Der eiserne General und sein Präsident


Stellungskrieg Der Oberbefehlshaber eines kriegführenden Landes veröffentlicht einen Aufsatz über die militärische Lage und über mögliche Auswege aus der verfahrenen Situation. Was könnte ihn zu einem so ungewöhnlichen Schritt veranlasst haben?

Wer ist Walerij Saluschnyj?

Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, General Walerij Saluschnyj (50), ist ein Offizier fast ohne sowjetische militärische Vergangenheit. Nachdem er 1989 die Schule in Nowohrad-Wolynskyj in der nordwestukrainischen Region Schytomyr abgeschlossen hatte, besuchte Saluschnyj zunächst eine Fachschule für Maschinenbau. Am 21. Dezember 1991 wurde die Sowjetunion aufgelöst. Saluschnyj trat einige Jahre später in die Militärschule der Landstreitkräfte in Odessa ein. Die wechselte zwischen Odessa und Kiew hin und her und Saluschnyj schloss sie 2007 mit einer Goldmedaille ab. Der deutlich jüngere Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow (37), war ein Absolvent des gleichen Jahrgangs.

Seine Ausbildung auf dem Niveau strategischer Operationen schloss Saluschnyj 2014 als Jahrgangsbester an der Nationalen Universität der Ukraine für Verteidigung «Ivan Cherniakhovskyi» ab. Gerüchten zufolge wurde er dafür mit dem «Ehrenschwert der britischen Königin» ausgezeichnet. Allerdings lässt sich nicht einmal die Existenz einer solchen Auszeichnung gegenrecherchieren. Saluschnyj ist seither ein starker Proponent einer Reform der ukrainischen Streitkräfte nach NATO-Standards gewesen. Er ist ein glänzend begabter Militär und nach anderthalb Jahren als Oberbefehlshaber im modernsten Landkrieg der Weltgeschichte auch einer der operativ erfahrensten Generäle der Welt. Meine Einschätzung des Ukraine-Kriegs als modernster Landkrieg beruht darauf, dass sich hier zwei Seiten mit vergleichbarer Stärke gegenüberstehen, die beide ihre Operationen auf dem höchsten technologischen Niveau führen. So etwas hatte es zuvor letztmals im 2. Weltkrieg gegeben.

In Saluschnyjs Biographie scheint es keine Brüche zu geben. Gleichwohl spiegelt sich in ihr der Umbruch in der Ukraine und die zunehmende Entfremdung von Russland wider. Seine Geburtstadt Nowohrad-Wolynskyj heißt seit dem 22. November 2022 Swjahel. Das ist die ukrainisierte Form des Namens Swagel, den die Stadt bis zur zweiten Teilung Polens 1793 getragen hatte, bei der sie unter russische Kontrolle geriet. Die Nationale Universität für Verteidigung der Ukraine war nach dem sowjet-ukrainischen Armeegeneral Ivan Cherniakhovskyi benannt, der am 18. Februar 1945 in Ostpreußen im Alter von 36 Jahren fiel. Diesen Namen hat der Präsident der Ukraine der Militäruniversität im Juni 2023 entzogen.

Nach allem, was wir wissen, ist Saluschnyj offen, charakterstark, im Privaten konziliant und nicht korrupt. Eine Erbschaft von 1 Million US$, die ihm ein US-amerikanischer Exilukrainer vermachte, hat er den Streitkräften der Ukraine gespendet. Ein patriotisches Video hat Saluschnyj den Spitznamen «Zalizni Nezlamnyy Zaluzhnyy» verliehen, der «Eiserne unzerstörbare Saluschnyj». Im Gegensatz zu seinem Präsidenten Selenskyj und zu verschiedenen US-amerikanischen Generälen hat Saluschnyj nicht aktiv versucht, in der Öffentlichkeit als «Star» aufzutreten. Was Interviews angeht, war Saluschnyj bisher zurückhaltend.

Der Aufsatz des eisernen Generals

Am 1. November 2023 veröffentlichte der britische «Economist» Auszüge aus einem Interview mit Saluschnyj. Der Untertitel des Beitrags dominierte die Rezeption in westlichen und russischen Medien. Er lautet «General Waleryj Saluschnyj gibt zu, dass sich der Krieg in einer Pattsituation befindet». Propagandisten beider Seiten liefen gegen diese Feststellung Sturm. Das auf der ukrainischen Seite stehende «Institute for the Study of War» (ISW) unterschied zwischen einer «Pattsituation», die vorläge, und einem «völligen Patt», das nicht vorläge. Auf der russischen Seite befleißigte sich gar der Sprecher des Kreml, Dimitri Peskow, zu einem Dementi. Eine Pattsituation läge nicht vor. Die russische Seite werde all ihre Kriegsziele erreichen.

Weniger Beachtung als das Interview fand der zugehörige Artikel, den Saluschnyj für den «Economist» auf Einladung geschrieben hatte. Er erschien ebenfalls am 1. November. Noch weniger Beachtung fand der vollständige Aufsatz Saluschnyjs, von dem der Artikel nur eine Kurzform ist. Der Aufsatz ist beim «Economist» direkt unter dem Artikel verlinkt und wurde auch vom ISW am 1. November direkt verlinkt. Im Folgenden analysiere ich diesen Aufsatz, weil er die vollständige, ungefilterte Analyse Saluschnyjs beinhaltet.

Saluschnyj beginnt mit der Feststellung, dass die Ukraine in einen Krieg «gegen einen stärkeren Feind eingetreten [sei], der über eine Vielzahl von Waffen und viel größere Mobilisierungsmöglichkeiten» verfüge. Er fährt dann mit der am stärksten beachteten Feststellung fort: «Der Krieg geht [nun] in einen Stellungskrieg über, aus dem es im historischen Rückblick sowohl für die Streitkräfte als auch für den Staat als Ganzes immer schwierig war, auszubrechen.» Damit sagt er militärisch gebildeten Beobachtern nichts Neues. Das hat der Versuch einer ukrainischen Sommeroffensive vom 4. Juni 2023 bis in den Oktober offenbart. Saluschnyj erklärt hier öffentlich, dass er es verstanden hat und seine weiteren Planungen an diesem Verständnis ausrichten wird. Saluschnyj wird von Freund und Feind als kompetent angesehen. Der Inhalt dieses Eingeständnisses kommt daher auch nicht überraschend. Die Form schon. Darauf komme ich später zurück.

Auch die nächsten Sätze sind für militärisch gebildete Beobachter nicht überraschend. Das allgemeine Publikum wird jedoch aufmerken, weil die ukrainische und westliche Propaganda seit Monaten das Gegenteil behauptet: «Gleichzeitig ist die Verlängerung eines Krieges in der Regel für eine der Konfliktparteien vorteilhaft. In unserem Fall ist das die Russische Föderation, denn sie erhält die Möglichkeit, ihre militärische Macht wiederherzustellen und auszubauen.» Saluschnyj schließt daraus, dass die Ukraine unbedingt und bald aus diesem Stellungskrieg ausbrechen muss. Auch das ist richtig.

Zurück zur Bewegung?

Saluschnyj zählt fünf Bedingungen auf, die für einen Ausbruch aus dem Stellungskrieg erfüllt werden müssen: «Erlangung der Luftüberlegenheit; Durchbrechen von Minensperren in der Tiefe; Erhöhung der Wirksamkeit in Artillerieduellen; Schaffung und Ausbildung der erforderlichen Reserven; Ausbau der Fähigkeiten im Bereich der elektronischen Kampfführung». Das meiste davon dürfte auch Laien verständlich sein. Mit dem Durchbrechen von Minensperren in der Tiefe ist das gemeint, was der ukrainischen Seite zu keinem Zeitpunkt ihrer versuchten Gegenoffensive 2023 gelungen ist: Eine Schneise in ein Minenfeld zu schlagen, die in der Folge eine große Operation entlang dieser Linie gestattet. Mit Artillerieduellen ist gemeint, die gegnerische Artillerie durch eigenes Artilleriefeuer oder andere Maßnahmen kampfunfähig zu machen. Gelingt das nicht, bleiben große Offensivoperationen unter hohen Verlusten stecken. Saluschnyj beschreibt das am Beispiel der ersten russischen Angriffswelle gegen Awdijiwka Anfang Oktober.

Was ist von diesen Punkten zu halten? Luftüberlegenheit hat drei Aspekte: Die Luftstreitkräfte, die Raketenkräfte und die Luftverteidigung. Russland hat Luftstreitkräfte und Raketenkräfte, die denjenigen der NATO ebenbürtig sind. Es ist selbst beim besten Willen unrealistisch, dass der Westen die Ukraine so stark unterstützen kann, dass sie auf diesem Gebiet auch nur Parität erreicht. Russland verfügt über ein Luftverteidigungssystem, das ich in seiner Diversität und in seinen besten Komponenten, wie den S-400-Batterien, als der NATO-Luftverteidigung leicht überlegen ansehe. Auch wenn man die ukrainischen Achtungserfolge gegen die russische Luftverteidigung in Betracht zieht, stellt man fest, dass die russische Seite gegenwärtig viel weniger Luftabwehrraketen verbraucht als die Ukraine. Die Gründe sind die überlegenen russischen Luftstreitkräfte und Raketenkräfte und die stärkere Austattung der Russen mit modernen Flaksystemen, die billige Drohnen bekämpfen können, ohne dafür teurere Raketen zu benötigen.

Im Sommer 2023 ist die ukrainische Luftverteidigung schwächer geworden. Sie bekämpft jetzt einen geringeren Teil der gegnerischen Luftziele erfolgreich als noch im Frühjahr. Es wäre schon ein großer Erfolg, wenn sie nicht weiter ausdünnt. Dass sie Parität mit der russischen Luftverteidigung erreicht, ist in diesem Jahrzehnt nicht zu erwarten. Wiederum gilt das auch beim besten Willen des Westens zu helfen.

Saluschnyj zitiert dann Einschätzungen, nach denen die russische Seite bis Ende 2023 die «Zahl der Flugzeuge durch den Aufbau neuer Angriffsfliegerstaffeln erhöhen» könnte. Er stellt weiter fest, dass es Russland nicht gelungen ist und wohl auch nicht gelingen wird, die Luftherrschaft zu erlangen, mit der sie ungehindert aus der Luft ukrainische Truppen bekämpfen könnte.

Was die russischen Minenfelder betrifft, so erwähnt Saluschnyj deren Dichte und deren Tiefe von 15-20 km sowie die Überwachung durch Drohnen. Diese würden sofort Feuer auf ukrainische Minenräumtechnik lenken. Zudem habe die russische Seite die Fähigkeit, geräumte Minenfelder mit Systemen wie «Zemledeliye» aus der Ferne wiederherzustellen. Er gibt an, dass die Ukraine über ähnliche Fähigkeiten verfüge. Das erkläre weitgehend, warum es zum Stellungskrieg gekommen sei.

Bezüglich der Artillerieduelle bestätigt Saluschnyj Einschätzungen, die man gelegentlich schon in westlichen Medien lesen konnte. Im Sommer war es der Ukraine mit westlichen Präzisionssystemen zunächst gelungen, auf diesem Gebiet eine Überlegenheit zu erzielen. Aus meiner Sicht war gerade das eine wesentliche Grundlage der erfolgreichen ukrainischen Gegenoffensive im Frühherbst 2022. Da diese Systeme aber GPS-abhängig seien, so Saluschnyj weiter, sei der Vorteil inzwischen durch die russische elektronische Kriegsführung zunichte gemacht worden. Zudem könne die russische Seite nun ihrerseits mit einer breiten Palette eigener Systeme schwer abzuwehrende Angriffe auf ukrainische Batterien führen. Saluschnyj erwähnt speziell die Krasnodar-Artilleriemunition, mit der die russische Seite laserbeleuchtete Ziele präzise treffen könne. Deren Produktion und Einsatzintensität habe sie nun erhöht. Aus der Anfangsphase der ukrainischen Gegenoffensive gibt es ein Video, in dem die Zerstörung eines Leopard-2 mit Krasnodar-Munition zu sehen ist. Ich hatte es damals verlinkt.

Mobilisierungsmöglichkeiten

Saluschnyj führt weiter aus, dass Russland gegenüber der Ukraine etwa über die dreifache Kapazität zur Mobilisierung von Reserven verfüge. Russland habe das bisher aus vorwiegend politischen Gründen nicht genutzt. Auch das überrascht inhaltlich nicht. Überraschend ist nur, dass der ukrainische Oberbefehlshaber es ausspricht. Saluschnyj fährt fort, dass Putin am Vorabend von Präsidentschaftswahlen kaum eine allgemeine Mobilmachung riskieren werde. Er erwähnt nicht direkt, das sich daraus für die Ukraine ein Risiko nach den russischen Präsidentschaftswahlen am 17. März 2024 ergibt.

Überraschenderweise spricht Saluschnyj dann über eine verringerte Motivation ukrainischer Bürger zum Militärdienst und beendet den Abschnitt mit dem Satz: «Dies führt dazu, dass die Ukraine nicht in der Lage ist, eine Überlegenheit gegenüber dem Feind durch eine Erhöhung der Anzahl der Reserven zu erreichen.»

Was die elektronische Kriegsführung angeht, so gibt Saluschnyj an, dass die Ukraine mittlerweile mit westlicher Hilfe Parität mit Russland erreicht habe. Für mich war das die erste wichtige Information in Saluschnyjs Aufsatz, die mir neu war. Angesichts seiner sonstigen realistischen Einschätzungen schenke ich ihm in diesem Punkt Glauben.

Saluschnyj zählt dann eine Reihe von Möglichkeiten auf, um in den Punkten der Luftüberlegenheit, der Minenfelder, der Artillerieduelle, der Mobilisierung von Reserven und der elektronischen Kriegführung voranzukommen. Keiner seiner Vorschläge verspricht eine entscheidende Änderung des Kräfteverhältnisses. Hier erstaunt mich auch, dass Saluschnyj bis ins Detail konkrete Pläne aufführt. Entweder geht er davon aus, dass die gegnerische Seite die Pläne bereits kennt oder er hat anderes vor. Da die Pläne jedoch im Rahmen der ukrainischen Möglichkeiten kompetent und realistisch erscheinen, ist ihre öffentliche Erläuterung durch den Oberbefehlshaber rätselhaft.

Saluschnyjs Schlussfolgerungen

Gegen Ende zerstört Saluschnyj ein weiteres Element westlicher und ukrainischer Durchhaltepropaganda. Er schreibt: «So ist Russland derzeit in der Lage, seine Überlegenheit bei Waffen und Ausrüstung, Raketen und Munition für eine beträchtliche Zeit aufrechtzuerhalten, während die Fähigkeiten seiner Rüstungsindustrie zunehmen, obwohl die führenden Länder der Welt noch nie dagewesene Sanktionen gegen den Aggressorstaat eingeführt haben.» Saluschnyj erklärt, dass die ukrainischen Truppen bezüglich der Munition praktisch von der Hand in den Mund leben. Das Hochfahren westlicher Produktionskapazitäten nehme erhebliche Zeit in Anspruch. Die Ukraine brauche langreichweitige Raketen, möglichst aus eigener Produktion. Saluschnyj schließt mit der Feststellung, es sei nötig, neue und nichttriviale Wege zu finden, um die Parität mit dem Gegner zu brechen und wieder in einen Bewegungskrieg überzugehen. «Nichttrivial» dürfte hier ein Euphemismus dafür sein, dass gangbare Wege derzeit nicht ersichtlich sind.

Warum ein derartiger Aufsatz?

Als ich diesen Aufsatz zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mir die Augen gerieben. Dass der ukrainische Oberbefehlshaber so etwas schreibt, ist verständlich, es ist ja auch intelligent argumentiert. Dass er es intern mit der Militärführung und der politischen Führung der Ukraine diskutieren würde, wäre ebenfalls verständlich. Genau so etwas ist seine Aufgabe. Aber wieso offenbart er es der Weltöffentlichkeit?

So etwas tut man nicht und Saluschnyj weiß, was er tut. Warum tut er es dann?

Ich kann hier nur spekulieren. Saluschnyj wird seine Beweggründe kaum offenbaren. Bevor ich selbst argumentiere, gebe ich hier mein Interview mit ChatGPT 3.5 zu dieser Frage wieder:

Blog Samstagern: «Warum würde ein Oberbefehlshaber eines Landes, das sich im Krieg befindet, einen Aufsatz schreiben, in dem er feststellt, dass der Krieg eine Pattsituation erreicht hat, und ausführlich erörtert, welche Maßnahmen seinem Land helfen könnten, die Parität mit dem Feind zu durchbrechen? Und warum würde er diesen Aufsatz einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen?»

ChatGPT 3.5: «Es könnte mehrere Gründe geben, warum ein Oberbefehlshaber eines Landes, das sich im Krieg befindet, sich dazu entschließt, einen solchen Aufsatz zu schreiben und ihn der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen:

1. Transparenz und Rechenschaftspflicht: Der Oberbefehlshaber möchte der Öffentlichkeit gegenüber Transparenz über den aktuellen Stand des Krieges zeigen. Indem er eine Pattsituation einräumt, zeigt er Ehrlichkeit und die Bereitschaft, für die Situation zur Rechenschaft gezogen zu werden.

2. Stärkung von Moral und Einheit: Indem der Befehlshaber die Herausforderungen, vor denen das Land steht, offen anspricht, könnte er versuchen, die Unterstützung der Öffentlichkeit zu gewinnen und die Moral zu stärken. Auf diese Weise kann er zeigen, dass er an die Widerstandsfähigkeit und Stärke seines Landes und seiner Bevölkerung glaubt.

3. Innovative Lösungen anstreben: Indem der Befehlshaber seine Einschätzung der Situation mitteilt, hofft er vielleicht, die Öffentlichkeit zu neuen Perspektiven und Ideen zu ermutigen. Er könnte glauben, dass die Öffnung der Diskussion für ein breiteres Publikum zu innovativen Strategien oder Lösungen führen könnte, die in militärischen Kreisen allein vielleicht nicht in Betracht gezogen worden wären.

4. Internationale Diplomatie: Der Befehlshaber könnte diesen Aufsatz als diplomatisches Mittel einsetzen. Indem er eine Pattsituation anerkennt und mögliche Maßnahmen zu ihrer Überwindung erörtert, könnte er dem Feind und anderen beteiligten Ländern signalisieren, dass er zu einem sinnvollen Dialog oder Verhandlungen bereit ist, um den Konflikt zu beenden.

5. Öffentlichkeitsarbeit und Aufbau von Vertrauen: Die Veröffentlichung eines solchen Aufsatzes könnte ein Mittel sein, um Vertrauen in der Öffentlichkeit aufzubauen. Es zeigt, dass der Befehlshaber eine offene Kommunikation schätzt und die Intelligenz und das Verständnis der Bürger respektiert. Dies kann dazu beitragen, ein stärkeres Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Vertrauens zwischen der militärischen Führung und der Zivilbevölkerung zu schaffen.

6. Verhinderung von Panik: Das Eingeständnis einer Pattsituation kann dazu beitragen, unrealistische Erwartungen oder falschen Optimismus in der Öffentlichkeit zu vermeiden. Es kann ein Weg sein, sie auf die Möglichkeit eines länger andauernden Konflikts und die Notwendigkeit fortgesetzter Opferbereitschaft und Widerstandsfähigkeit vorzubereiten.

7. Historische Dokumentation: Der Aufsatz kann auch als historisches Dokument dienen, das künftigen Generationen Einblicke in das strategische Denken und den Entscheidungsprozess des Befehlshabers in einer kritischen Phase des Krieges gewährt.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Entscheidung, einen solchen Aufsatz zu veröffentlichen, sehr komplex wäre und die spezifischen Beweggründe von den einzigartigen Umständen und politischen Erwägungen der Situation abhängen würden. Außerdem müsste der Befehlshaber die potenziellen Risiken und Vorteile einer solchen öffentlichen Erklärung sorgfältig abwägen, da sie erhebliche Auswirkungen sowohl auf das Militär als auch auf die Zivilbevölkerung haben könnte.»

MIt Verlaub, ChatGPT 3.5, der Punkt 3 ist reichlich naiv. In etwas geringerem Maße gilt das auch für Punkt 5. Punkt 7 ist unlogisch, denn wenn es um die historische Dokumentation ginge, wäre es unnötig, den Aufsatz in dieser Situation mit der Öffentlichkeit zu teilen. Im Falle Saluschnyjs passt diese Erklärung auch nicht zu seinem vorherigen Verhalten, was ChatGPT allerdings nicht wissen konnte. Die Punkte 1 und 2 sind schwache Argumente, wobei Punkt 2 im Fall der Ukraine sogar zweifelhaft ist. Saluschnyjs Offenbarungen dürften die Moral der ukrainischen Bevölkerung kaum befördert haben. Es bleiben die Punkte 4 und 6 – und es bleibt der Elefant im Raum.

Der Elefant im Raum

Bis zum 1. November 2023 hat sich Waleryj Saluschnyj fast völlig mit operativen Aspekten des Kriegs beschäftigt. Ab und zu sagte er in der Öffentlichkeit ein paar motivierende Sätze oder warf sein Gewicht bei Verbündeten in die Waagschale, um dringend benötigte Waffenhilfe zu erhalten. Saluschnyj konzentrierte sich auf das Militärische, das seine Aufgabe war. Er betrieb keine Politik, denn das obliegt der zivilen Führung. Schon gar nicht betrieb er Politik, die mit derjenigen der zivilen Führung über Kreuz lag. Mit seinen Veröffentlichungen vom 1. November tut er genau das. Saluschnyj konterkarikiert hier offen die Position seines Präsidenten.

Normalerweise setzt man einen militärischen Oberbefehlshaber in einem solchen Fall ab. Saluschnyj muss dieses Risiko in Betracht gezogen und in Kauf genommen haben. Das Risiko war allerdings nicht groß. Selenskyj befindet sich derzeit nicht in einer Position, in der er den Überbringer der schlechten Nachricht erschießen könnte. Wahrscheinlich ist, dass Saluschnyj hier in der Weltöffentlichkeit mit seinem Präsidenten kommuniziert, weil der nicht bereit ist, in einem geschlossenen Raum zuzuhören.

Am 30. Oktober 2023 hatte Simon Shuster in «Time» einen Artikel über Selenskyj und die widersprüchlichen Einschätzungen der Kriegssituation in Kiewer Kreisen veröffentlicht. Einer der engsten Berater Selenkyjs hatte Shuster über den Präsidenten gesagt: «Er macht sich etwas vor. Wir haben keine Optionen mehr. Wir werden nicht gewinnen. Aber versuchen Sie mal, ihm das zu sagen.» Shuster fährt fort: «Selenskyjs Sturheit, so sagen einige seiner Mitarbeiter, habe den Bemühungen ihres Teams, eine neue Strategie, eine neue Botschaft zu entwickeln, geschadet. Während sie über die Zukunft des Krieges debattierten, bliebe ein Thema tabu: die Möglichkeit, ein Friedensabkommen mit den Russen auszuhandeln.» Selenskyj sei selbst gegen einen temporären Waffenstillstand.

Die Offiziellen zeichnen ein düsteres Bild des kommenden Winters: «Drei der hochrangigen Beamten, die für die Bewältigung [des Problems fehlender Kraftwerkskapazitäten] zuständig sind, sagten mir, dass die Stromausfälle in diesem Winter wahrscheinlich schwerwiegender sein würden und die Öffentlichkeit in der Ukraine nicht so nachsichtig reagieren würde. «Letztes Jahr gaben die Leute den Russen die Schuld», sagt einer von ihnen. «Dieses Mal werden sie uns die Schuld geben, weil wir nicht genug für die Vorbereitung getan haben.»

Was die militärischen Aussichten angeht, so schreibt Shuster, dass Frontkommandeure Angriffsbefehle verweigert hätten, selbst wenn diese direkt vom Präsidenten gekommen seien. Ein hoher Offizier habe ihm dazu gesagt, die Kommandeure hätten gar keine Wahl gehabt. Sie hätten mit Fragen geantwortet: «Horlivka befreien? Womit? Wo sind die Waffen? Wo ist die Artillerie? Wo sind die neuen Rekruten?» Shuster fährt fort: «In einigen Zweigen des Militärs ist der Personalmangel sogar noch schlimmer als das Defizit an Waffen und Munition. Einer von Selenskyjs engen Mitarbeitern sagte mir, dass selbst wenn die USA und ihre Verbündeten alle zugesagten Waffen liefern, «wir nicht die Männer haben, um sie einzusetzen».»

Shuster schreibt auch über Korruption: «Bei all dem Druck, die Korruption auszurotten, nahm ich – vielleicht naiv – an, dass Beamte in der Ukraine zweimal nachdenken würden, bevor sie Bestechungsgelder annehmen oder staatliche Gelder in die Tasche stecken. Doch als ich Anfang Oktober einen hochrangigen Präsidentenberater darauf ansprach, bat er mich, mein Aufnahmegerät auszuschalten, damit er freier sprechen könne. «Simon, du irrst dich», sagte er. «Die Leute stehlen, als gäbe es kein Morgen.» Shusters Artikel bestätigt auch, dass der vorherige Verteidigungsminister Resnikow wegen Korruption entlassen wurde, allerdings erst Monate, nachdem diese offensichtlich war.

Shuster zeichnet ein BIld der Uneinigkeit in den Führungsstrukturen der Ukraine. Er zeichnet das Bild eines Präsidenten, der nicht bereit ist, den Realitäten ins Auge zu sehen und Beratern zuzuhören. In dieser Situation stellt sich die Frage, ob der «Economist» Saluschnyj unaufgefordert eingeladen hat, einen Artikel zu schreiben. Ich halte das für unwahrscheinlich. Was Saluschnyj getan hat, tut man normalerweise nicht. Entweder ist der «Economist» selbst darauf gekommen, dass Saluschnyj Gründe hat, es doch zu tun, oder ein Vertrauter Saluschnyjs hat das dem «Economist» signalisiert. Letzteres ist wahrscheinlicher.

Das Interview des «Economist» mit Saluschnyj räumt übrigens noch ein weiteres Argument der westlichen Propaganda ab: «Auch die Annahme von General Saluschnyj, er könne Russland durch das Ausbluten seiner Truppen aufhalten, wurde [durch den Verlauf der Gegenoffensive 2023] untergraben. «Das war mein Fehler. Russland hat mindestens 150.000 Tote verloren. In jedem anderen Land hätten solche Verluste den Krieg beendet.» Aber nicht in Russland, wo das Leben billig ist und wo Putins Bezugspunkte der Erste und Zweite Weltkrieg sind, in denen Russland Dutzende von Millionen verloren hat.»

Als die beste Teilantwort von ChatGPT 3.5 erweist sich Punkt 4: Saluschnyj will signalisieren, dass verhandelt werden muss. Das konnte er nur tun, indem er seinen Präsidenten überging und sich direkt an die Öffentlichkeit wandte. Er musste es in einer Lautstärke tun, die sicherstellte, dass er nicht überhört werden konnte. Es ist ihm gelungen. Ein glänzender Stratege, in der Tat.

Die Konsequenzen für den Westen

Wir stehen hier vor einem Rätsel. Die Ukraine hat einen militärisch kompetenten und integren Oberbefehlshaber. Dieser kümmert sich seit Jahren darum, die ukrainischen Streitkräfte nach NATO-Doktrinen umzubauen. Die Ukraine ist vom Westen in großem Umfang finanziell und durch Waffenlieferungen unterstützt worden, zuletzt bis an die Grenze dessen, was der Westen leisten kann, ohne sich selbst zu entblößen. Die USA haben Militärberater in die Ukraine entsandt und unterstützen die Ukraine mit Aufklärungsergebnissen. Die NATO hat die ukrainischen Truppen ausgebildet, die bei der Sommeroffensive 2023 zum Einsatz gekommen sind. Die russische Seite hat in diesem Krieg Fehler gemacht. Hier ist mindestens die verspätete Teilmobilmachung 2022 zu nennen sowie das Versäumnis, im Nordosten der Front bei Kupyansk, Izyum und Lyman rechtzeitig im Sommer 2022 Verteidigungslinien aufzubauen. Die innere Führung der russischen Truppen ist vormodern. Dennoch hält Russland in einer Pattsituation etwa 20% des ukrainischen Territoriums besetzt. Drei Viertel dieses Territoriums hat die russische Seite in diesem Krieg erobert. Warum haben die Ukraine und der Westen sich auf diesen Krieg eingelassen? Warum sind sie nicht vorher in Verhandlungen mit Russland eingetreten?

Der Antwort auf diese Fragen kommt man im Interview des «Economist» mit Saluschnyij näher. «Eine Armee von ukrainischem Format hätte in der Lage sein müssen, sich mit einer Geschwindigkeit von 30 km pro Tag zu bewegen, um die russischen Linien zu durchbrechen. «Wenn man sich die Lehrbücher der NATO ansieht und die Berechnungen, die wir angestellt haben, hätten vier Monate ausreichen müssen, um die Krim zu erreichen, auf der Krim zu kämpfen, von der Krim zurückzukehren und wieder hinein und hinaus zu gehen», sagt General Saluschnyj sardonisch.» An dieser Stelle habe ich mir ebenfalls die Augen gerieben. Ich hätte so etwas nie für realistisch gehalten, auch vor der ukrainischen Sommeroffensive nicht. Offenbar sind die NATO und Saluschnyj im Frühjahr davon ausgegangen, dass es realistisch sei. Sie glaubten allen Ernstes, die ukrainische Überraschungsoffensive vom Frühherbst 2022 ließe sich an anderer Stelle mit Ansage wiederholen.

Der «Economist» fährt dann fort: «Stattdessen musste [Saluschnyj] mit ansehen, wie seine Truppen an den Zufahrten nach Bachmut im Osten in Minenfeldern stecken blieben und seine vom Westen gelieferte Ausrüstung von russischer Artillerie und Drohnen unter Beschuss genommen wurde. Die gleiche Geschichte spielte sich in der Hauptrichtung der Offensive im Süden ab, wo unerfahrene Brigaden sofort in Schwierigkeiten gerieten.» Dann lässt der «Economist» wieder Saluschnyj zu Wort kommen: «Zuerst dachte ich, dass mit unseren Kommandeuren etwas nicht stimmt, also habe ich einige von ihnen ausgetauscht. Dann dachte ich, dass unsere Soldaten vielleicht nicht für diese Situation geeignet sind, also habe ich Soldaten in einigen Brigaden versetzt». Als diese Änderungen nichts bewirkten, wies der General seinen Stab an, ein Buch auszugraben, das er als Student gelesen hatte. Es trug den Titel «Durchbrechen befestigter Verteidigungslinien».

Wir haben hier einen General, der seine Streitkräfte mit Überzeugung von der sowjetischen Doktrin auf die NATO-Doktrin umgestellt hat. Das Buch, zu dem er in dieser Situation greift, hat 1941 der sowjetische Generalmajor P. S. Smirnow veröffentlicht. Es ist eine Analyse der Schlachten des 1. Weltkriegs. «Und bevor ich auch nur die Hälfte des Buches gelesen hatte, wurde mir klar, dass wir uns genau an diesem Punkt befinden, denn genau wie damals hat der Stand unserer technologischen Entwicklung heute sowohl uns als auch unsere Feinde in eine Art Schockstarre versetzt.»

Saluschnyj spricht es nicht so klar aus, aber es steht zwischen den Zeilen seines Interviews und seines Aufsatzes: Im Ukraine-Krieg ist die NATO-Doktrin gescheitert. Die NATO-Länder haben ukrainische Soldaten für eine Art der Kriegführung ausgebildet, die es zwischen Gegnern ähnlicher Stärke nicht gibt. Die Bodentruppen der NATO sind darauf ausgerichtet, bei Luftüberlegenheit wenn nicht sogar Luftherrschaft der eigenen Seite zu operieren, gegen improvisierte Verteidigungslinien des Gegners und mit überlegener Feuerkraft. Keine dieser Bedingungen ist in einem Krieg mit Russland gegeben. Sie wären übrigens auch in einem Krieg mit China nicht gegeben. Wenn der bundesdeutsche Verteidigungsminister Pistorius andeutet, die Bundeswehr sei gegenwärtig nicht in der Lage, Deutschland zu verteidigen, hat er wohl Recht. Die Truppe ist auf Auslandseinsätze in Drittweltländern eingerichtet, wo sie mit großer technologischer Überlegenheit und unter Bedingungen der Luftherrschaft operieren kann.

Russland wird sich hüten, NATO-Länder anzugreifen, selbst wenn Russland den Krieg gegen die Ukraine gewinnen sollte. Mit einem russischen Sieg meine ich keinen Verhandlungsfrieden mit ukrainischen territorialen Verlusten, sondern eine ukrainische Kapitulation. Letzteres ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht mehr völlig auszuschließen. Wenn die westlichen Finanz- und Militärhilfen stark nachlassen sollten, kann es dazu kommen, dass die Ukraine irgendwann auch befestigte Verteidigungslinien nicht mehr halten kann. Um zu einem Verhandlungsfrieden zu kommen, muss wenigstens ihre Luftverteidigung so stark bleiben, dass Russland nicht die Luftherrschaft gewinnt. Das wird kompliziert, wenn der Nahostkrieg lange andauert, weil dann auch Israel Nachschub an Luftverteidigungssystemen und vor allem an Luftabwehrraketen aus dem Westen benötigen wird.

Die NATO ist, schon durch ihre Kernwaffen, in ihrem Bestand nicht bedroht. Sie wird aber in Zukunft weniger militärische Macht außerhalb der Bündnisstaaten projizieren können. In dieser Hinsicht hat Russland den Krieg bereits gewonnen.


107 Antworten zu “Der eiserne General und sein Präsident”

    • Bisserl dünn von den sicher nicht schlecht bezahlten Leuten der Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, finden Sie nicht? Dafür haben die zwei Doktoren gebraucht? Den Text hat beim ZDF jemand redigiert?

      Was bedeutet es zum Beispiel, «die von Russland besetzten Gebiete vollständig zu halbieren»? Ich würde sagen, das ist, mit den Worten von Adolf Muschg gesprochen, «kein mögliches Deutsch».

      • «die von Russland besetzten Gebiete vollständig zu halbieren»

        Nun, ich wuerde sagen, das ist kaum schlechter als A.B.’s 360-Grad-Wende.

        Allerdings erstaunt mich dann doch, dass das tatsaechliche Ziel der Ukraine war, da halbe-halbe zu machen.

        • Was die meinen ist wohl, irgendwo bis ans Schwarze Meer (eigentlich Asowsche Meer) vorzustoßen und damit die russische Landverbindung zur Krim zu trennen.

          Das war ganz klar das eigentliche Ziel der ukrainischen Sommeroffensive. Es war nur vorhersehbar, dass das nichts wird, nachdem die Russen dort vorher die Surowikin-Linie aufgebaut hatten.

          Bezüglich Keupp glaube ich übrigens, dass der noch nie auf militaryland.net war. Anderenfalls hätte er Anfang Oktober beim ZDF kaum behauptet, dass Russland im Süden nur eine Verteidigungslinie habe und dahinter nichts mehr. Die Linien sind auch alle nicht neu. Selbst die Ringe um Tokmak und Bilmak waren schon lange ausgebaut, als Keupp sein Interview gegeben hat.

          • Na ja bei Keupp denke ich manchmal auch, der war noch nie auf Ihrer Website.

            «Bisserl dünn von den sicher nicht schlecht bezahlten Leuten der Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, finden Sie nicht?»

            Na ja, man kann schon froh sein, wenn sich beim ZDF ueberhaupt zwei «Militaeranalysten» zu besagten Interview geaeussert haben. Man haette das auch unter den Teppich kehren koennen. Denn machen Sie mal eine Umfrage auf der Strasse, wer den Namen Saluschnyj schon mal gehoert hat…die meisten Leute kennen doch bei der Ukraine nur Selenskyj, den Schauspieler und Rumpelstilzchen Melnyk.

            • «Na ja bei Keupp denke ich manchmal auch, der war noch nie auf Ihrer Website.»

              Meine Webseite hat keine Reichweite, aber wer sich zum Ukraine-Konflikt als «Militärexperte» äussert, sollte militaryland.net und ISW schon regelmässig besuchen.

              • Reizt es Sie nicht, dem Federgewicht mal direkt per Mail zu schreiben? Falls es die ETH zulaesst, koennte man sogar in deren altehrwuerdigen Gemaeuern einen oeffentlichen Schlagabtausch organisieren (mit dem positiven Nebeneffekt, dass sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch Ihre Reichweite schlagartig erhoehen wuerde).

                • Aehmm, das hatte ich mit der Corona Science Task Force schon mal probiert. Von denen wollte keiner mit mir reden, nicht mal per Video. Die waren damals alle so stark beschäftigt und da könnte ja auch jeder kommen.

                  Es war sogar noch lustiger. Eine Vorsteherin eines anderen Departements hatte so einen Meinungsaustausch angeregt, aber das Corona-Task-Force-Mitglied aus ihrem Departement wollte partout nicht.

                  Es würde mich stark wundern, wenn das bei Keupp anders wäre. Aber fragen kann ich ihn natürlich schon mal.

                  • Tut mir leid, dass das bei Corona nicht geklappt hat. Aber der Ukraine-Krieg ist noch ein ganz anderes Thema.

                    Yo, fragen kostet nichts. Koennte natuerlich passieren, dass er wg. Ihrer unvorteilhaften Charakterisierung ihn betreffend, schmollt.

                    • «Yo, fragen kostet nichts.»

                      Hab› schon. Ich hab› nicht gerade das Link des entsprechenden Blogbeitrags mitgeschickt, aber schon zugegeben, dass ich zum Ukraine-Krieg auch blogge.

                      Ein «jungfräuliches» Google findet Blog Samstagern nicht, nicht mal, wenn man «Keupp» mit eingibt. Insofern – wenn ihn nicht schon jemand darauf angesprochen hat, was angesichts meiner Reichweite sehr unwahrscheinlich ist, weiss er das nicht.

                      Das Schöne am ausufernden Internet ist, dass man ganz offen Dinge diskutieren kann, die nicht gleich jeder finden soll. Die Nadel im Heuhaufen ist nicht mal mit ’ner Suchmaschine auffindbar.

                    • Hmm, wenn er Interesse hat, geht er auf die Wiki-Seite mit Ihrem Namen, dann auf Einzelnachweise 4 «Autorenseite bei Der Freitag Abgerufen am 3. März 2019» –> dann Klick auf Autorenseite –> dann Klick auf das Weltkugel-Symbol und schon ist er da. Ein bisschen runterscrollen, dann springt ihm gleich der Oktoberkollaps ins Auge.

                      Kleiner Feigling 😉 😉 😉

                    • Die FAZ hat manchmal Internet-Rätsel. Das ist ja schon fast eines. Wer – um Himmels Willen – klickt denn auf diese Weltkugel?

                      «Kleiner Feigling 😉 😉 😉»

                      Igitt. Das Zeugs habe ich letztes Mal auf einem Klassentreffen meiner POS-Klasse getrunken – und zwar auf dem ersten der beiden. Das ist inzwischen sogar schon verjährt.

                    • «Wer – um Himmels Willen – klickt denn auf diese Weltkugel?»

                      Ich! Das ist doch wie beim Adventskalender. Meistens kommt was Suesses zum Vorschein.

                      Und nicht Igitt – das ist Feige!

                      Das Zeugs habe ich zum letzten Mal bei der ersten von zwei Umschulung vor 25 Jahren getrunken. Jeder der einen Test mit 100 % bestand, musste der ganzen Klasse einen ausgeben.

                      Despektierliche Kommentare bitte ich zu unterlasssen.

                  • «Es würde mich stark wundern, wenn das bei Keupp anders wäre. Aber fragen kann ich ihn natürlich schon mal.»

                    Ich denke, 52 Stunden nach der Anfrage per E-Mail muss ich annehmen, dass Keupp meine Frage «Können wir uns irgendwann treffen, gern auch per Zoom?» nicht beantworten möchte.

                    Er hat sich auch nicht gegen die Kritik verwahrt, die ich in meinem E-Mail geäussert habe. Er zieht es vor zu schweigen – außer beim ZDF natürlich.

  1. Länder im Krieg führen immer ein gewisses Theater auf, die Ukraine besonders. Vieles ist da Kalkül und die Fakten muß man suchen.
    Mal sehen wie die eintretende Ernüchterung aussehen wird, die durch den neuen Krieg gefördert wird.
    Für die Presse wird es auch zuviel der Schlagzeilen, es wird eine Sättigung eintreten.
    Von der Leyen hat den Schuß noch nicht gehört, aber ihr Nachfolger wird wohl etwas zurückrudern müssen.
    Insgesamt ist der Schaden für den Westen mittlerweile höher als der Gewinn durch den NATO Vorstoß gewesen wäre. Nicht nur auf monetärer Seite, sondern auch durch die vielen Verwerfungen bei den internationalen Beziehungen und den Brüchen in Organisationen wie EU und UN.
    Wie kommt man gesichtswahrend wieder raus?
    Man wird sich beeilen müssen, denn in einigen Ländern bauen sich Widerstände auf und Veränderungen im Machtgefüge.
    Gelder ud Waffen für die Ukraine werden sich mit der Zeit schwieriger organisieren lassen, Proteste der Bevölkerung auf mehreren Gebieten die zusammenhängen, in Deutschland entsteht eine neue Partei die Mehrheiten ins Wanken bringen könnte. Es gibt Einiges, das dazu zwingen wird, sich mehr mit sich selbst zu beschäftigen.
    Anstehende Wahlen werden die politische Ausrichtung ebenfalls beeinflussen. Sollte nichts einschneidendes passieren, werden die Kriege an Interesse einbüßen.
    Die überschneidenden oder divergierenden Interessen werden zu kompliziert und nicht mehr praktikabel.
    Wie lange flutet man die Ukraine noch mit Waffen und Geld, wer baut mit Milliarden Gaza wieder auf, Jemen und Syrien bleiben ein Thema, Brics und die vielen nationalen Problemfelder werden die Leute abstumpfen. Das Vetrauen in die politischen Führungen ist beschädigt und das kostet Stabilität. Daraus erwachsen Veränderungen die schwer absehbar sind.

  2. «Wahrscheinlich ist, dass Saluschnyj hier in der Weltöffentlichkeit mit seinem Präsidenten kommuniziert, weil der nicht bereit ist, in einem geschlossenen Raum zuzuhören.»

    Vernommen hat das S. wohl, aber Antwort ist:

    „Niemand glaubt so sehr an unseren Sieg wie ich“, so der Präsident (weiter). „Niemand.“

    https://www.fr.de/politik/offensive-ukraine-krieg-sieg-niederlage-wolodymyr-selenskyj-mitarbeiter-einblick-zr-92654568.html

    Das Interview hat die Militaeranalysten und -experten aufgeruettelt.

    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/ukraine-entwicklung-krieg-100.html

    Gibt noch weitere Aeusserungen, aber bei Bedarf koennen Sie sich die im Netz auch selber suchen.

      • Das ist interessant. Wenn der Präsident die militärische Lage besser einschätzen kann, als der Oberbefehlshaber, sollte er vielleicht den Oberbefehl über das Militär selbst übernehmen.

        (ich werde mich hüten, hier zu sagen, welcher Staatschef das in einem großen Krieg letztmals getan hat und wie das endete)

        Daer Kanzleichef eines westlichen Staats, der Schowkwa gefragt haben soll, ob die Ukraine militärisch tatsächlich in einer Sachkgasse stecke, ist auch nicht sehr helle. Das war dem selbst noch nicht aufgefallen?? Was macht der den ganzen Tag lang? Es handelt sich hier um ein Problem, zu dem ein Kanzleichef eines westlichen Staates eine realistische Einschätzung entwickeln muss.

        • Ob der Kanzleichef eines westl. Staates helle ist oder nur hell, ist erstmal zweitrangig, wenn man nicht weiss, um welchen es sich handelt.

          Warum machen die da eigentlich so ein Geheimnis draus?

          • «Warum machen die da eigentlich so ein Geheimnis draus?»

            Darauf gibt es zwei mögliche Antworten:

            (1) Es gab diesen Kanzleichef gar nicht, aber man wollte so etwas behaupten.

            OK, die zweite mögliche Antwort fällt mir gerade nicht ein.

            Also ehrlich, eine so dämliche Frage stellt doch kein Kanzleichef einer Regierung einem Mitglied einer anderen Regierung oder dem Mitglied eines anderen Präsidialstabs.

            O-Ton:

            «Sag› mal Schowkwa, Euer Oberbefehlshaber sagt, Ihr befindet Euch militärisch in einer Sackgasse. Du musst das doch besser einschätzen können als der. Stimmt das überhaupt?»

            Nee. Das Gespräch hat es so nicht gegeben.

    • Auch Gady und Lange können die Lage offenbar besser einschätzen als der ukrainische Oberbefehlshaber, der einen Überblick über alle Operationen seit Kriegsbeginn, viel mehr Hintergrundinformation und eine militärische Ausbildung auf strategischem Niveau hat.

      Ob Franz-Stefan Gady irgendwann Militärdienst geleistet hat, kann ich nicht eruieren. Er hat jedenfalls keine Offiziersausbildung und kennt Militäroperationen nur vom Beobachten.

      Nico Lange ist ernster zu nehmen. Er war Soldat auf Zeit und knapp drei Jahre Leiter des Leitungsstabs im bundesdeutschen Verteidigungungsministerium (unter Annegret Krampp-Karrenbauer, deren Vertrauter er im Saarland war, es ist etwas zweifelhaft, ob das als Leistungsausweis gelten darf).

      In jedem Fall verhält sich aber auch Nico Lange gegenüber Saluschnyj auf militärischem Gebiet wie ein Federgewichtler zu einem Superschwergewichtler.

  3. Und hier ist, was UNIAN über die Antwort von Selenskyj auf Saluschnyj schreibt:

    «Kein Stillstand im Krieg mit der Russischen Föderation: Zelensky verriet, was getan wird, um voranzukommen

    Die Russen dachten, dass wir besiegt würden, aber das ist nicht geschehen, betonte der ukrainische Präsident.

    Präsident Wolodymyr Selenskyj glaubt nicht, dass der Krieg der Ukraine gegen die Russische Föderation eine Pattsituation erreicht hat.

    Der ukrainische Staatschef erklärte in einem Interview mit NBC News, was unsere Verteidiger tun, um einen Vorstoß zu ermöglichen. «Unser Militär entwickelt verschiedene Pläne, verschiedene Operationen, um schneller voranzukommen und unerwartete Schläge gegen die Russische Föderation zu führen», sagte er.

    Dem Präsidenten zufolge dachten die Feinde, wir würden besiegt, aber das ist nicht passiert. «Ich glaube nicht, dass es sich um eine Sackgasse handelt», betonte der ukrainische Staatschef.»

    Das war’s schon. Ein Aufsatz voller Analysen und die Reaktion eines bockigen Kindes: Ich glaube das aber nicht.

    Das ist die beste Illustration zum gegenwärtigen Verhältnis von Politikern zu Professionellen, die ich kenne.

    Wie in anderen solche Fällen auch wird sich am Ende die Realität durchsetzen.

    • Der Teil von «Meet the Press», in dem Selenskyj auf Saluschnyj eingeht (oder eigentlich nicht eingeht) ist nur 4:21 min lang.

      Die Interviewerin hat die Frage zweimal stellen müssen. Auf die erste Frage dazu hat Selenskyj auf Englisch als typischer Politiker mit einer Nicht-Antwort reagiert, indem er über den Anfang des Kriegs redete und darüber, dass damals viele der Ukraine nicht mehr als einen Monat Durchhalten zugetraut hätten.

      Die Moderatorin hat die Frage dann noch einmal gestellt. Daraufhin fiel Selenskyj ins Ukrainische und wurde simultan übersetzt. Er brachte eigentlich keine Argumente. Er denke, es sei kein Stillstand. Die Front bewege sich zwar kaum, aber es würden russische Soldaten getötet und darauf käme es an.

      Dann fiel er zurück ins Englische, redete nun aber über den Nahostkrieg.

      Das Ganze macht den Eindruck, als ob Selenskyj vorbereitete Textpassagen auf Englisch gelernt hatte und die dann irgendwo einfügen wollte. Wo überhaupt nichts vom Vorbereiteten gepasst hat, hat er auf Ukrainisch improvisiert.

  4. Während Saluschnyj im Interview mit dem «Economist» von geschätzt 150’000 toten russischen Soldaten spricht, kommen die oppositionelle russische Mediazona und BBC auf nachgewiesen mindestens 35’780 tote Dienende der russischen Streitkräfte.

    Es mag eine gewisse Dunkelziffer geben, aber es ist nach dieser Analyse unwahrscheinlich, dass die gesamte russische Opferzahl in der von der Ukraine behaupteten Größenordnung liegt. Damit stellt sich die Frage, wie das Verhältnis zwischen den russischen und ukrainischen Verlusten wirklich aussieht. Wir kennen auch die ukrainischen Verluste nicht, aber dass sie seit dem 24. Februar 2022 nur bei etwa 36’000 liegen, scheint mir unwahrscheinlich zu sein. Es gab intensive Kampfphasen, in denen die Ukraine selbst von täglichen Verlusten von 200 Soldaten geredet hat.

  5. Was die US-Wahlen angeht, so gibt es eine Überraschung in nationalen Umfragen, die mehrere Kandidaten beinhalten, nicht nur Trump und Biden.

    Redfield & Wilton Strategies, 29. Oktober: Kennedy 10%

    Quinnipiac University, 26.-30. Oktober: Kennedy 22% (ohne West) oder 19% (West 6%)

    American Pulse Research & Polling, 27.-30. Oktober: Kennedy 11%

    HarrisX, 20. Oktober-3.November: Kennedy 14%

    Was die Balance zwischen Biden und Trump angeht, ist nicht eindeutig, wer stärker an Kennedy verlieren würde.

    Nun werden die Demokraten Kennedy sicher nicht aufstellen, aber mit so viel Zuspruch ein Jahr vor der Wahl ist eine unabhängige Kandidatur denkbar, wenn er das Geld auftreiben kann.

    Relevant ist das hier, weil Kennedy ein scharfer Kritiker der US-Unterstützung für die Ukraine ist.

    • Weitere Positionen:

      West zum Nahost-Krieg: Die US-Studenten, die gegen Israel protestieren, hätten weitgehend Recht. Die USA und Israel trügen die Hauptverantwortung. Die Meinungen der Studenten wären aber nicht nuanciert genug.

      West zum Ukraine-Krieg: Friedenslösung anstreben, gegen die gegenwärtige US-Unterstützung der Ukraine

      Kennedy zum Nahost-Krieg: Bedingungslose Unterstützung Israels

      West tritt als unabhängiger Kandidat an.

      • Im Ausland ist Kritik anders zu sehen als hier. Die Vorgeschichte machts.
        Unrecht stützt man, wenn Juden und Israel als Einheit gesehen wird. Es sieht nur so aus als ob es so wäre und ist auch für Israel günstig. Aber das eine ist nur eine Religion und diese existiert auch außerhalb Israels. Es gibt Juden die nie in Israel lebten und die Vorfahren seit 2000 Jahren auch nicht.
        Es ist in diesem Fall nur wichtig, daß eine Religion weltweit existieren kann. Nach meiner Meinung bitte im Privaten, Religionen und Staaten sollten weitgehend getrennt agieren.
        Eine Vermischung sorgt für die bekannten Probleme, weshalb Israel auch kein normaler Staat werden kann. Denn die Vergangenheit wird immer mit hineinspielen.
        Bei Roma ist das anders. Sie spielen keine Rolle, bis heute nicht. Ihr Schicksal in einigen Ländern ist bekannt, kein Mensch würde auch nur den Finger rühren. Eine Staatsräson gibt es in diesem Fall nicht.
        Man kann ein Land kritisieren, nicht per se kommt jemand darauf. daß man damit alle Buddhisten oder Christen meint. Bei Israel ist das anders. Das ist bei rechts Orientierten zwar so gemeint, aber sind automatisch alle rechtslastig die einen Staat kritisieren?
        Wenn ja, ein Vorteil für diesen Staat, der damit ein Totschlagargument erhält.
        Im Falle der Ukraine findet teilweise eine ähnliche Argumentation statt. Hier ist es der Kampf gegen Russland mit dem man Kritik unterbinden kann. Allerdings wird das eine temporäre Angelegenheit bleiben.
        Auswirkung auf den amerikanischen Wahlkampf wird es aber haben. Die öffentliche Meinung ist dort gespalten und für die Kandidaten ist entscheidend, welche Gruppe etwas stärker vertreten ist. Ganz absehbar ist es scheinbar noch nicht, aber die Zustimmung zum Ukraine Krieg bröckelt. Könnte sein, daß die EU zum Schluß fast alleine dasteht.

        • Ich denke man kann Israel nicht ohne die Verbrechen der Nazis an den Juden denken. Klar es gab auch schon davor Juden, die in das Gebiet ausgewandert sind – aufgrund anderer Pogrome in anderen Laendern oder deren Diskriminierung weltweit, aber das war eben dann der Punkt, wo es kein Zurueck mehr gab. (Und es gab auch religioese Gruende.)

          Und ja, in Israel betraegt deren Anteil nur knapp 75 %, die anderen sind arab. Israelis, Christen, Drusen… In absoluten Zahlen sind das aber mit Abstand soviel wie in keinem anderen Land der Welt (Ausnahme USA).

          Im Bezug auf Sinti und Roma, meine ich, die wollen gar keinen eigenen Staat – und auch nicht unbedingt zusammen gedacht werden. (Aber ich lasse mich auch gern vom Gegenteil ueberzeugen.)

        • «Auswirkung auf den amerikanischen Wahlkampf wird es aber haben. Die öffentliche Meinung ist dort gespalten und für die Kandidaten ist entscheidend, welche Gruppe etwas stärker vertreten ist. Ganz absehbar ist es scheinbar noch nicht, aber die Zustimmung zum Ukraine Krieg bröckelt.»

          Ja, schon. In der neuesten Gallup-Umfrage (veröffentlicht am 2. November) sagen 41%, die USA täten zu viel für die Ukraine. Im Juni waren das noch 29%. Weitere 33% sagen, es sei gerade richtig. Das waren im Juni noch 43%.

          62% der Anhänger der Republikaner finden, es sei zu viel. Dazu kommt noch der Trend. Es folgt, dass die republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus wirklich kein Interesse an weiteren Ukraine-Hilfen haben können.

          Noch glauben 54% der US-Amerikaner, man solle die Ukraine unterstützen, Territorium zurückzugewinnen. Im Juni waren das 62%. Jetzt glauben 43%, man solle lieber zu einem schnellen Frieden kommen (Juni: 36%).

          Eine Mehrheit der US-Amerikaner denkt, die finanziellen Hilfen für die Ukraine müssten Grenzen haben und das gilt in jeder ethnischen Gruppe und jeder Altersgruppe. Nur unter Anhängern der Demokraten will eine Mehrheit «no limit».

          64% der US-Amerikaner sind der Meinung, dass keine der beiden Seiten diesen Krieg gewinnt, 7% mehr als noch im Juni. Das ist sogar unter den Demokraten eine Mehrheitsmeinung.

          Die Gallup-Webseite schweigt sich über den Umfragezeitraum aus, aber Saluschnyj kann da noch nicht «eingepreist» sein.

    • Nee, das kann nicht mal von der Leyen. Jedes einzelne Mitgliedsland der EU kann ein Veto einlegen. Solange noch ein einziges Veto besteht, können keine Beitrittsverhandlungen aufgenommen werden.

      Im Fall der Ukraine gibt es eine Reihe von Ländern, die ein sehr starkes Interesse haben, dass sie nicht Mitglied wird. Wegen der Landwirtschaftssubventionen gehört dazu auch Frankreich. Spannend wäre Polen, das objektiv ein riesiges Interesse hätte, dass die Ukraine nicht aufgenommen wird.

    • Ja, es werden wohl einige Leute auf den СБУ tippen. Das liegt nach dem Fall Kirieiev und wegen der Parallele (Verhindern jeden Ansatzes zu einer Verhandlungslösung) halt nahe.

      Wenn es so war, ist die Frage, wie sich Kyrylo Budanow dazu stellen wird. Dessen Leute werden wohl schon herausfinden, wo die Spur im Fall Gennadyj Tschastiakov hinführt.

      Auf UNIAN wird nach so kurzer Untersuchung von einem mit «99.9%iger Wahrscheinlichkeit tragischen Unfall» geredet. Jemand habe Tschastiakow zum Geburtstag Granaten geschenkt und eine davon sei durch unvorsichtigen Umgang losgegangen. Das ist fast eine Kopie des russischen Märchens über den Absturz von Prigoschins Flugzeug.

      «Die Ermittlungen gehen nun weiter. Laut der UNIAN-Quelle gibt es keinen Grund, von einem versuchten Attentat oder einer russischen Spur zu sprechen.»

      Man wird wohl davon ausgehen dürfen, das Tschastiakow die Kontakte mit dem «Economist» organisiert hat.

      • «Das ist fast eine Kopie des russischen Märchens über den Absturz von Prigoschins Flugzeug.»

        Ja, Prigoschin fiel mir da auch gleich ein. Und die Erklaerung habe ich gerade erst gelesen.

        Habe Ihre Links noch nicht uebersetzt, aber bei «tagesschau.de» (Liveticker) liest sich das heute so:

        «Oberst Hennadij Tschastjakow kam nach Angaben des Ministeriums am Montag bei der Detonation ums Leben, bei der sein 13 Jahre alter Sohn schwer verletzt wurde. Ein Kollege habe dem Oberst, einem Mitarbeiter und engen Freund des Oberkommandierenden Walerij Saluschnyj, sechs Handgranaten zu seinem 39. Geburtstag geschenkt, schrieb Innenminister Klymenko im Netzwerk Telegram. Tschastjakow habe zuhause seiner Familie die Handgranaten gezeigt, sein Sohn habe eine genommen und am Ring gedreht. Der Oberst nahm dem Kind nach Angaben des Ministers die Granate ab und zog an dem Ring, was die Explosion auslöste.»

        Klingt wie ein schlechter Witz.

        Und wie eine Drohung nach dem Motto: «Hey Freundchen, quatsch› nicht in der Oeffentlichkeit, sondern mach› gefaelligst deinen Job, sonst geht es dir genauso.»

        Tja, ob man einen Machtkampf gegen S. gewinnen kann, das ist die Frage.

        • «Klingt wie ein schlechter Witz.»

          Das ist so eine Story, die ein paar naive Leute glauben und bei der jeder mit Führungserfahrung oder miltärischer Erfahrung weiß, was wirklich gespielt wurde.

          Woher soll dieser Hergang eigentlich bekannt sein? Tschastjakow ist tot. Sein Sohn liegt schwerverletzt im Krankenhaus. Die Witwe, die um ihren Sohn bangt, hat das alles so genau beobachtet und am Tag danach dem Minister erzählt?

          Nicht wirklich. «Die Ehefrau von Chastiakov erzählte den Gesetzeshütern, dass der Mann eine Geschenktüte mit einer Flasche Alkohol und Geschenkgläsern in Form von Granaten mit nach Hause brachte. Ihr zufolge kam es beim Öffnen des Pakets zu einer Explosion.»

          Tschastjakow war Major und hat wie Saluschnyj an der Militärschule der Landstreitkräfte in Odessa studiert. Er hat mit Sicherheit den Umgang mit Handgranaten gelernt. Selbst ich habe in meiner Ausbildung als Offizier auf Zeit mal eine scharfe Angriffshandgranate geworfen. Das wird sehr genau erklärt, weil man in der Ausbildung ja niemanden verlieren will.

          Es ist sogar unwahrscheinlich, dass Tschastjakow eine scharfe Granate für eine Attrappe hielt und dass er in der jetzigen Situation als Adjutant des Oberbefehlshabers so unvorsichtig war, eine geschenkte Granate sicher als Attrappe anzusehen. Und wer würde auch jemandem zum Geburtstag eine Flasche Whisky «Black Label» und sechs Handgranatenattrappen schenken?

          Ach so, das war ein Oberst Oleksandr Tymtschenko. Er soll laut Zeugen zu Tschatjakow gesagt haben: «Es ist schwer, Sie zu überraschen, also gebe ich Ihnen scharfe Granaten und eine Flasche guten Whiskey.»

          Damit ging Tschastjakow dann also nach Hause, packte aus, sein Sohn griff nach einer, Tschastjakow zog den Ring…

          Die ganze Geschichte ergibt keinen Sinn.

          • Jan Gagin, Militärberater des Chefs der Donezker Volksrepublik, Denis Puschilin, schätzt die Sache so ein:

            «Der Tod von Zaluzhnys Adjutanten Oberst Chastiakov ist <...> eine Art Gruß von Zelensky in seinem bestimmten politischen Kampf, denn die Spaltung zwischen Zelensky und Zaluzhny hat sich seit langem abgezeichnet. <...> Natürlich ist es kein Unfall, es ist ein Mord, es ist ein Umsturz, und ich glaube, dass dies eine Art Botschaft <...> von Zelensky an Zaluzhny ist»

            Ob Selenskyj selbst das angeordnet hat, weiß man nicht. Diese Version ist aber jedenfalls wahrscheinlicher als die offizielle ukrainische.

          • «Der pensionierte FSB-Generalmajor Alexander Michailow vermutete gegenüber NEWS.ru, dass Tschastiakow vielleicht einfach nicht wusste, wie er die Granate handhaben sollte.

            «Er wusste, dass es sich um Munition handelte, dieses Geschenk wurde ihm nicht heimlich überreicht. Er öffnete es, sah die Granate und verhielt sich, da er nicht wusste, wie er damit umgehen sollte, wie ein Affe mit einer Granate. Man muss seinen Verstand gebrauchen. <...> Wie wir lesen, war es ein gewöhnlicher Unfall, aber ich schließe nicht aus, dass es in Kiew einfach zu einem Unfall umgemodelt wurde wurde, und in der Tat kann es auch eine etwas andere Version geben», erklärte er.

          • Koennte aber auch noch eine ganz banale Erklaerung geben: Sohn und Oberst haben erstmal die Flasche Whiskey geleert und dann mit den Granaten rumgespielt.

            Ehefrau und Innenminister wuerden das natuerlich aus Scham so nicht erzaehlen.

  6. Selenskyj hat nun offiziell verkündet, dass es die eigentlich im Frühjahr 2024 anstehenden Präsidentschaftswahlen in der Ukraine nicht geben wird.

    «Zelensky: Jetzt ist nicht die Zeit für Wahlen, keine Notwendigkeit für «Einwürfe» zu diesem Thema

    Das Staatsoberhaupt betonte, dass es unverantwortlich sei, während des Krieges Gerüchte zu diesem Thema zu verbreiten.

    Das Staatsoberhaupt betonte, dass es jetzt, in Kriegszeiten, wo es viele Herausforderungen gibt, absolut unverantwortlich ist – irgendwie so… leichtfertig und spielerisch das Thema Wahlen in die Gesellschaft zu werfen.

    Seiner Meinung nach muss sich der Staat jetzt viel stärker auf die Verteidigung konzentrieren – und zwar alle im Staat und vor allem auf regionaler Ebene, in den rückwärtigen Städten, die über die entsprechenden Ressourcen zur Hilfe und Unterstützung verfügen.

    «Dazu gehört, dass sich Tragödien wie die der Soldaten der 128. Brigade nicht wiederholen. Und die Veränderungen, die unsere Soldaten und Kommandeure erwarten, vor allem die Jungs, die mobilisiert worden sind. Und schließlich sollten die Wellen mit allem, was politisch spaltet, aufhören», betonte Zelensky.

    Er forderte die Ukrainer auf, sich um die Ukraine, ihre Verteidigung, die Vernichtung der Besatzer und den Willen zu kümmern, «der jetzt in den Kämpfen um die Ukraine erworben wird».» Quelle: UNIAN

  7. ISW:

    In Uebereinstimmung mit Saluschnyjs Einschätzungen bleiben die bestätigten Frontverschiebungen gering. Alle durch geolokalisiertes Bildmaterial belegten Verschiebungen im gestrigen Tagesbericht gehen zugunsten der russischen Seite, bei Kupyansk, bei Bachmut, bei Awdijiwka und an der Südfront.

    • Neues von der NS-Sprengung. Quintessenz des Ganzen: Die Spur fuehrt zu Saluschnyj.

      Auszug: «Die internationale Recherche legt dar, dass schon im Juni 2022 der Militärnachrichtendienst der Niederlande eine Warnung an die CIA geschickt habe. Darin hieß es, der Anschlag würde von einer Gruppe vorbereitet, die «unmittelbar» dem ukrainischen Generalstabschef Walerij Saluschnyj berichte.»

      Passt doch.

      https://www.n-tv.de/politik/Hat-ukrainischer-Ex-Agent-Nord-Stream-Anschlag-koordiniert–article24525582.html

      • Also SBU (rechtslastiger und stark antirussischer) ukrainischer Inlandsgeheimdienst hätte ich eher geglaubt.

        Ausschließen kann man es natürlich nicht, aber das kann auch Teil eines Bemühens der Falken sein, den aus der Gnade gefallenen Saluschnyi unter einem Vorwand loszuwerden. Oder Teil der Slauschnyj-Sympathisanten, sein Ansehen in der ukrainischen Bevölkerung zu stärken. Camouflage, camouflage…

        Wir werden nie erfahren, wer die Nordstream-Anschläge wirklich durchgeführt hat und wer alles vorher davon wusste und dazu beigetragen hat.

  8. Staatshaushalt der Ukraine 2024:

    Einnahmen: 1768 Milliarden Hryvnia
    Ausgaben: 3355 Milliarden Hrynia

    Die Ausgaben liegen um 89.8% höher als die Einnahmen.

    Grösster Budgetposten ist Verteidigung und Sicherheit:

    1692.6 Milliarden Hryvnia

    Das sind 97.7% der gesamten Einnahmen und 22.1% des Bruttosozialprodukts.

    Diese Zahlen nehmen bereits ein inflationsbereinigtes Wachstum des Bruttosozialprodukts um 4.6% an, eine Inflation von 9.7% und ein Wachstum der Exporte um 9%.

    Die Regionen und Gemeinden erhalten keine Einkommenssteuer von Militärdienstleistenden. Diese fließt in einen speziellen Fond für die Beschaffung von Ausrüstung und zur Unterstützung des militärisch-industriellen Komplexes (96.3 Milliarden Hryvnia).

    Das Staatsdefizit von 1571.5 Milliarden Hryvnia, der Schuldendienst von 420 Milliarden Hrynia und die fälligen Rückzahlungen von Schulden von 627 Milliarden Hryvnia sollen zum größten Teil durch neue Schuldenaufnahme finanziert werden (2132 Milliarden Hryvnia). Desweiteren erwartet man für soziale Zwecke Geld von den USA, der EU, dem IWF, der Weltbank, Japan und weiteren Geberländern.

    Der größte Teil der Neuverschuldung (1606.1 Milliarden Hryvnia) wird Auslandsverschuldung sein.

    Quelle: Webseite der Werchowna Rada, Parlament der Ukraine

  9. ISW:

    Die russischen Truppen sind bei Bachmut zur einer taktischen Gegegnoffensive übergegangen. «Aus den am 9. November veröffentlichten geografischen Aufnahmen geht hervor, dass die russischen Streitkräfte in Richtung Klischtschiwka vorgerückt sind und Stellungen unmittelbar östlich der Siedlung und westlich der Eisenbahnlinie halten… Geolokalisierte Aufnahmen vom 7. November zeigen, dass die russischen Streitkräfte südlich des Berkhivka-Stausees, etwa 3 km nordwestlich von Bakhmut, vorgerückt sind.»

    Insgesamt bliebt Saluschnyjs Einschätzung jedoch richtig, dass keine Seite substantielle Fortschritte macht.

  10. Eine sehr viel pessimistischere Einschätzung als meine findet sich auf dem Podcast «Judging Freedom» des US-Richters Andrew Napolitano. Er hat am vergangenen Montag (6. November) etwa eine halbe Stunde mit Douglas Macgregor gesprochen.

    Macgregor ist Oberst (seit 2004 a.D.) der US-Armee und hat unter anderem als Kommandeur einer Infanterie-Schwadron gedient. Macgregor war von Oktober 1998 bis Januar 2000 unter Wesley Clark Planungschef der NATO-Operation im Kosovo-Krieg. Später hat er unter anderem am Center for Technology and National Security Policy als senior research fellow gearbeitet. In der Trump-Administration war er Senior Advisor to the Acting Secretary of Defense (hochrangiger Berater des Verteidigungsministers). Trump nominierte am 20. Juli 2020 Macgregor für den Posten als Botschafter in Deutschland. Die Personalie war zu kontrovers und die Nominierung wurde vom US-Senat am 3. Januar 2021 ohne Bestätigung an den Präsidenten zurückgereicht.

    Macgregor argumentiert wie ich, dass die Ukraine im März 2022 das Angebot eine russischen Rückzugs im Austausch für eine Neutralitätserklärung hätte annehmen sollen. Selenskyj sei damals auf Unterrstützungszusagen des Westens und vor allem der USA hereingefallen. Das würde für ihn enden, wie für viele, die in den letzten Jahrzehnten den USA vertraut hätten, im Exil, in der Ukraine im Untergrund oder er werde sogar sein Leben verlieren.

    Auch über Selenskyj hinaus ist Macgregor pessimistischer. Er sieht ein russisches Übergewicht und schließt einen Kollaps der Ukraine nicht mehr aus. Macgregor behauptet, dass in politischen Kreisen Washington jeder wisse, dass das Ding gelaufen sei und die Ukraine den Krieg verloren habe. Es ginge jetzt darum, irgendwie aus der Sache herauszukommen, ohne sich absolut lächerlich zu machen.

    Washington strebe eine Verhandlungslösung an, wozu vermutlich Selenskyj weg müsse. Diese Verhandlungslösung werde für die Ukraine und den Westen sehr unangenehm sein, viel schlechter als das, was Ende März/Anfang April 2022 möglich gewesen sei. Deshalb würden die Verhandlungen langwierig sein. Russland werde aber jedesmal, wenn sie ins Stocken gerieten, weiter vorrücken.

    Bezüglich des Nahost-Krieges nimmt Macgregor an, dass Israel den Gaza-Streifen eliminieren wolle. Die palästinensische Bevölkerung, die während der Invasion nicht getötet werde, werde man vertreiben wollen. Er hält es für möglich, dass türkische Soldaten in Gaza auf palästinensischer Seite kämpfen könnten. Das türkische Militär sei hervorragend ausgebildet und ausgerüstet.

    Man muss Macgregors Position und Entscheidungsvorschläge nicht mögen – das gibt er selbst auch zu. Er argumentiert allerdings sehr viel offener und rationaler als die aktiven Politiker und Topjournalisten.

    Ich teile seinen Pessimismus bezüglich des gegenwärtigen Kräfteverhältnisses zwischen der Ukraine und Russland nicht völlig, halte es aber für möglich, dass er besser informiert ist als ich.

    Für jemanden, der sich für die gegenwärtige Situation in der Welt interessiert und der genug Englisch versteht, um einem Interview in Englisch zu folgen, ist dieser Podcast ein «must see».

    • Gegen Ende des Interviews spielt Napolitano eine Sequenz einer Senatsanhörung ein, in der es darum geht, ob sich die USA durch die Hilfe an die Ukraine und Israel selbst militärisch entblößen. Macgregor schätzt ein, dass die USA nicht die Produktionskapazitäten an Munition hätten, um in Osteuropa oder im Nahen Osten einen großen Krieg zu führen.

      Wenn er damit Recht hat, müssen die USA im eigenen Interesse relativ bald einen der beiden Konflikte eliminieren. Möglich ist das nur beim Ukraine-Krieg. Das könnte dann allerdings darauf hinauslaufen, dass die USA stillschweigend einen Militärputsch in der Ukraine durch Saluschnyj und Budanow akzeptieren würden, weil die dadurch an die Macht gekommenen Militärregierung eine Verhandlungslösung akzeptieren würde. Das dürfte Macgregor damit meinen, dass Selenskyjs Perspektive sehr düster ist.

    • Nee, da bleibe ich lieber bei Ihrer Einschaetzung bzgl. der Ukraine.

      Denn wenn dessen bzgl. der Ukraine so schlecht ist, wie die zu Israel, ist das auch nur ein Wichtigtuer – Hauptsache gegen die Regierung von Sleepy Joe.

      «…dass Israel den Gaza-Streifen eliminieren wolle. Die palästinensische Bevölkerung, die während der Invasion nicht getötet werde, werde man vertreiben wollen.»

      Das will nichmal Netanjahu. (Und diesen ultrarechten Atombombenminister hatte er ganz schnell suspendiert.) Sonst haetten die den Gazastreifen schon laengst von oben (d.h. aus der Luft) in Schutt und Asche gebombt. Wozu dann irgendwelche Fluchtkorridore und Feuerpausen? Haette auch das Leben vieler israel. Soldaten geschont. Und es waere auch ohne Atombombe ganz schnell erledigt gewesen.

      • Kanner sich nicht leisten. Sonst würder schon. Netanjahu ja. Aber die Mehrheit der Israelis nicht. Macgregor sympathisiert übrigens durchaus mit Israel, wahrscheinlich sogar mit Netanjahu. Er hat das geostrategische Denken und das «Wir oder die» tief verinnerlicht.

        Ein Freund von «Sleepy Joe» ist Macgregor freilich nicht. Niemand, der strategisch denkt, kann das sein, selbst wenn er vorher kein Trumpist war. Biden ist ein strategischer Totalausfall.

        • «Kanner sich nicht leisten.»

          Yo, hatten Sie schon im anderen Beitrag geschrieben. Bei den meisten Israelis war der schon vorher unbeliebt, und wenn er so weiter macht und vor allem die Geiseln, die noch zu retten sind (auch mit Zugestaendnissen) nicht rettet, ist er weg vom Fenster.

          Klar, die Palaestinenser sind ihm laestig, weil sie eben widerstaendig sind. Trotzdem denke ich, dass er die nicht alle eliminieren will. Ein zweiter Hitler ist er aus meiner Sicht definitiv nicht.

          Oh, ich sehe gerade: Sie haben wiedermal paar Saetze noch ergaenzt.

          Dass Biden ein Totalausfall ist, macht die Altenative aber nicht besser – obwohl eine gewisse klammheimliche Freude waere schon vorhanden, wenn der unsympathische Groszkotz im naechsten Jahr wieder rumtrumpeln wuerde.

      • Das würde man gerne, aber es geht um Geld, Waffen, Unterstützung und das Veto der USA bei Verbrechen bzw Rechtsbruch. Das riskiert man nicht so leicht und geht etwas vorsichtiger vor.
        Nun, Gaza Nord ist quasi ein Schutthaufen. Hätte Russland das mit Kiew gemacht wäre es ein großer Aufstand der Aufrichtigen geworden.

        • Vielleicht kurz nochmal den Satz den izi uebersetzt (bzw. so verstanden) hat:

          «Bezüglich des Nahost-Krieges nimmt Macgregor an, dass Israel den Gaza-Streifen eliminieren wolle. Die palästinensische Bevölkerung, die während der Invasion nicht getötet werde, werde man vertreiben wollen.»

          Da geht es um Israel und nicht um die Person Netanjahu. Also nee, die meisten Israelis denken ganz anders. Man darf sich da von der Minderheit radikaler Siedler nicht taeuschen lassen. Nicht umsonst ist Netanjahu so unbeliebt.

          • Die Minderheit umfaßt 500.000 Siedler. Und wo ist gerade diese Mehrheit? Wo waren sie die ganzen Jahre? Hat diese Mehrheit was getan um wenigstens den ungerechten UN Beschluß umzusetzen?
            Es ist also keine Mehrheit. Nur gegen den jetzigen Regierungschef findet man diese. Mit Besetzung, illegalem Siedlungsbau, Völkerrechtsbruch, Seerechtsbruch, Mord war man die ganze Zeit in der Mehrheit doch einverstanden, oder?

            • Das ist schon komplexer. Ja, Netanjahu und seine Koalitionspartner hatten bei den Wahlen eine Mehrheit. Jitzchak Rabin hatte damals aber auch eine. In der israelischen Gesellschaft gibt es verschiedenen Ansichten, auch zur Siedlungspolitik.

  11. https://militaryland.net/wp-content/uploads/2023/11/day_626_Avdiivka-City-1024×907.jpg

    Ich gehe inzwischen davon aus, dass Awdijiwka im Laufe des Winters fallen wird. militaryland.net und ISW berichten übereinstimmend, dass die russischen Truppen bei Stepowe nordwestlich von Awdijika die Bahnlinie überschritten haben und dass Stepowe nun umkämpft ist. Weiter wird von einer Konsolidierung der russischen Positionen gesprochen.

    Es gibt noch zwei (kleine) befestigte Straßen nach Awdijiwka, über Sieverne, 1 km nördlich der russischen Positionen und nördlich von Lastochkyne. Die letztere Straße liegt etwa 5 km von der Front im Norden und 4 km von der Front im Süden enfernt. Das liegt schon am Rande der Reichweite von Panzerkanonen.

    Da sich die Widerstandskraft der Ukraine im Winter voraussichtlich allgemein verringern wird, wird die (zerstörte) Stadt kaum zu halten sein.

  12. Das US-Repräsentantenhaus hat einen Übergangshaushalt ohne Hilfen für die Ukraine oder Israel beschlossen. Es ist kaum anzunehmen, dass im Januar ein Haushalt mit Ukraine-Hilfen beschlossen wird.

    Derweil hat die russische Seite bei Kupyansk, Bachmut und Awdijiwka die Initiative.

    Je länger Selenskyj und seine westlichen Unterstützer die Augen vor der Realität verschließen, desto ungünstiger wird dieser Krieg am Ende für die Ukraine ausgehen.

    • Und dazu passend:

      «Für Kiew gibt es kein akzeptables Szenario zur Beendigung des Krieges, das nicht die Niederlage Russlands einschließt, da es um das Überleben der Ukraine geht, so der Berater des Chefs des Präsidialamtes, Mykhaylo Podolyak.»

      Quelle: UNIAN

      Wenn die UKraine die Mittel hat, Russland eine Niederlage in diesem Krieg zuzufügen, soll sie das tun. Wenn sie diese Mittel nicht hat, sollte sie besser verhandeln, so lange sie noch ein einigermaßen akzeptables Ergebnis erwarten kann.

      • Man kann eigentlich nicht zurück, muß es aber. Wird interessant wie man das hinbekommt.
        Auf jeden Fall wars ein teures Abenteuer. Aber die Kosten sind für den Westen noch nicht bezahlt, das dauert Jahre. An der Heimatfront ist das immer schwerer durchzusetzen. Interessant, daß der Hauptprotagonist sich zuerst zurückzieht. Kleinere Länder lassen wir mal außen vor.
        Ich glaube schon, von USA werden noch Milliarden kommen, aber mit sinkender Tendenz.
        Man wird in der Ukraine lernen müssen, daß man dem Westen ebenso wie ihnen nicht alles glauben darf.
        Aber noch ist der Krieg nicht beendet, es wird sicher noch länger weitergehen

        • «Aber noch ist der Krieg nicht beendet, es wird sicher noch länger weitergehen.»

          Dem ist so. Die ukrainische Führung wird sich der Realität weiter verweigern und den Augenblick der Wahrheit so lange wie möglich hinauszögern wollen.

          Umgekehrt hat die russische Führung beim gegenwärtigen Trend keinen Anreiz, ein Verhandlungsangebot zu machen, dass wenigstens einigermaßen annehmbar wäre.

          Ich denke inzwischen, dass die russische Seite wesentliche weitere Ziele erreichen wird, wie etwa die Frontlinie bei Kupyansk an dne Oskil zu verschieben und Donetsk so weit vorzudringen, dass die Stadt nicht mehr im Bereich ukrainischen Artilleriefeuers liegt.

          Nötig wäre, dass der Westen hinter den Kulissen starken Druck auf die ukrainische Führung ausübt, Verhandlungen anzustreben und dass er selbst versucht, mit Russland ins Gespräch zu kommen. Das wäre für die Ukraine am Besten.

          • Wird natürlich schwierig. Erst «uneingeschränkte, ewige» Unterstützung, dann verhandeln und Abschwächung dieser Aussage.
            Das kann eigentlich nur im Hintergrund passieren, wenn der Westen sein Gesicht wahren will.
            Die Ukraine wurde als Kriegsgegner gegen Russland aufgebaut und die ganze Zeit ermutigt alles ins Feld zu werfen. Ein Rückzug läßt frustrierte Ukrainer zurück und eine chaotische internationale Lage. Vielleicht sehen wir den Beginn der Schadensbegrenzung, auch wenn sie nicht abrupt erfolgen wird.
            Die Ukraine wird versuchen gegenzusteuern, aber im Endeffekt wird der Krieg vom Westen aus gelenkt.
            Mittlerweile haben aber andere Länder in diesem Prozess Aufwind bekommen und spielen eine stärkere internationale Rolle. Das verkompliziert den Krieg ebenso wie ein Verhandlungsergebnis. Ich sehe die Position des Westens als geschwächt an und er hat es selbst verschuldet.
            So langsam macht sich wohl die Erkenntnis breit, wir haben ja noch andere Problemfelder und können nicht alles in die selbe Waagschale werfen.
            Wenn man bedenkt, wieviele neue Krisenherde dadurch aufgerissen wurden und wieviele Hundert Milliarden verbrannt wurden und werden, müssen Zweifel an der Kompetenz der führenden Protagonisten aufkommen.
            Allein der arabische Raum wurde mit den Jahren ein politisches Trümmerfeld. Ökonomisch haben wir uns ins Knie geschossen. Einen Plan hat keiner mehr und der Einfluß dieser Entwicklungen auf die Jüngeren ist noch gar nicht abschätzbar. Denn ich bin sicher, die psychologische Komponente auf die nicht aktiv beteiligten Staaten/Bevölkerungen wird unterschätzt.
            Für die Bewältigung dieser Auswirkungen werden wir neues Führungspersonal brauchen das unbelastet ist und es wird natürlich längere Zeit in Anspruch nehmen. Denn auch mit Russland wird man eines Tages wieder reden oder reden müssen.
            Im nahen Osten ist es nicht anders und ein nächster Krieg irgendwo kommt sicher. Präventiv denkende Politiker wären da günstig für die Zukunft.

  13. ISW zitiert eine Umfrage des unabhängigen russischen Meinungsforschungsinstituts Levada, nach der 76% der Russen die Invasion der Ukraine weiterhin unterstützen. Gleichzeitig sind 55% dafèr, Friedensverhandlungen aufzunehmen, während 38% der Meinung sind, man solle weiter Krieg führen. Es glauben 62%, dass es im Großen und Ganzen gut für Russland laufe.

    Wenn sich nicht gewaltig etwas ändert, wird Putin die Präsidentschaftswahl gewinnen und danach ziemlich freie Hand haben.

    • Guter (und endlich mal lesbarer) Artikel, den Sie da verlinkt haben.

      Das Dilemma Israels auf den Punkt gebracht:

      «Israel hat nur die Wahl zwischen schlecht und katastrophal.»

      Das sehe ich genauso.

    • «Die USA und ihre Alliierten wollen Stabilität und Frieden. »
      Das wäre jetzt leicht zu widerlegen.
      Wir glauben in unserer Blase tatsächlich daran, von außen wird das anders bewertet.
      Die Doppelmoral wird international verstärkt öffentlich angesprochen und dagegen haben wir kein Mittel.
      Tatsächlich scheint der Westen mehr politische Gegner zu haben als vor 10 Jahren. Durch diese Komplexität und Widersprüchlichkeit kommen wir nicht unbeschadet durch. Die Folgen sind ja schon eingetreten und es ist höchstwahrscheinlich, daß das nur der Anfang ist.
      Mit «weiter so» kommen wir da nicht mehr klar. Aufstrebende Staaten kann man nicht mehr wie bisher behandeln und diese wissen das.
      BRICS ist so eine Folge, aber nicht die einzige. Auch mit Entwicklungshilfe lassen sich immer weniger kaufen bzw beeinflussen.
      Man dachte wohl, weiter expandieren bringt mehr Macht. Nur hat man vergessen, daß dadurch immer mehr labile und von der Hauptströmung abweichende Länder in die Organisationen kommen die dadurch in ihrer Funktion einbüßen.
      So hat jede Generation ihre neuen, anderen Probleme die häufig durch mangelnde Voraussicht entstehen.

  14. Anscheinend tut sich was in der Ukraine:

    «Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will offenbar doch den Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee austauschen. Das berichtet die «Financial Times». Selenskyj habe Walerij Saluschnyj am Montag eine andere Aufgabe angeboten, doch der General habe abgelehnt, berichtet die «Financial Times» unter Berufung auf vier mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Selenskyj habe Saluschnyj klargemacht, dass er unabhängig davon, ob er die Rolle annehme, von seiner derzeitigen Position entfernt werde, hieß es weiter.

    Eine offizielle Bestätigung gibt es weiterhin nicht. Am Vortag hatte das Verteidigungsministerium der Ukraine entsprechende Meldungen ukrainischer Medien dementiert.»

    (br.de)

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