterarm waren. Ich habe damals am 4. Strassenring in Peking auf der einen Seite Neubaugebiete (für die Mittelklasse) gesehen und bin dort auf einem Markt gewesen (und als Exot bestatunt worden). Auf der anderen Seite standen Hütten an unbefestigten Fahrstrassen und Kaninchen der Hüttenbewohner hoppelten dort herum. Seitdem sind die Neubaugebiete gewachsen und die Hütten verschwunden. Und in den Dörfern ist es besser (wobei, wie überall auf der Welt, viele Dorfbewohner in die Städte verschwunden sind).

    • Hinweise darauf gab es schon unmittelbar danach. Einschusslöcher in Bäumen auf der Gegenseite der Position der Sicherheitskräfte. Ein (damals noch) oppositioneller Politiker, den die Menge mit einem Gewehr erwischte.

      Dann die im Sande verlaufene Untersuchung.

      Es gibt Gründe, warum es danach so weiterging, wie es weitergegangen ist.

      • Ich habe das ausführlich beobachtet, auch mit Live Kameras auf die ich Zugriff hatte.
        Das sah doch völlig anders aus als von der Presse berichtet.
        Die Demonstranten hatten nicht wenige Waffen dabei und schossen auch.
        Bei einem berichteten Vorfall sollen Polizisten drastisch gegen Demonstranten vorgegangen sein. Diesen Vorfall habe ich die ganze Zeit live gesehen und das Gegenteil war der Fall.
        Die Polizei zog sich permanent zurück. Wurde mit Steinen und Brandsätzen beworfen.

        • «Die Demonstranten hatten nicht wenige Waffen dabei und schossen auch.»

          Das Problem war, dass auf dem Maidan rechtsextreme bewaffnete Kräfte mit friedlichen Demonstranten gemischt waren und dass die Opposition und ihr rechtsextremer militärischer Arm vor diesem Tag erkannt hatten, dass sie die politische Auseinandersetzung nicht gewinnen würden. Es brauchte ein Ereignis, dass die Situation kippen konnte. Und die westlichen Politiker haben das gutgeheißen, mit den Folgen, die wir jetzt sehen.

  8. «Verantwortungsethik bedeutet, die Folgen möglicher Handlungen vorher so gut wie möglich abzuschätzen und dann die Handlung zu wählen, welche die bestmöglichen Ergebnisse verspricht…Der Verantwortungsethiker hat den Luxus des guten Gefühls nicht. Er tut Menschen weh…um bessere Folgen zu erzielen. Dabei kann er nicht einmal sicher sein, dass die Folgen besser sein werden.»

    Hier ein perfektes Beispiel fuer Verantwortungsethik. Sagt mir meine nuechterne Analyse.

    https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/klima-klagen-100.html

Schreiben Sie einen Kommentar