Direkte Demokratie mit Finanzausgleich


Berlin Wer bestellt, sollte auch bezahlen. Die direkte Demokratie erfordert als Regulativ, dass die Mehrheit für die Folgen ihrer Entscheidungen auch aufkommt.

Am heutigen Sonntag wird in Berlin über eine Initiative des Bündnisses «Klimaneustart» abgestimmt. In den meisten Medien wird als Ziel der Initiative nur genannt, dass Berlin bereits 2030 anstelle von 2045 klimaneutral werden solle. Als Beispiel für diese Art der Berichterstatung mag hier faz.net dienen. Tatsächlich zielt die Initiative auf ein recht grundlegende Novellierung des Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetzes (EWG Bln) vom 27. August 2021 ab, von denen die Beschleunigung des Prozesses nur ein Aspekt ist. Bevor ich auf die demokratietheoretischen Aspekte des Volksentscheids zu sprechen komme, fasse ich deshalb die vom Bündnis «Klimaneustart» vorgeschlagenen Gesetzesänderungen kurz zusammen. Meine Grundlage ist der vom Bündnis selbst veröffentlichte Text des Vorschlags.

Die Gesetzesnovelle

Die Novelle strebt eine Änderung des Zwecks des EWG Bln an. Das geltende Gesetz legt Klimaschutzziele fest und will Instrumente schaffen, um diese Ziele zu erreichen. Die Novelle legt Klimaschutzverpflichtungen fest und soll Instrumente schaffen, um diese zu erfüllen (§ 1). Der im geltenden Gesetz bereits aufgeführte «angemessene[n] Anteil der Emissionen [auf], die dem Luftverkehr am Flughafen Berlin-Brandenburg zuzurechnen sind» (§2 Ziffer 2) wird von Kohlendioxidemissionen zu sonstigen Emissionen (§2 Ziffer 3) verschoben. Der Effekt der Verschiebung ist, das die Emission anderer Treibhausgase als CO2 durch den Flugverkehr nun mit unter das Gesetz fällt.

Das geltende Gesetz legte folgenden Zeitrahmen fest (§3 Ziffer 1): «Im Land Berlin soll die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 40 Prozent, bis zum Jahr 2030 um mindestens 70 Prozent, bis zum Jahr 2040 um mindestens 90 Prozent und spätestens bis zum Jahr 2045 um mindestens 95 Prozent im Vergleich zu der Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 verringert werden.» Die im Volksentscheid beantragte Novelle verändert den Zeitrahmen wie folgt: «Im Land Berlin ist die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2025 um mindestens 70 Prozent und bis zum Jahr 2030 um mindestens 95 Prozent im Vergleich zu der Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 zu verringern.» In den nächsten knapp 7 Jahren sollen also gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan 25% der Kohlendioxidemissionen von 1990 zusätzlich eingespart werden. Das ist deutlich mehr als eine Verdopplung des ursprünglich ins Auge gefassten Tempos. Ob das ursprüngliche Gesetz seinerseits überhaupt realistisch war, soll hier dahingestellt bleiben.

Das bereits geltende Gesetz geht auf die zu erwartenden Erhöhungen der Warmmiete ein (§3 Ziffer 3). Es legt dazu fest: «Folgeregelungen dieses Gesetzes dürfen nicht zu Bruttowarmmietzinserhöhungen führen. Andere Bestimmungen, insbesondere bundesgesetzliche, bleiben hiervon unberührt.» Das ist, mit Verlaub, blauäugig. Es gibt keinen Mechanismus, mit dem man verhindern könnte, dass Folgeregelungen des Gesetzes zu Bruttowarmmietzinserhöhungen führen. Die vorgeschlagene Novelle legt einen solchen Mechanismus fest, der allerdings politisch explosiv ist: «Soweit Maßnahmen oder Anordnungen nach diesem Gesetz zu einer Erhöhung der
Nettowarmmiete für Wohnraum führen, ist der Erhöhungsbetrag dem Zahlungspflichtigen als monatlicher Zuschuss aus dem Landeshaushalt zu
erstatten.» Hier wird die Mehrheit der Abstimmenden von finanziellen Folgen ihres Votums entlastet. Was wie ein Gesetz über Klimaschutz aussieht, wird hier zu einer automatisierten Umverteilung von Steuergeldern in unbekanntem Ausmaß. Es wird aber noch etwas explosiver. Auf der Startseite schreibt das Bündnis «Klimaneustart»: «Die Umsetzung der Klima-Verpflichtungen darf nicht auf Kosten der Mieter*innen gehen.» Im vorgeschlagenen Gesetzestext steht allerdings zum Ausgleich der erhöhten Mietkosten der folgende Satz: «Diese Verpflichtung endet im Jahr 2050.».

Bezüglich der Instrumente fügt die Novelle dem Gesetz in §4 Ziffer 1 die folgenden Bestimmungen hinzu: «Die Strategien und Maßnahmen sollen
vorrangig auf Vermeidung und Reduzierung der Kohlendioxid- und sonstigen
Treibhausgasemissionen gerichtet sein. Auf die Kompensation dieser Emissionen soll verzichtet werden, solange weitere Reduktionen möglich sind.» Die Ziele sollen nicht nur zu Verpflichtungen werden und mehr als doppelt so schnell erreicht werden. Es werden zudem bisher mögliche Instrumente weitgehend ausgeschlossen. Die Formulierung ist zudem schwammig. Weitere Reduktionen sind immer möglich, die Frage ist, zu welchen Kosten. Kosten, könnte man polemisch sagen, waren in Berlin allerdings seit den 1950ern nie eine Frage.

Bezüglich der Kompensation verschärft die Novelle das Gesetz ebenfalls. Bisher gilt: «Unvermeidbare Kohlendioxidemissionen sind weitgehend zu kompensieren.» (§8 Ziffer 1). Neu soll gelten: «Unvermeidbare Kohlendioxidemissionen und alle sonstigen Treibhausgasemissionen sind zu kompensieren.» Auch hier fallen – in einem sehr viel kürzeren Zeitrahmen – höhere Kosten an, für die irgendjemand aufkommen muss.

Bezüglich öffentlicher Gebäude heißt es im geltenden Gesetz: «Das Land Berlin strebt eine umfassende energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude im Sinne des Satzes 2 bis zum Jahr 2045 an.» Die Novelle formuliert stattdessen: «Das Land Berlin verpflichtet sich, die umfassende energetische Sanierung der
öffentlichen Gebäude im Sinne des Satzes 2 bis zum Jahr 2030 abzuschließen.» Auch das ist stark kostenbehaftet. Allerdings ist das hier nicht das einzige Problem. Es müssten in einem um mindestens 15 Jahre kürzeren Zeitrahmen die nötigen Planungs- und Baukapazitäten zur Verfügung stehen. Das erscheint mir völlig unrealistisch. Zusätzlich werden in der Novelle die Kennzahlen verschärft. Im geltenden Gesetz heißt es zum Ziel der Gebäudesanierung (§9 Ziffer 3): «Senkung des Endenergieverbrauches um mindestens 20 Prozent bis zum Jahr 2030 und des Primärenergieverbrauches um mindestens 80 Prozent bis zum Jahr 2045 im Vergleich zu den Verbrauchswerten des Jahres 2010.» Neu soll gelten: «Senkung des Endenergieverbrauches um mindestens 20 Prozent bis zum Jahr 2025 und des Primärenergieverbrauches um mindestens 95 Prozent bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu den Verbrauchswerten des Jahres 2010.» Ich denke, hier darf man für 2025 (in Jahren: übermorgen) von einem völlig unrealistischen Zeitrahmen sprechen und für 2030 von technischer Unmöglichkeit. Die Initiative lässt über ein Gesetz abstimmen, das nicht umsetzbar ist, ganz unabhängig von den Kosten.

Was die Bezirke betrifft, verlangt das geltende Gesetz (§12 Ziffer 1): «Sie sind gehalten, eigene Energie- und Kohlendioxidbilanzen zu erstellen, Ziele zur Minderung von Kohlendioxidemissionen zu formulieren und Aussagen zur Einsparung von Energie in den bezirklichen Gebäuden zu treffen.» Die Novelle formuliert das so: «Sie haben alle zwei Jahre, erstmals bis zum 31. Dezember 2022, eigene Energie- und Kohlendioxidbilanzen zu erstellen, Verpflichtungen zur Minderung von Kohlendioxidemissionen und anderer Treibhausgasemissionen zu formulieren und Aussagen zur Einsparung von Energie in den bezirklichen Gebäuden zu treffen.» Wenn ich in einem Berliner Bezirk die Verantwortung für diese Dinge tragen würde und die Gesetzesnovelle im Volksentscheid angenommen würde, so würde ich von meinem Amt zurücktreten. Das lässt sich unmöglich bis zum 31. Dezember 2022 seriös machen.

Zum Klimaschutzvereinbarungen heißt es bisher (§13 Ziffer 1) «Der Senat von Berlin wirkt auf den Abschluss von Klimaschutzvereinbarungen hin, insbesondere mit juristischen Personen und Personengesellschaften des Privatrechts, an denen das Land Berlin mehrheitlich beteiligt ist, sowie mit Hochschulen und hochschulmedizinischen Einrichtungen.» Die Novelle verlangt: «Der Senat von Berlin wirkt auf den Abschluss von rechtlich bindenden Klimaschutzvereinbarungen hin, insbesondere mit juristischen Personen und
Personengesellschaften des Privatrechts, an denen das Land Berlin mit mindestens 25 Prozent der Stimmanteile beteiligt ist, sowie mit Hochschulen und hochschulmedizinischen Einrichtungen.» Mir ist nicht ganz klar, wie man rechtlich bindende Verpflichtungen einer Körperschaft durchsetzen will, in der man nicht die Mehrheit der Stimmanteile hält. Das dürfte zwar juristisch durch die Wendung «wirkt hin» abgedeckt sein (der Senat soll es versuchen, muss es aber nicht durchsetzen), ist dann aber eine Nebelkerze. Bezüglich des Zeitrahmens der Vereinbarungen spricht das geltende Gesetz von mindestens zehn Jahren, die Novelle von der Zeit bis 2030.

Die vorgeschlagene Novelle sagt an einer Stelle auch ganz explizit, dass die Kosten keine Rolle spielen. In §18 Ziffer 1 heißt es bisher: «Der Senat von Berlin strebt eine sichere, preisgünstige und klimaverträgliche Energieerzeugung und -versorgung mit Strom und Wärme im Land Berlin an». Neu soll es heißen: «Der Senat von Berlin strebt eine klimaverträgliche und sichere Energieerzeugung und -versorgung mit Strom und Wärme im Land Berlin an». Auf diesen Punkt werde ich in der Analyse der demokratietheoretischen Aspekte zu sprechen kommen.

Wer abstimmt und wer bezahlt

Als Wahlschweizer bin ich ein starker Anhänger der Demokratie im Allgemeinen und der direkten Demokratie im Speziellen. In der Regel ist es praktisch, dass die Exekutive Vollmachten für das Tagesgeschäft hat und dass Gesetze von Abgeordneten vorbereitet und erlassen werden. Eine repräsentative Demokratie bedarf aber aus meiner Sicht der Einhegung durch Elemente direkter Demokratie. Anderenfalls kann es zu einer Kartellbildung innerhalb der politischen Klasse kommen. Diese hat das Ergebnis, dass ein herrschendes Kartell viele wichtige Fragen gegen der Willen der Bevölkerungsmehrheit entscheidet, ohne dass dieses Verhalten an der Wahlurne abgestellt werden kann. In diesem Zustand scheint sich Deutschland aus meiner Sicht bereits zu befinden.

Die direkte Demokratie ist ein nötiges Korrektiv, nicht aber ein sicherer Weg zu richtigen Entscheidungen. Auch in der Schweiz kommt bei Referenden immer mal ein unvernünftiger Entscheid zustande. Das allerdings kommt auch in der repräsentativen Demokratie und in Autokratien vor. Der Vorteil der direkten Demokratie liegt darin, dass die Mehrheit die Beschlüsse der Mehrheit auch auszubaden hat. Daraus resultiert ein Lernprozess. In der Schweiz wird über den kommunalen Steuerfuß auf Gemeindebene entschieden. Die Bevölkerung ist klug genug, die Gemeindesteuern nicht auf Null zu drücken.

Direkte Demokratie wird problematisch, wenn Menschen für die Nachteile von Entscheidungen aufkommen müssen, an denen sie nicht teilhaben durften. In gewissem Maße gibt es das auch in der Schweiz, wo der Bevölkerungsanteil ohne schweizerische Staatbürgerschaft recht hoch ist. Die Integration funktioniert in der Regel jedoch gut und die beiden Gruppen haben in den wenigsten Fragen verschiedene Interessen.

Auf den ersten Blick gibt es mit dem Berliner Volksentscheid kein demokratietheoretisches Problem. Wenn die Bevölkerungsmehrheit in Berlin ein unrealistisches und kostspieliges Klimaschutzgesetz beschließt, müssen die Berliner eben mit den Folgen leben. Dadurch könnten sich dann in der Folge die Mehrheiten ändern. Ein Problem tritt auf, wenn die Kosten teilweise von Nicht-Berlinern übernommen werden müssen, die nicht mit abstimmen durften. Das scheint mir aufgrund des Finanzausgleichs zwischen den Ländern der Fall zu sein. Hier kann jemand bestellen, der dann nicht bezahlen muss oder zumindest nur einen Teil der Kosten tragen wird.

Finanzausgleich

Die Schweiz hat nicht nur auf dem Gebiet der direkten Demokratie, sondern auch auf demjenigen des Finanzausgleichs lange Erfahrung. Wie ich bereits oben bemerkt habe, gelten in der Schweiz sogar in verschiedenen Gemeinden verschiedene Steuerfüße. Das kann leicht zu einer Entsolidarisierung führen. Wo hauptsächlich Reiche wohnen, kann sich eine Gemeinde auch mit einem geringeren Steuerfuß solide finanzieren. Das wiederum zieht weitere Reiche an. Deshalb gibt es sogar innerhalb meines Heimatkantons Zürich einen Finanzausgleich zwischen den Gemeinden, der in einem 191-seitigen Dokument für den mündigen Stimmbürger verständlich beschrieben wird. Zu beachten sind dabei unter Anderem die Ressourcen einer Gemeinde aber auch ihre Verpflichtungen, die zum Beispiel von der Altersstruktur der Bevölkerung abhängen. Das Ganze ist fein ziseliert, weil es einerseits fair sein soll, andererseits den Gemeinden nicht den Anreiz nehmen soll, verantwortungsbewusst und sparsam zu wirtschaften. Das bis zum 31.12.2019 gültige deutsche Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Finanzausgleichsgesetz – FAG) war im Vergleich dazu grobschlächtig, unkonkret und für Laien schwer verständlich. Die aktuelle Version ist noch unkonkreter als die bis zum 31.12.2019 gültige.

Was tatsächlich geschieht, lässt sich am Leichtesten über die entsprechende Webseite des Bundesfinanzministeriums und über Statistiken eruieren. Das Gesamtvolumen des Finanzausgleichs betrug 2020 etwa 14.8 Milliarden € und 2021 etwa 17.1 Milliarden €. Davon entfielen 3.45 Milliarden € (2020) bzw. 3.60 Milliarden € (2021) auf den größten Nettobegünstigten Berlin. Zunächst wird die Finanzkraft eines Landes ermittelt, wobei die Pro-Kopf-Einnahmen des Landes und 75% der Pro-Kopf-Einnahmen seiner Gemeinden eingerechnet werden. Für die Ausgleichsmesszahl werden die Einnahmen aller Länder herangezogen und mit der Zahl der Einwohner gewichtet. Dabei werden die Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen begünstigt, indem ihre Einwohnerzahlen künstlich um 35% höher angesetzt werden als sie tatsächlich sind. Liegt die Finanzkraftmesszahl oberhalb der Ausgleichsmesszahl, so erhält das Land bei der Verteilung der Umsatzsteuer zwischen Bund und Ländern einen geringeren Anteil, als ihm aufgrund der Einwohnerzahl zustünde. Liegt sie unterhalb der Ausgleichsmesszahl, so erhält das Land einen höheren Anteil der Umsatzsteuer.

Trotz der Begünstigung der Stadtstaaten reicht dieser Ausgleich für Berlin nicht aus. Zu den oben genannten Zahlen kamen 2020 noch 1.64 Milliarden € und 2021 noch 1.70 Milliarden € Sonderzahlungen des Bundes hinzu. Rechnet man Finanzausgleich und Sonderzahlungen zusammen, erhält Sachsen (4.078 Millionen Einwohner) sogar etwas mehr Geld als Berlin (3.677 Millionen Einwohner – nicht allerdings pro Kopf. Gute Pro-Kopf-Daten sind aus einer Studie des Freiburger Instituts CEP für 2008-2017 verfügbar. Die durchschnittliche innerdeutsche Pro-Kopf-Umverteilung pro Jahr nach Berlin betrug in diesem Zeitraum 983.31 €. Zum Vergleich betrug die durchschnittliche Umverteilung in der EU zugunsten Griechendlands 1049.18 €. Bayern gab pro Kopf etwa dreimal so viel in den innerdeutschen Finanzausgleich wie Deutschland in den Finanzausgleich innerhalb der EU.

Was hat ein Volksentscheid mit dem Finanzausgleich zu tun?

Der deutsche Finanzausgleich zwischen den Ländern hat einen nachvollziehbaren Anteil (die Verteilung der Umsatzsteuer, die nach gegebenen Formeln berechnet wird) und einen weiteren Anteil, der zwar ebenfalls nach gegebenen Formeln berechnet wird, aber schwerer zu begründen ist. Länder, deren Finanzkraft nach der Verteilung der Umsatzsteuer einen Wert von 99,75 Prozent ihrer Ausgleichsmesszahl nicht erreicht, erhalten laut FAG all-
gemeine Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) in Höhe von 80 Prozent der verbleibenden Differenz. Die BEZ führen nicht zu einer vollständigen Nivellierung. Sie gehen auch nicht (direkt) zu Lasten der finanzstarken Länder, verringern aber den Anreiz zu sparsamem Wirtschaften erheblich.

Über den Finanzausgleich werden alle Bundesbürger an den Kosten beteiligt, die im Fall der Annahme der Gesetzesvorlage im Volksentscheid entstehen. Die Bürger finanzstarker Länder tragen überdurchschnittlich bei, weil sich der Anteil dieser Länder an der Umsatzsteuer verringert, wenn derjenige Berlins steigt. Die Bürger aller anderen Bundesländer tragen bei, weil die BEZ direkt aus dem Bundeshaushalt gezahlt wird.

Nun könnte man auf den ersten Blick denken, dass der Finanzausgleich unberührt bleibt, weil er sich nicht aus den Pro-Kopf-Ausgaben der Länder sondern nur aus ihren Pro-Kopf-Einnahmen errechnet. Wenn allerdings der Berliner Senat auf Klimaziele verpflichtet wird, ohne dass der kostengünstigen Bereitstellung von Energie irgendwie Rechnung getragen werden muss, wird das die Einnahmen verringern. Die wirtschaftlichen Bedingungen in Berlin werden sich verschlechtern. Auf alle Unternehmen, an denen Berlin mit mindestens 25% beteiligt ist, kämen noch weitere Kosten zu. Selbst die Unternehmen, die in Berlin verbleiben und an denen das Land Berlin keine Anteile hält, werden weniger Steuern zahlen, weil sich durch diese Gesetzesnovelle ihre Kosten und damit ihre Gewinne verringern.

Ein Teil der gigantischen Kosten dieser Gesetzesnovelle würde also aus Berlin in den Rest der Bundesrepublik verlagert, wo die Wahlberechtigten nicht darüber abstimmen können. Darin sehe ich ein Demokratiedefizit.

Fazit

Volksentscheide wie der heutige in Berlin stellen in Frage, ob der Finanzausgleich zwischen den Ländern in der gegenwärtigen Form noch zeitgemäß ist. Die Finanzkraft eines Bundeslands ist nicht nur schicksalsbedingt. Sie hängt auch von den Rahmenbedingungen ab, welche die Politik oder, in diesem Fall, die Bevölkerung in diesem Land setzt. Die Frage, wie diese Rahmenbedingungen im Zuge der Klimawandeldiskussion gesetzt werden, wird noch öfter auftreten. In einem föderalen System wie dem deutschen kann sie in verschiedenen Bundesländern unterschiedlich beantwortet werden. Das führt zu unterschiedlichen Kosten und unterschiedlichen Auswirkungen auf die zukünftigen Steuereinnahmen. Es ist nicht einzusehen, warum die so entstehenden Unterschiede in der Finanzkraft ausgeglichen werden sollten.


76 Antworten zu “Direkte Demokratie mit Finanzausgleich”

  1. Danke fuer Ihre Einblicke in die schweizer Demokratie und wie der Finanzausgleich hier funktioniert.

    Was den Volksentscheid betrifft, gehe ich mal davon aus, dass der nicht mal das Quorum erreicht. Und waere der den ueberhaupt rechtlich bindend?

    Mein Fazit: Viel Laerm um nichts.

    • Ja. Vielleicht sollte man so einen Beitrag nicht vor der Auszählung schreiben.

      Andererseits ist es wieder einmal ein hübsches Beispiel für «Click bait» bei faz.net. Dort wird getitelt: «Kopf-an-Kopf-Rennen bei Klima-Volksentscheid in Berlin»

      Liest man dann den kurzen Beitrag, wird klar, dass bei der Niederschrift schon so gut wie feststand, dass das Quorum nicht erreicht wird. Soweit zum Thema seriöser Qualitätsjournalismus.

        • «auch nicht die Veggi-Bratwurst vor den Wahllokalen»

          Nee, also ehrlich, ich esse ganz gern und recht of mal ein vegetarisches Gericht, aber die auf Fleischersatz gemachten Produkte sind in der Regel grässlich.

          Einzige Ausnahme: Im Coop in der Schweiz gibt es eine Art nachgemachtes Hühnergeschnetzeltes aus Erbsenprotein mit einer Marinade von Hiltl, dem ältesten vegetarischen Restaurant der Welt (seit 1898). Die Marinade ist so gut, dass sie alles rausreisst und ich das manchmal kaufe.

          Absolutes Gegenbeispiel: Vuna, stark überaromatisierter Thunfischersatz, auch bei Coop. Eher ein Brechmittel, zumindest für mich.

          • Nix gegen Veggi, nur zu teuer. Ich bin da wohl wie der typische Deutsche: Essen muss nicht schmecken – Hauptsache billig, und es macht satt.

            Danke fuer den Einblick in Ihre Essgewohnheiten. Das hat meinen Blick gleich geschaerft. Vielleicht kann ich das Ihnen bei (un)passender Gelegenheit mal aus’s Brot schmieren 🙂

      • Einen guten Artikel haben Sie hier präsentiert. Die Ausarbeitung hat mich etwas überrascht, das ist man von der üblichen Presse nicht gewohnt. Da muß man schon suchen.
        Im Freitag könnte das zu einer qualitativen Kollision mit den Arbeiten der Leistungsträgern führen.
        Leser haben sich allgemein schon zu sehr an ein niedriges Niveau gewöhnt, so daß es kaum noch auffällt.
        Meinen Respekt, gerne gelesen und danke für die Information und Sichtweise, die ich in meine Meinungsbildung einfließen lasse.

            • Nein!!! Ganz im Gegenteil. Ich lese jeden Kommentar von Ihnen mit Gewinn.

              Was schreibe ich nur wieder fuer einen Sch… Klar geht’s ums Inhaltliche. Ich bitte um Verzeihung. Sorry!

              • Sie sollten sich nicht so völlig unnötig klein machen, finde ich und hoffe dabei nicht übergriffig zu wirken.

                Was ich zu allem Elend das die Pandemie, aber vor allem die Maßnahmen die dagegen ergriffen wurden zeitigten zusätzlich und mit Bitternis registriere, ist die Reaktion derjenigen die sich auch über den Zeitraum von beinahe 3 Jahren durch wenig bis nichts von ihrem Standpunkt der Risikoeinschätzung und der Bewertung der Maßnahmen abbringen ließen und lassen, auf den Kentnisstand heute.
                Heute da es amtlich ist, wie man so schön sagt, dass die Maßnahmen (sic) in ihrer überwältigenden Mehrheit wirkungslos waren.
                Und zwar bis zu den Masken hin, wie in einer neueren Metastudie des Cochrane Instituts nachzulesen ist.
                Weitestgehende Nutzlosigkeit, zähneknirschend festgestellt von der Seite die den ganzen Schlamassel verbockt hat, von staatlicher Seite.

                Wenn man die Apologeten dieser Nutzlosigkeit damit konfrontiert, erntet man für gewöhnlich nicht viel kosnstruktiveres als kindischen beleidigten Trotz. s.o.

                • «Und zwar bis zu den Masken hin, wie in einer neueren Metastudie des Cochrane Instituts nachzulesen ist.»

                  In der Schweiz haben der verantwortliche Bundesrat (Minister) und die öffentlich-rechtlichen Medien (SRF) anfangs argumentiert, dass Masken völlig wirkungslos seien (solange die Schweiz nicht genug hatte). Dann haben sich Bundesrat Alain Berset (dieses Jahr Bundespräsident) und SRF um 180° gedreht.

                  Immerhin gab es in der Schweiz aber nie Ausgangssperren, viel weniger Lockdowns und der ganze Quatsch wurde Monate eher beendet als in Deutschland.

                  • «Immerhin gab es in der Schweiz aber nie Ausgangssperren, viel weniger Lockdowns und der ganze Quatsch wurde Monate eher beendet als in Deutschland.»

                    Das hat mir geholfen Vorurteile und Urteile über die schöne Schweiz abzubauen. Zu CoronaZeiten habe ich die Schweizer beneidet.
                    Als Kind konnte ich die für damalige Verhältnisse enorm «progressive» Sesamstraße nicht sehen da ich im miefigen BW wohnte wo die Sendung nicht ausgestrahlt wurde weil die Landesregierung etwas dagegen hatte aber das schweizer Kinderfernsehen konnte ich schauen, zwar keine Sesamstraße aber doch sehr viel besser als das aus BW, welch ein Glück.

                  • «In der Schweiz haben der verantwortliche Bundesrat (Minister) und die öffentlich-rechtlichen Medien (SRF) anfangs argumentiert, dass Masken völlig wirkungslos seien»

                    Ja, wie in der BRD. Und dann, nachdem für Unsummen viel zu viele auf dubiosen bis kriminellen Wegen beschafft wurden, hat man schnell erkannt dass die Masken vor allem auf unterschiedlichen psychologischen Ebenen (zur Aufrechterhaltung des Gruppenzwangs v.a.) ein ganz wunderbares Werkzeug sind um den Panikladen zusammenzuhalten und mehr oder weniger unangefochten vorher nicht für möglich gehaltene Einschränkungen grundgesetzlich verbriefter Bprgerrechte durchzuziehen.

                    Aber das ist ja alles Schnee von gestern, jüngste Geschichte, Aufarbeitung bis in nähere Zukunft ungewiss bis unwahrscheinlich.

                    Ich fände es aber gut und wichtig JETZT schon daraus zu lernen. Weswegen, ich sag es nochmal, es niederschmetternd ist zu erleben wie selbst ansonsten kritische und intelligente Geister dieses geradezu verweigern.
                    Daraus immerhin kann man aber auch was lernen über die menschliche Natur.
                    Ich habe

                    • «Ja, wie in der BRD.»

                      Am Anfang reichten ja auch noch Lappen vor Mund und Nase (eh› – Tuecher und Schals). Ausserdem waren die sowieso nur in eine Richtung dicht.

                      Manche Firmen hatten dann sogar ein Geschaeftmodell daraus entwickelt und lauter bunte Masken produziert. Weiss nicht, ob die mittlerweile Pleite gegangen sind.

                • Nein, ich finde der Albatros hatte voellig recht. Obwohl ich es eigentlich nicht so gemeint hatte, kam das doch beleidigend rueber. Ich freue mich, wenn er hier schreibt.

                  Ansonsten meine ich, wir haben doch alle unsere felsenfesten Ueberzeugungen. Da ist es schwer andere Meinungen zuzulassen, geschweige denn sich davon ueberzeugen zu lassen.

                  Wenn man allerdings in Regierungsverantwortung ist, muesste man das koennen. (D.h. notfalls auch die eigenen Fehler eingestehen, korrigieren und mit den Leuten anderer Meinung wenigstens sachlich diskutieren.)

                  Und ich freue mich, wenn der Albatros hier schreibt.

                  • Etwas leicht ironisches als Beleidigung zu empfinden ist eine ganz individuelle Angelegenheit. «Da steckt man nicht drin» wie es drastisch bildhaft so schön heißt. Es sei denn man kennt sein Gegenüber sehr gut. Die Reaktionen jedoch lassen schon gewisse Schlüsse zu.

                    «Wenn man allerdings in Regierungsverantwortung ist, muesste man das koennen. (D.h. notfalls auch die eigenen Fehler eingestehen, korrigieren und mit den Leuten anderer Meinung wenigstens sachlich diskutieren.)»

                    Ganz meine Meinung, als kühler Demokrat ganz und gar ohne Regierungsverantwortung sollte man das aber doch ebenso können. Je höher das Lebensalter umso eher sollte man das können. Und frau auch.

                    «Und ich freue mich, wenn der Albatros hier schreibt.»

                    Ich auch.

                    Genauso wie ich mich freuen tät wenn andere aus der Freitags Clique hier mitschrieben. Auch ohne vorher dort rausgeflogen zu sein, was alles andere als ein Makel für mich darstellt.

                    • @nerazurra

                      Iritierenderweise sind unter manchen Beiträgen keine Antwortbuttons zum anklicken.

                      «Am Anfang reichten ja auch noch Lappen vor Mund und Nase (eh› – Tuecher und Schals). Ausserdem waren die sowieso nur in eine Richtung dicht.»

                      Montgommery (schüttel) nannte das im DLF ja «lächerlich», eine Bezeichnung die ihn m.E. selbst gut charakterisiert aber wo er Recht hat, hat er Recht.

                    • @Eremit

                      Die Gliederung ist auf zehn Ebenen beschraenkt, sonst wuerden die Kommentare immer duerrer (von der Form her) und irgendwann am rechten Rand rauskommen.

                      Aber das macht nichts: Ich finde alles. Nur in meiner Abwesenheit plus so viel geschrieben wird wie heute plus in einem alten Artikel plus der wiederum aus den Last-five rutscht – ja dann wird es Bruehe.

                      Der Meister findet aber alles. Bekommt jedesmal ’ne @mail und heute ist sein Postfach geflutet (-;

                      Ja Montgommery, den hatte ich schon vergessen. Hatte der nicht mal was ganz haessliches ueber die Corona-Kritiker gesagt? Vielleicht war’s aber auch ein anderer.

                    • «Kurze Frage: Kommen Sie etwa auch aus der «Freitags»-Clique ins Exil?»

                      Kurze Antwort:jein.
                      Aber scharf erkannt, Miss Watson.

                      Ich bin zwar beim Freitag angemeldet, als Communarde (emotikon für Ironie) aber viel zu brav und inaktiv um dort exiliert worden zu sein.

                    • «Kurze Antwort:jein.»

                      Okay. Dann lasse ich die Mietze-Katze mal lieber in der Kiste (-;

                    • Montgomery,»Tyrannei der Ungeimpften». Das sagte er Ende 21 als schon längst klar war dass Ansteckungen durch Impfungen nicht verhindert werden können.
                      Ist noch gar nicht lange her da hat er sich in einem WELT Interview standhaft geweigert das zurückznehmen.

                      Ist für seine Verhältnisse aber nichts besonderes. Er hat die ganze Zeit über den Teufel in den schillerndsten Farben an die Wand gemalt und kaum eine Verunglimpfung anders meinender ausgelassen.
                      So nannte er Entscheudungsträger des OVG Niedersachsen «kleine Richterlein» die sich anmaßend verhalten würden weil sie 2G im Einzelhandel eine Absage erteilten.

                      Und vielen Dank für Ihre Erläuterungen zum organisatorischen.
                      Es ist schon deutlich unübersichtlicher hier als im Freitag. Ich muss nochmal nach Ihren Tipps suchen die Sie zu Beginn des ganzen Blogs hier hinsichtlich der besseren Orientierung gegeben haben.

                    • «Montgomery,»Tyrannei der Ungeimpften».»

                      Genau das meinte ich. Schon schlimm, mit dem Alter wird man immer vergesslicher.

          • @Albatros war und ist eben zu Corona andere Meinung als ich. Das gab und gibt es in meinem Arbeitsumfeld auch. Und mit den gleichen Kollegen bin ich in anderen Fragen gleicher oder ähnlicher Meinung.

            Die Welt is komplex.

            • Sie haben und hatten durchaus Argumente die ich teile. Ich nehme nur ab und zu Positionen ein, die mehr als meine persönliche Ansicht umfassen. Die der Entscheider, der Verwaltung.
              Das heißt, wie würde ich mich an deren Position entscheiden, was wären die Auswirkungen, welche Kritik hätte eine Entscheidung zur Folge. Wie sieht es mit der Durchführbarkeit aus.
              Natürlich ist bei der Pandemie einiges falsch gelaufen, aber es war aus der damaligen Sicht auch vieles richtig. Und ein großer Teil kaum abschätzbar im weiteren Verlauf. Da muß man selbstverständlich auch experimentieren, probieren wie sich eine Maßnahme auswirkt.
              Jede Entscheidung hätte Kritik nach sich gezogen. Die Entscheidung, aber auch die Unterlassung.
              Zur Zeit liegen wir bei 670 Todesfällen pro Woche durch oder mit Corona. Diese Zahl kann man natürlich anzweifeln.

              • «Zur Zeit liegen wir bei 670 Todesfällen pro Woche durch oder mit Corona. Diese Zahl kann man natürlich anzweifeln.»

                Ich bezweifle nicht, dass sich bei 670 Todesfällen pro Woche SARS-Cov2-RNA nachweisen lässt. Aber machen Sie solche Tests bei allen Sterbefällen mal mit Rhinoviren.

                Ich bezweifle nicht einmal, dass einige darunter wirklich an Covid-19 gestorben sind. Nur eben im Winter 2022/23 viel weniger an Covid-19 als an Influenza.

                • Rhinoviren erscheinen mir nicht so dramatisch.
                  Zur Hochzeit von Corona wurden in der Abteilung eines Krankenhauses hier die Sterbefälle fast am Fließband abgefertigt. (War vor Ort) Das war nicht normal, auch keine erwartbare Schwankung.
                  Sicher bin ich mit Ihnen der Meinung, nicht jeder starb ursächlich an Corone.
                  Nur müßte es laut Zahlen die Mehrheit gewesen sein.
                  Ich habe damals quasi täglich Daten verfolgt und bin daher zu meiner Einschätzung gekommen. Andere sehen das aus einem anderen Blickwinkel. Seien wir froh, daß es Kontroversen gibt, sonst kämen wir nicht weiter. Nur so kann man Ungereimtheiten entdecken.
                  Ich habe durch gute Kritik auch hier und da mit der Zeit meine Meinungen geändert.
                  Ich stimme mit Ihnen so häufig überein, lassen wir uns diese Meinungsverschiedenheit, sonst wirds womöglich noch langweilig.

                  • «Rhinoviren erscheinen mir nicht so dramatisch.»

                    Nee. Aber sie lassen sich, wenn sie gerade stark im Umlauf sind, bei vielen Leuten nachweisen – also auch bei Verstorbenen. Genau so wirh «mit Covid-19 gestorben» definiert.

                    Das ist von Anfang an absichtlich so gehandhabt worden, um Leuten Angst zu machen. Deshalb glaube ich offiziellen Corona-Todeszahlen kein Stück weit.

                    Ja, es gab eine Covid19-Pandemie. Das bestreite ich überhaupt nicht. Es gab viele Sterbefälle, die wirklich diesem Virus zuzuordnen waren. Aber die Reaktion darauf hat trotzdem netto sehr viel Schaden angerichtet, also sehr viel mehr geschadet als genutzt.

            • Ja, das sollte eigentlich auch keine Kritik sein. Ich bin da ja auch nicht anders, wenn ich bei manchem anderer Meinung bin. Es war einfach…weiss nicht: Uebermut oder so, eben dumm von mir.

              Und ich lese gern, was @Albatros schreibt. Er weiss (wie auch Sie) sehr viel mehr als ich.

    • «Und waere der denn ueberhaupt rechtlich bindend?»

      Ja, ein Volksentscheid ist in Berlin rechtlich bindend. Hätte die Vorlage das Quorum und eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht, so wäre diese Gesetzesnovelle einer Gesetzesnovelle des Abgeordnetenhauses gleichgestellt gewesen, also in Kraft getreten.

      • Wieso ist dann aber der Volksentscheid: „Deutsche Wohnen & Co enteignen» nicht bindend? Oder ist das nur mein Eindruck?

        Ob das sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt. (So wie ich Sie «kenne», haben Sie sicher x gute Gruende dagegen.)

        • «Wieso ist dann aber der Volksentscheid: „Deutsche Wohnen & Co enteignen» nicht bindend?»

          Das ist tatsächlich subtil. Dieser Volksentscheid ist nicht bindend. Die Wikipedia erklärt das:

          «Sofern ein Volksbegehren ein Gesetz oder eine Verfassungsänderung zum Inhalt hat, ist das Ergebnis eines Volksentscheides hierzu verbindlich und ein auf diesem Weg beschlossenes Gesetz muss in Kraft treten.»

          Heute ging es um ein Gesetz, das wäre bindend gewesen.

          «Hat ein Volksbegehren einen allgemeinen Gegenstand der politischen Willensbildung zum Inhalt, zu dem auch das Abgeordnetenhaus keinen verbindlich Entschluss treffen darf, hat der Volksentscheid nur empfehlenden Charakter.»

          Das war bei der Deutschen Wohnen so. Gegenstand war:

          «Daher wird der Senat von Berlin aufgefordert, alle Maßnahmen einzuleiten, die zur Überführung von Immobilien sowie Grund und Boden in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung nach Art. 15 des Grundgesetzes erforderlich sind.»

          Es ging also nicht um ein Gesetz oder eine Verfassungsänderung. Das Abgeordnetenhaus in Berlin darf auch kein Gesetz zur Enteignung beschliessen. Der Senat hat daher gewisse Freiheiten bezüglich der Umsetzung.

  2. Kein guter Tag für Grünbewegte. In Kassel hat der grüne Oberbürgermeisterkandidat die Stichwahl zwar gewonnen. Aber der Gegenkandidat, der Amtsinhaber Christian Geselle, der den ersten Wahlgang noch knapp (32% zu 28%) gewonnen hatte, hatte sich bereits zurückgezogen. Geselle hatte sich bereits vor der Wahl mit der SPD überworfen und war als unabhängiger Kandidat angetreten. Die SPD-Gegenkandidatin hatte es im ersten Wahlgang auf 14% gebracht.

    Es ging für den Grünen Sven Schoeller nur noch um «Ja» oder «Nein». Und das war knapp. 49% hätten lieber eine Neuwahl gehabt als diesen Oberbürgermeister.

    Das ist deshalb interessant, weil es eine Vignette zum allgemeinen Misstrauen in den gegenwärtigen Zustand der Parteiendemokratie in Deutschland ist. Und auch zur Unzufriednheit des noch kompetenten Führungspersonals mit diesem Zustand.

  3. In Frankfurt/Main gab es auch eine Oberbürgermeister(stich)wahl. Der Vorgänger von der SPD hatte das Amt wegen Korruptionsvorwürfen verlassen müssen, wobei es im Vergleich zu Ich-kann-mich-nicht-an-Warburg-erinnern um Kleinigkeiten gegangen war.

    Gewonnen hat relativ knapp der nächste Kandidat der SPD. Die Wahlbeteiligung betrug 34.5%.

  4. Obwohl es gegen die Initiative «Klimaneustart» in Berlin keine Gegenkampagne gab, haben bei 35.8% Beteiligung 48.7% mit Nein gestimmt und nur 50.9% dafür. Von den nötigen etwa 608’000 Ja-Stimmen kamen etwa 442’000 zusammen. Das sind knapp 72% dessen, was nötig gewesen wäre, um die Vorlage durchzubringen.

    Dieses Ergebnis zeigt, wie wichtig und aussichtsreich es ist, sich in solchen Fällen an der Abstimmung zu beteiligen und dagegen zu stimmen.

    • «Dieses Ergebnis zeigt, wie wichtig und aussichtsreich es ist, sich in solchen Fällen an der Abstimmung zu beteiligen und dagegen zu stimmen.»

      Ja, als Gegner bei solchen Ja/Nein- Grundsatzfragen macht das schon Sinn, damit dann nicht schlimmstenfalls 25 % des Wahlvolks den Kurs bestimmen. Als Befuerworter noch umso mehr.

        • Ja, dumm gelaufen.

          So richtig aergerlich fand ich ja, dass in Ihrer Wahlheimat der Volksentscheid zum BGE gescheitert ist – und nicht mal knapp sondern krachend. Das waere mal ein schoenes Experiment gewesen.

          • Die Schweizer haben schon gegen Steuersenkungen und gegen längere Ferien gestimmt, also auch gegen das bedingungslose Grundeinkommen.

            Wenn eine direkte Demokratie länger betrieben wird und auch systematisch auf der noch überschaubaren lokalen Ebene, dann verstehen die Leute, dass erst erarbeitet werden muss, was man dann verbraucht – auch in der gesamten Gesellschaft.

            • Ja, was das BGE betrifft, kann das vom Logischen her nicht gut gehen. In Kanada (Provinz Ontario) hatten sie nach einem Jahr das Experiment beendet und in Finnland war das auf zwei Jahre beschraenkt. Wurde nicht fortgefuehrt, war wahrsch. auch letztlich nicht finanzierbar.

  5. Ich spekuliere mal, von den Nichtwählern wäre der größere Teil dagegen gewesen.
    Wenn ich mir überlege, was man vorhatte müßte Berlin vom Umland, teilweise aus ganz Deutschland Ressourcen abziehen um das zu versuchen. Fachleute, Wärmepumpen, Dämmmaterial, und vieles andere.
    Es sind immerhin nur 7 Jahre und wir sind noch in der Diskussion wie das Thema Heizung gelöst werden soll. Und dies ist nur ein Bereich in diesem Zusammenhang.
    Wollte man Berlin ein eine Baustelle verwandeln?
    Man müßte ja an zig Häusern pro Straße gleichzeitig bauen, absperren, Dächer teilw. neu decken und mit Solarpanelen versehen, Rohre durch Häuser ziehen, Altanlagen ausbauen, Fassaden zukleben, Autoverkehr beseitigen…na, das reicht erst mal .
    Berlin hat ca. 2 Millionen Haushalte, die Anzahl der Gebäude habe nicht recherchieren können. Aber das zeigt schon die Dimension um die es geht.
    Materialmangel wäre vorprogrammiert und ein Scheitern dazu. Nicht zu vergessen der finanzielle Aufwand der nicht von allen zu stemmen ist und die enorme Summe an Zuschüssen, die sich Berlin eigentlich gar nicht leisten kann. Das heißt, der Bund müßte einspringen.
    Wir reden über 7 Jahre und die zugehörigen gesetzlichen Regelungen sind noch gar nicht unter Dach und Fach.
    Nicht zu vergessen, wir haben auch andere Baustellen in die Geld fließen muß und vieles müßte unerledigt bleiben, wenn man alles in ein Großprojekt steckt.

  6. Wenn man sich Gedanken über die reale Durchführung macht und diese verlauten läßt, kommt ma schnell in den Ruf gegen Klima- und Umweltschutz zu sein.
    Eine sachliche Diskussion ist dadurch praktisch ausgeschlossen.
    Nehmen wir für solche Vorhaben einmal die Kostenvoranschläge. Die sind berechnet aufgrund der existierenden Preise. Nun ist klar, wenn die Nachfrage steigt, werden auch Materialien und ausführende Firmen teurer.
    Siehe Lithium. Man will auf Akkus umsteigen, der gesetzliche Druck steigt und die Lithiumpreise erhöhen sich in kurzer Zeit auf das vierfache.
    Der PKW und LKW Verkehr müßte in Berlin nach oben gehen und gleichzeitig will man ihn verringern.
    Bezüglich Dächer neu decken: Das wäre bei einigen Objekten ein Nebeneffekt. Ist das Dach älter und müßte in einigen Jahren neu gemacht werden sollte man das vorziehen, damit die Solaranlage zu diesem Zweck nicht erst wieder abgebaut werden muß. Evtl. ist auch eine Isolierung erforderlich.
    Es geht nicht nur um eine Wärmepumpe irgendwo aufzustellen.
    Die behördlichen Genehmigungen und Vorschriften lassen wir mal ganz außer Acht.
    Klimaneutral bedeutet, NICHTS emitieren das das Klima beeinflußt. Dazu zählen aber auch alle Emissionen die außerhalb für Berlin entstehen.
    Nun frage ich mich, wie wollte man eigentlich rechnen um das auf dem Papier zu erreichen?

  7. Nicht passend, aber etwas zu westlichen Werten:

    «60 Tage wurde Jack weggesperrt. Das Vergehen des 13-Jährigen: Er hatte einem Gleichaltrigen bei einem Streit einen Schlag versetzt. Als dieser drohte, die Polizei zu rufen, riss der junge Aborigine ihm das Smartphone aus der Hand. Jack wurde im australischen Bundesstaat Queensland wegen Körperverletzung und Diebstahls festgenommen und kam ohne Prozess oder Verurteilung insgesamt zwei Monate in ein Jugendgefängnis – davon lange Strecken in Einzelhaft.»

    Kein Einzelfall und ein Beleg, daß wir uns gegenüber anderen Staaten nicht soweit aus dem Fenster lehnen sollten. Auch wenn Australien nicht Deutschland ist.

        • Noe.

          An deren Stelle (den Gruenen) wuerde ich aber mit Platzen der Koalition drohen, wenn meine (den Gruenen) Ihre Forderungen nicht wenigstens im Wesentlichen erfuellt werden. Aber klar, je mehr man ihnen (den Gruenen) auf den Kopf haut, um so mehr beugen sie sich. (frei nach Putin)

            • Nee, aber das ist nicht der Punkt.

              Wenn ich SPD waere, wuerde ich mir das dreimal ueberlegen, ob ich das wirklich will – als Juniorpartner wiedermal in ’ner «grossen» Koalition (mit rund 10 % Rueckstand) oder u. U. auch als «Deutschland»-Koalition (mit der FDP im Schlepptau).

              • Aber die SPD hat doch die letzten 24 Jahre bewiesen was sie wirklich will. Sie will an Machtpositionen, kurzfristig. «Oposition ist Mist». Sozialdemokratische Kernkompetenz, Engagement für «den kleinen Mann/Frau», ist verglichen dazu doch allerhöchstens zweitrangig.
                Und da sie sich inhaltlich von der «sozialdemokratisierten» CDU kaum unterscheidet, wäre es mit denen und der FDP vermutlich angenehmer durch zu regieren.

                Und die Grünen schrecken ebenfalls nicht vor einer Koallition mit wem auch immer zurück.

                • Alles richtig, was die Gruenen betrifft.

                  Die SPD will natuerlich auch nichts weiter als an der Macht zu bleiben. Allerdings, wenn die unter einer CDU-Regierung mit unter 20 % die zweite Geige spielt, ist die Gefahr gross, dass der noch mehr Waehler davon laufen und sie sich dann irgendwann hinter der AfD auf Platz vier wiederfindet. Bei den letzten Landtagswahlen in Sachsen (2019) waren die (SPD) sogar auf Platz 5 mit 7,7%.

                  Man muss ja auch sehen, dass die SPD die letzte Bundestagswahl nur dadurch gewonnen hatten, weil die CDU den denkbar schlechtesten Kandidaten aufgestellt hatte, der zudem im Vorfeld noch sehr ungluecklich agiert hatte. Prozentmaeszig war das doch eines der schlechtesten Ergebnisse, das die SPD je hatte.

                    • Schön formuliert, wenn man aber bedenkt dass er auch noch taub und stumm ist («ich kann mich nicht erinnern das gehört zu haben und kann daher auch nichts dazu sagen»)
                      ist es schon sehr beachtlich dass er die Wahl gewonnen hat.

                      Mich jedenfalls hat das mächtig überrascht.
                      Im Nachhinein dann weniger, denn hinterher ist man ja immer schlauer.
                      Immer? Schön wär’s.

                    • Nun ja, wie gesagt, angesichts der Alternativen fand ich es sogar nachvollziehbar. Dass Scholz in der Regierung genauso nichtssagend sein würde wie im Wahlkampf, scheint dann viele Leute überrascht zu haben.

                • Na ja, ich denke mal die FDP fuehlt sich in dieser Koalition ganz wohl. Allerdings, wenn sich die SPD mehr den Gruenen zuwenden wuerde, koennte das natuerlich auch passieren – nur dass dann fuer die FDP auch nicht ganz sicher waere, ob sie in der naechsten Koalition vertreten waeren.

                    • Ja, dass hat der «Einaeugige» – zur Rettung der Ampel -gut gemacht.

                      Fuer die FDP koennte aber auch das Verlassen der Koalition den Tod bedeuten.

                      Wuerden die bei Neuwahlen unter 5 % fallen, haette es sich ausgelindnert. (Wie die FDP-Waehler drauf sind, weiss ich allerdings nicht.)

  8. Eine Regierung die auf viele Lobbygruppen Rücksicht nehmen will und gleichzeitig Vorhaben angehen möchte die teilweise unmöglich sind, andererseits aber alle verfügbaren Ressourcen benötigen, kann nur scheitern.
    Wir haben Konzerne mit Rekordgewinnen im Krisenjahr 2022, dieses Geld fehlt nun für andere Bereiche. Es handelt sich um hohe 2-stellige Milliardenbeträge die zusätzlich abgegriffen wurden. Je nach Rechnung kann es auch in den 3-stelligen Bereich laufen.
    Die hohe Neuverschuldung kommt noch obendrauf.
    Tatsächlich ist aber mit diesem Betrag kaum etwas substanzielles geschaffen worden. Der große notwendige Wurf, ist von dieser Koalition nicht zu erwarten. Von der nächsten wohl auch kaum.
    Der Krieg lenkt zwar ab, aber die aufgelaufenen Problemfelder sind dadurch nicht verschwunden. Die nächsten Jahre wird man nur Schadensbegrenzung betreiben und die Bürokratie wird weiter anwachsen.
    Von politischer Seite hört man «Aufbruch», «Beschleunigung», «Zeitenwende». Das sollte man nicht ernst nehmen. Dazu bräuchten wir neue Leute, eine andere Parteistruktur. Den Wähler nicht zu vergessen.
    Entscheidend wird wohl sein, mit welchem Nachdruck von unten Rechte und Lösungen eingefordert werden.
    Nehmen wir die Bürokratie. Der Abbau wird immer wieder versprochen, in der Realität ist ein Zuwachs zu verzeichnen. Die Betroffenen müssen lernen sich mit Beschwerden und juristischem Vorgehen zu wehren. Aufbruch und monatelanges Warten auf eine einfache Entscheidung passen nicht zusammen. Der Staat steht in der Pflicht und wenn er es aus personellen Gründen nicht schafft, muß man daran denken, er hat sich diesen bürokratischen Aufwand selbst geschaffen.
    Leider hat die Digitalisierung nicht zu einer Beschleunigung geführt. Im Gegenteil, noch mehr Daten werden erhoben. Im Gegensatz zu einem Brief ist eine email sehr viel schneller um anschließend noch länger als ein Brief im Postfach zu vergammeln.
    Abgesehen davon, eine email, ein Einschreiben, ein Brief gilt nicht als rechtsverbindlich, in Bezug auf den Inhalt, zugestellt. Bis heute gibt es keine praktikable, verbindliche Lösung.
    Wir beschäftigen uns zu sehr mit Schlagworten, rennen jeder Sau die durch das Dorf getrieben wird hinterher. Dadurch entstehen sehr viele widerstreitende Interessen für die man keinen Konsens mehr finden kann.
    Für jede Interessengruppe gibt es eine Gegengruppe und die Substanz des eigentlichen Problems geht unter.

Schreiben Sie einen Kommentar